Wolfgang Michel, Peter Sternagel: Zur Entwicklung der Lesekompetenz in Deutsch als Fremdsprache. In:Zielsprache Deutsch, No. 3, pp. 24 - 40, München, 1979
This article discusses the problems of Japanese students learning to read German; their two years of German at the university are inadequate. A "profile" of minimum reading competence is presented, followed by suggestions for teaching, including vocabulary, sentence structure, and types of text exercises.

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Zielsprache Deutsch 1979

 

 

WOLFGANG MICHEL - PETER STERNAGEL

Zur Entwicklung der Lesekompetenz in Deutsch als Fremdsprache


Vorbemerkung

Seit etwa zwei Jahren laufen an einigen Hochschulen in Japan Versuche, Alternativen zum herkömmlichen Leseunterricht im Fach Deutsch als Fremdsprache zu entwickeln. Da es sich bei der Zielgruppe um Studienanfänger in der allgemeinbildenden Fakultät handelt, konnte man nicht auf die fachsprachlichen Leseprogramme zurückgreifen, die in jüngster Zeit erarbeitet wurden[1]. Verwertbare Anregungen boten hingegen Überlegungen und Experimente verschiedener Autoren und Gruppen, die sich unter allgemeinen Gesichtspunkten mit der Frage des Lesens beschäftigt haben[2]. Allerdings war dadurch noch kein erfolgversprechender Ansatz zur Überwindung der besonderen Schwierigkeiten zu gewinnen, die für die japanische Zielgruppe kennzeichnend sind. Um das Lehrziel Lesefähigkeit" neu anvisieren zu können, ergab sich die Notwendigkeit, erst einmal das Lesen" selbst als Tätigkeit im Rahmen sprachlichen Handelns genauer zu reflektieren.

 

 

Lesen als sprachliches Handeln

Es sei von Anfang an hervorgehoben, daß Lesen im folgenden nicht etwa nur das Decodieren von schriftsprachlichen Textvorlagen meint und daß es auch weit über das Erfassen des im Text Gemeinten" hinausgeht Diese Feststellung ist deswegen wichtig, weil unseres Erachtens im Fremdsprachenunterricht das Lernziel im Bereich Lesen nach wie vor zu stark auf Leseverständnis" fixiert ist, womit nur das inhaltliche Verstehen von Texten gemeint ist[3]. Wir sind der Auffassung, daß dabei ganz wesentliche Momente vernachlässigt werden, die im muttersprachlichen Unterricht längst gebührende Berücksichtigung finden und über deren Einbeziehung in das Fach Deutsch als Fremdsprache zumindest diskutiert werden sollte.

Wenn wir das Lesen im oben angedeuteten Sinn als eine sehr komplexe Tätigkeit nehmen und dabei auch die Komponente der sozialen Relevanz einbeziehen wollen, dürfte es sich empfehlen, im folgenden vom Begriff des Lesers" auszugehen. Unter lesen" sei also das kommunikativ geprägte Handeln verstanden, das einen Leser definiert die Beshäftigung mit Texten. Dabei soll alles das als Text gelten, was in schriftlicher Form sprachlich niedergelegt ist. Zur Textkonstituente rechnen wir auch die Texteinbettung, bei einem Buch also beispielsweise die äußere Aufmachung. Das ist deshalb nötig, weil sich bestimmte Angaben über einen Text und seine Intentionalität nur von daher gewinnen lassen.

Was kennzeichnet nun den Leser im muttersprachlichen Bereich? Da sind zunächst sein individueller Bildungsstand und seine geistigen Fähigkeiten, die seine Voraussetzungen ausmachen. Er ist bestimmt durch seine gesellschaftliche, insbesondere durch seine berufliche Position. Er steht als Sprachteilhaber an einer bestinlmten Stelle des sozialen Bezugssystems und versucht, sich sprachlich handelnd darin zu behaupten, wobei er seine sämtlichen sprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten optimal einzusetzen trachtet. So sind Lesen und Hören bei ihm aufeinander bezogen, ergänzen sich oder konkurrieren miteinander, und stehen in Wechselwirkung mit seinen mündlichen und schriftlichen Äußerungen. Sein sprachliches Handeln wiederum ist eingebettet in sein soziales Handeln, das von bestimmten, aber immer wieder wechselnden Intentionen gelenkt ist. Sein Lesen steht in einem mehrdimensionalen Funktionszusammenhang.

Jeder Leser besitzt eine individuelle Lesegeschichte, er hat Lesegewohnheiten entwickelt und zeigt Vorlieben gegenüber bestimmten Texten. Er verfügt über ein Repertoire von Strategien, die es ihm bei der Beschäftigung mit Texten ermöglichen, seine Intentionen auf rationelle Weise zu verwirklichen. In der Regel ist sich der Leser dieser Strategien nicht bewußt, sie sind habitualisiert und werden automatisch eingesetzt. Ohne sie gabe es keine sinnvolle Verarbeitung von Texten, nicht einmal ein angemessenes inhaltliches Verständnis. Man braucht beispielsweise nur daran zu denken, daß allein die sprachliche Kompetenz eines jeden Lesers Mängel aufweist, die sich insbesondere beim Umgang mit lexikalisch schwierigen Texten nur durch systematische Verfahren, eben Strategien, ausgleichen lassen.

Wenn wir nun die Tätigkeit des Lesens betrachten, so lassen sich in grober Analyse vielleicht folgende Einzelakte unterscheiden:

In der Praxis laufen diese einzelnen Akte selbstverständlich nicht in einem geordneten Nacheinander ab, sondern stehen in vielfältig verschränkter Wechselwirkung miteinander.

Wir gehen davon aus, daß der Beschäftigung eines Lesers mit einem Text eine bestimmte Lesekonstellation zugrunde liegt, d. h. eine bestimmte, jeweils vorgegebene Grundrelation zwischen Text und Leser, die sich einerseits aus den Eigenschaften des Textes und den Bedingtheiten des Lesers und andererseits aus den Bezugsgrößen zwischen Leser und Text inhaltliche und kommunikative Relevanz, unmittelbare und sekundäre Motivation - aufbaut.

Von der jeweiligen Lesekonstellation wiederum ist weitgehend die aktuelle Leseabsicht des Lesers im engeren Sinn abhängig, also das Ziel, unter dem er die inhaltliche Erschließung des Textes in Angriff nimmt. Die Lesekonstellation bestimmt damit insbesondere auch den Grad an inhaltlichem Detailverständnis, der zur Verwirklichung der Leseabsicht jeweils erreicht werden muß. (Siehe Schaubild Lesekonstellation")

Nun sind die Bedingtheiten des Lesers einem Text gegenüber keine Konstanten, sondern Variablen, die sich während der Beschäftigung mit dem Text ständig andern können und dies normalerweise auch tun. Dies kann äußere Gründe haben, wie etwa Störungen, die uns hier jedoch weniger interessieren. Meistens sind Änderungen darauf zurückzuführen, daß sich die anfängliche Leseerwartung, die ja hypothetisch ist, mit den Informationen, die dem Text entnommen werden, nicht deckt. Wenn sich die Bedingtheiten des Lesers ändern, erfahren auch die Bezugsgrößen zwischen Leser und Text eine Änderung. Gewöhnlich äußert sich das in einem Ansteigen oder Abfallen der Zuwendungsintensität, die der Leser dem Text gegenüber hat. Jeder kennt das beispielsweise von Briefen her, wo die Aufmerksamkeitskurve selten gleichmäßig verläuft.

Da die anfängliche Leseerwartung sich aus der Deutung bestimmter Signale aufbaut, die den Text begleiten oder in ihm enthalten sind, sieht sich der Leser in dem Moment, wo er bemerkt, daß sich seine Hypothese über den Text - seine Leseerwartung - nicht mehr aufrechterhalten läßt, gezwungen, die Deutung der Signale zu revidieren, wobei er gewöhnlich weitere Signale heranzieht, um zu einer zutreffenden Annahme über den Text zu gelangen. Man überprüft in solchen Fällen noch einmal das Datum eines Briefes, vergewissert sich über den vermeintlichen Verfasser, ja fragt sich oft genug, ob man den Text überhaupt noch weiterlesen soll.

Die Bedingungen der jeweiligen Lesekonstellation verlangen eine jeweils adäquate Lesehaltung, die ein Leser im muttersprachlichen Bereich normalerweise fast automatisch einzunehmen gelernt hat. Die in der Fachdiskussion oft verwendete Unterscheidung von Lesehaltungen in orientierendes, kursorisches, selektives und totales Lesen stellt eine idealtypische Vereinfachung dar, die sich für unsere Üerlegungen als unbrauchbar erwiesen hat. In der Praxis handelt es sich um eine stufenlose Skala unterschiedlicher Lesehaltungen, die sich im einzelnen nur sehr schwer beschreiben lassen. Eine genauere Definition ist in diesem Zusammenhang auch nicht erforderlich. Für unsere Zwecke reicht hier die Feststellung aus, daß ein kompetenter Leser imstande ist, je nach Erfordernissen und Intentionen die unterschiedlichsten jeweils adäquaten Lesehaltungen einzunehmen, und zwar entsprechend den oben beschriebenen Änderungen der Lesekonstellation ein und demselben Text gegenüber im Wechsel. Gerade diese Beweglichkeit ist ein Kriterium für seine Kompetenz.

 

 

Lesekompetenz muttersprachlich und fremdsprachlich

Bei der Lesekompetenz lassen sich drei Komponenten unterscheiden: die sprachliche, die auf den Textrahmen bezogene und die operationale oder Verfahrenskomponente. Es handelt sich hierbei um ein heuristisches Modell, von dem wir annehmen, daß es uns bei der Suche nach neuen didaktischen Wegen hilfreich ist. Unter diesem Aspekt können wir die drei Bereiche folgendermaßen untergliedern: (Siehe Schaubild Kompetenzprofile")

1. Die sprachliche Komponente umfaßt die Kenntnis von Inventar und Regularitäten auf der Ebene von

Im Fall b ist der Leser trotz hervorragender fremdsprachlicher Kenntnisse dem Leser des Kompetenzprofils a unterlegen, der praktisch keine Kenntnisse in der betreffenden Fremdsprache besitzt .

2. Die auf den Textrahmen bezogene Komponente umfaßt

3. Die Verfahrenskomponente setzt die oben aufgeführten Kenntnisse und Fertigkeiten als Potential voraus und sucht sie zu kombinieren, indem sie eine hinreichende Zahl von Strategien zur Textbehandlung entsprechend der jeweiligen Leseabsicht bereitstellt. Sie übernimmt die Steuerungsfunktion des gesamten Lesevorgangs, insofern dieser Teil eines größer angelegten Plans sprachlichen Handelns ist.

Obwohl die Kompetenz eines muttersprachlichen Lesers bekanntlich im Normalfall keineswegs in allen oben genannten Teilfertigkeiten hinreichend entwickelt ist - so unterlaufen jedem Leser immer wieder Fehler in der Bestimmung von Herkunft, Intentionalität oder Relevanz von Texten, insbesondere im ideologischen Bereich -, soll doch im nachfolgenden das normale Kompetenzprofil eines Muttersprachlers zum Maßstab für die Bestimmung von Lernzielen im Fremdsprachenunterricht gemacht werden. Dabei beziehen wir uns auf die Kompetenz eines muttersprachlichen Lesers im deutschen Sprachraum und vergleichen sie mit der eines ausländischen Lesers deutscher Texte.

Seine Lesekompetenz wird stets ein Defizit aufweisen. Solange sich dieses Defizit jedoch gleichmäßig auf die einzelnen Teilkomponenten verteilt, ist er trotz reduzierten Lesevermögens in der Lage, deutschen Texten gegenüber ein angemessenes Leseverhalten zu entfalten. Zeigt das Defizitprofil dagegen keinen gleichmäßigen Verlauf, indem einige Teilfertigkeiten im Vergleich zu anderen starke Mängel aufweisen - das betrifft gewöhnlich die rahmenbezogene und die operationale Kompetenz -, so bleibt das Leseverhalten unnatürlich und gestört, das Lesen verläuft unökonomisch und wird als frustrierende Tätigkeit empfunden, und das selbst bei einer relativ gut entwickelten fremdsprachlichen Kompetenz. Wenn ich nämlich nicht in der Lage bin, eine Hypothese über den Inhalt, den Sinn und den Bezug eines Textes aufzustellen, kann ich den Text auch nicht semantisch strukturieren und alle meine Sprachkenntnisse helfen mir kaum, mich beim Lesen über die Wort- oder gar Satzebene zu erheben

Didaktisch gesehen vergrößert sich das Mißverhältnis noch insofern, als erstens die sprachliche Kompetenz wesentlich mühsamer und zeitaufwendiger aufzubauen ist als die rahmenbezogene und die operationale, die den Vorteil haben, zu einem recht hohen Prozentsatz aus dem jeweiligen muttersprachlichen Bereich übertragbar zu sein, und zweitens gerade von diesen beiden Kompetenzbereichen wichtige Steuerungsimpulse auf den fremdsprachlichen Lernprozeß ausgehen, die ihn wesentlich fördern: von daher baut sich die fremdsprachliche Lernkompetenz auf[4]. Das läßt sich jedoch nicht mehr allgemein, sondern nur am konkreten Beispiel darlegen.

Das Leseverhalten japanischer Studenten im Deutschunterricht

Wenn wir nun eine spezielle Zielgruppe ins Auge fassen, nämlich die Deutschstudenten an japanischen Hochschulen, so fällt ihr Leseverhalten deutschen Texten gegenüber in besonderem Maß auf. Es ist im oben beschriebenen Sinn als äußerst unnormal zu bezeichnen. Ihre Beschäftigung mit Texten ist kein Lesen im eigentlichen Sinn, sondern ein Decodieren, das auf die Wortebene fixiert ist und selten die Satzebene, geschweige denn die Textebene erreicht. Satzzeichen werden nur unvollständig, unmittelbar textbegleitende Signale kaum wahrgenommen, und der pragmatisch strukturierte Textrahmen rückt im allgemeinen nicht einmal ins Blickfeld der Studenten.

Die Lektüre deutscher Texte bedeutet für sie ein mühevolles Wort-für-Wort-Übersetzen, das ohne extensive Benutzung des Wörterbuchs nicht auskommt und kommunikativ beziehungslos bleibt. Eine Strategie zur inhaltlichen Erschließung der Texte besitzen sie nicht. So ist es nicht nur im Anfängerstadium, sondern auch noch auf relativ fortgeschrittener Stufe. Die Studenten verharren auf einer weit niedrigeren Stufe der Lesekompetenz als ihrer sprachlichen Kompetenz entspricht. Erst nach langjährigem Umgang mit der deutschen Sprache beginnt sich dieses Verhalten allmählich zu normalisieren. Diesen Stand erreicht allerdings nur eine winzige Minderheit der Deutschstudenten. Die Gründe für dieses Fehlverhalten, das schließlich habitualisiert erscheint, liegen zu einem gewissen Teil darin, daß der Erwerb der muttersprachlichen Lesekompetenz im japanischen etwas anders verläuft als im eurapäischen Sprachraum. Dazu tritt die Verpflichtung zur Kanbun"-Lektüre, d. h. zum Lesen chinesischer Texte, als Disziplin im Schulunterricht, die sicher nicht zum Lesen als sprachlichem Handeln im Rahmen sozialer Konzepte beiträgt. Auch ist das pädagogische Gesamtkonzept des japanischen Erziehungssystems nicht darauf ausgerichtet, selbständiges Handeln und Interaktionen im Unterricht zu fördern, vermag also kaum, Schüler und Studenten auf das Suchen nach neuen Wegen zur Lösung von Problemen hin zu disponieren, wie es die Bewältigung fremdsprachlicher Texte etwa erfordert. Und wenn die Studenten bei ihrer ersten Begegnung mit einer westlichen Fremdsprache, nämlich im Englischunterricht, eben nicht in unserem Sinn lesen lernen und damit in ihrem Fehlverhalten fremdsprachlichen Texten gegenüber generell weitgehend präformiert sind, ist leicht einzusehen, daß sie dann, wenn sie sich mit Deutsch als zweiter Fremdsprache beschäftigen, schließlich in erster Linie Übersetzungsübungen treiben, zumal sie dabei auch der Maßgabe des Lehrplans folgen allerdings ohne diese Beschäftigung als sinnvoll oder gar anregend zu empfinden.

 

 

Forderungen für das Lehrziel Lesekompetenz

In Anbetracht des Umstands, daß japanische Studenten in der Regel nur in den ersten beiden Studienjahren Deutschunterricht erhalten, scheidet die Vermittlung einer umfassenden Lesekompetenz als mögliches Lehrziel schon theoretisch aus der Betrachtung aus. Im Bereich des Möglichen liegt jedoch der Aufbau einer Lesekompetenz, die folgenden drei Bedingungen genügt:
  1. Sie muß sämtliche Teilkomponenten einbeziehen (vgl. o.)
  2. Die Teilkomponenten müssen in einer Proportion zueinander stehen, die ihr optimales Zusammenspiel ermöglichen
  3. Sie muß ausbaufähig sein für ein späteres Selbststudium.

Anhand der weiter oben aufgestellten Liste sei versucht, das Profil einer minimalen Lesekompetenz zu entwerfen, die den drei angeführten Kriterien gerecht wird.

Im sprachlichen Komponenzbereich können wir uns hierbei auf die allgemeine Feststellung beschränken, daß neben den durch die generellen Lehrziele im Deutschunterricht angestrebten Basiskenntnissen eine systematische Einführung in die deutsche Lexik einerseits und in die Textgrammatik andererseits unerläßlich ist.

Die auf den Textrahmen bezogene pragmatische Kompetenz muß - zumindest in den formalisierbaren Bereichen - voll entwickelt sein. Diese Forderung muß aus zwei Gründen erhoben werden: erstens lassen sich die entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten ohne gründliche Einführung nicht im Selbststudium ausbauen, und zweitens scheint uns die pragmatische Kompetenz unerläßliche Voraussetzung für systematische Fortschritte in der sprachlichen Kompetenz. Die Forderung ist keineswegs utopisch, denn vieles ist von muttersprachlichen Systemen her übertragbar und infolgedessen vergleichsweise leicht und in kurzer Zeit erlernbar, wenn es nur in einem systematischen Programm dargeboten wird, wobei hier stillschweigend vorausgesetzt wird, daß den Studenten die Korrelate im muttersprachlichen Bereich tatsächlich bewußt sind.

Innerhalb dieses Kompetenzbereichs lassen sich hinsichtlich der graduellen Entwicklung der einzelnen Kenntnisse und Fertigkeiten noch Differenzierungen vornehmen. Am weitesten ausgebildet sein muß

Die Teilkomponente mit dem relativ höchsten Voraussetzungsstand bei Studienbeginn ist selbstverständlich der Bildungsstand der Studenten. Es dürfte keine methodischen Schwierigkeiten bereiten, hier ausreichende Grundkenntnisse an deutschem landeskundlichem Wissen anzulagern. Dabei muß aber das Schwergewicht auf der Darstellung pragmatischer Aspekte liegen (der systematisch textnahe Kontext): die gegenüber dem muttersprachlich japanischen Bereich anders geartete Funktion von Sprache im Deutschen muß erfaßt und transparent gemacht werden. Kommunikationssystem, Kommunikationsabläufe und Sprachverwendung müssen kontrastiv deutlich werden.

Die dritte Komponente schließlich, die operationale oder strategische Kompetenz muß als Potential voll entwickelt sein. Die Grundmuster der Lesestrategien müssen beherrscht werden, auch wenn sie sich zunächst bei noch unzureichenden Sprachkenntnissen an deutschen Texten nicht voll erproben lassen. Im Prinzip gibt es hier keine Schwierigkeiten, da die muttersprachliche Lesekompetenz bereits ein Inventar von Lesestrategien bereitstellt, die sich mutatis mutandis auf den Umgang mit deutschen Texten übertragen lassen. Didaktisch und vor allem psychologisch liegen hier allerdings größere Probleme, da diese Strategien Verhaltenskonzepte sind, die weitgehend automatisiert ablaufen und auf bestimmte textimmanente oder textbegleitende Signale hin disponibel gemacht werden, die an fremdsprachlichen deutschen Texten eben noch erkannt werden. Hier wird es also notwendig sein, zunächst einmal die muttersprachlich verwendeten Lesestrategien bewußt zu machen. Die hierin liegenden methodischen und didaktischen Probleme zu lösen, ist vor allem deshalb eine der vordringlichsten Aufgaben, weil der operationalen Kompetenz ja die Steuerungsfunktion über die einzelnen Leseakte zufällt, und sie damit eine Schlüsselfunktion für den weiteren Ausbau der anderen Teilkompetenzen besitzt. Sie disponiert und motiviert die Studenten für ganz bestimmte notwendige Lernschritte.

Zusammenfassend sei noch einmal darauf hingewiesen, daß sich das hier skizzierte minimale Kompetenzprofil durch eine Betonung der rahmenbezogenen pragmatischen und der operationalen Komponenten auszeichnet, für die ein höherer Entwicklungsstand gefordert wird als für die sprachliche Komponente. Auf den Leseunterricht angewandt bedeutet dies praktisch eine der bisherigen Richtung diametral entgegengesetzte: statt vom Text zum Kontext, vom Kontext zum Text.

 

Teilziele und Nebeneffekte des Programms

Eigentlich müßte an dieser Slelle entsprechend der oben festgestellten Profildifferenz zwischen geforderter Lcsekompetenz und bisher erzielter eine genaue Aufzählung und Beschreibung der Lehrziele im Detail gegeben werden, an denen sich ein Unterrichtsprogramm zu orientieren hätte. Angesichts der Grenzen, die dem derzeitigen Deutschunterricht an japanischen Hochschulen durch den Lehrplan gesetzt sind, wäre eine explizit-systematische Darstellung der Lehrziele jedoch utopisch, da sie, umgesetzt in ein kompaktes umfassendes Programm, eine völlige Umstellung des gesamten Lehrangebots implizieren würde. Bei dem unzureichenden Stand der praktischen Vorarbeiten bliebe sie ohnehin weitgehend Theorie. Wir möchten uns daher hier und jetzt damit begnügen, aus den oben dargelegten Ansätzen einige Teilaspekte für ein Leseprogramm abzuleiten, die sich zumindest tendenziell unter den gegebenen Voraussetzungen im Unterricht berücksichtigen lassen.

Wichtig erscheint zunächst der emanzipatorische Aspekte, den die Thematisierung von Texten als kommunikativen Potentialen und deren Konstituenten besitzt. Wenn die Entwicklung des Lesevermögens als systematische Anleitung zum sprachlichen Handeln betrieben wird und dabei authentische Texte als Zeichen natürlicher kommunikativer Systeme in den Unterricht eingebracht werden, so werden die Studenten als kommunikative Partner angesprochen und aktiviert. Es ist kaum zu bezweifeln, daß dadurch ihre Lernmotivation wesentlich verstärkt werden kann. Die Beschäftigung mit natürlichen Texten macht aber auch die Anwendung von Lernspielen im Unterricht erforderlich, denn nur damit läßt sich der kommunikativ natürliche Kontakt zu Texten wenigstens soweit simulieren, daß sprachliches Handeln daran geübt werden kann. Zum Wesen von Lernspielen gehört, daß die Studenten selbständige Rollen übernehmen und die Lehrerdominanz abgebaut wird.

Die systematische Hinführung auf außersprachliche textbezogene Zeichensysteme hat neben den technischen Gesichtspunkt, daß erst dadurch eine breitere Basis zur Entwicklung von Lesestrategien möglich wird, vor allem auch einen psychologischen Gesichtspunkt, indem die bisherige Ausschließlichkeit der schrittsprachlichen Zeichen relativiert wird, die von Anfängern ja nicht semantisch strukturiert werden können und daher zu starken psychischen Hemmungen gegenüber fremdsprachlichen Texten führte.

Die Möglichkeit, Texte Schritt für Schritt von außen her semantisch zu strukturieren, fördert eine problembewußte Lernhaltung der Studenten, sensibilisiert sie für die Lernprobleme, baut eine Lernkompetenz auf, insbesondere im sprachlichen Bereich, die wiederum vom Lehrer systematisch genutzt werden kann. Erst in dieser Weise konditionierte Studenten sind in der Lage, eines der wichtigsten Desiderate des Deutschunterrichts in Japan zu erfüllen, nämlich den sinnvollen restriktiven Gebrauch von Wörterbüchern zu erlernen, allerdings nur unter Anleitung des Lehrers. Auch wird es nur in dieser Weise lernbewußten Studenten möglich sein, die vorhandenen Englischkenntnisse systematisch für das Lesen deutscher Texte zu mobilisieren.

Alle diese Gesichtspunkte sind unter die Perspektive zu stellen, daß mit dem ins Auge gefaßten Leseprogramm die Studenten, die ja nur in Ausnahmefällen länger als zwei Jahre Deutschunterricht erhalten, eine ausbaufähige Basis für ein selbständiges Weiterstudium der deutschen Sprache und ihrer Kontextes vermittelt bekommen.

Zuletzt sei noch der Bildungsaspekt betont, der sich aus der Beschäftigung und Reflexion über Sprache in Funktion" ergibt, indem in Gegenüberstellung zweier ganz unterschiedlich strukturierter und funktionierender Systeme die Eigenart des muttersprachlichen transparent wird. Auch kann eigentlich erst dann die Beschäftigung mit literarischen Texten einsetzen, wenn ein hinreichender Überblick über die kommunikative Funktionsweise einer Fremdsprache gewonnen ist, da sonst kein Kriterium für die Literarizität von Texten zur Verfügung steht.

 

Prinzipien zur Entwicklung eines Programms

Leider haben wir keine abgeschlossene Theorie der sprachlichen Decodierung zur Hand, durch die wir Entschlüsselungsstrategien einwandfrei ableiten und begründen könnten. Dementsprechend müssen wir uns mit empirisch motivierten Teilannahmen, bzw. denjenigen linguistischen Einzelhpothesen begnügen, die theoretisch hinreichend fundiert sind und sich in den durch didaktische Erwägungen gesetzten praktischen Programmrahmen einfügen lassen.

Versteht man Lesen als kommunikatives Handeln, dann scheint es ratsam, die Veränderung der Lesehaltung, also eine Verhaltensänderung, nicht allzu fordert anzusteuern. Der Programmentwurf wurde daher auf 3 bis 4 Semester als Begleitprogramm zum Grundunterricht konzipiert und soll eine propädeutische Phase und das Kernprogramm umfassen. Im Propädeutikum werden vorwiegend solche Entschlüsselungsstrategien vermittelt, deren Aneignung keine großen Anforderungen stellt bzw. die bereits anhand der Erfahrungen im Umgang mit muttersprachlichen Texten bewußt gemacht und vorbereitet werden können. Darüber hinaus müßten bereits in dieser Phase einfache Kommunikationsmodelle vorgestellt und die gesellschaftlich-historische Bedingtheit von Text und Textverständnis, das Problem der Autor-Leser-Beziehung, die Rolle der Medien im Vermittlungsprozeß und Grundmerkmale der wichtigsten Textsorten behandelt werden.

Bei der Erstellung eines Programms sind des weiteren drei Arbeitsrichtungen zu trennen: l. das Aufspüren und Bestimmen potentiell nutzbarer sprachlicher und außersprachlicher Regularitäten, 2. die Entwicklung einer strukturierten Abfolge von Arbeitsschritten und strategischen Decodierungsverfahren und 3. das Entwerfen geeigneter Einfiihrungsübungen.

 

 

Nutzbare Sprachstruktur- und Sprachvenvendungsregeln

Im Laufe der Aneignung einer (Fremd-) Sprache werden permanent Einzelbeobachtungen verallgemeinert, Hypothesen über Aufbau und Gebrauch aufgestellt, verfeinert und gegebenenfalls falsifiziert. Den hierbei auftretenden negativen Auswirkungen muttersprachlicher Gewohnheiten auf das Sprachverhalten wird im Rahmen der Interferenzforschungen und Fehlerkunde schon seit geraumer Zeit genügend Aufmerksamkeit gewidmet, und auch die Untersuchungen über Wechselwirkungen bereits erworbener und zu erwerbender Fremdsprachen bieten zahlreiche Hinweise und Ansatzpunkte für unser Programm.

Wichtig ist es jedoch nicht nur, solchen mögliche Störungen entgegenzutreten und die Struktur- bzw. Verwendungsunterschiede im kontrastiven Vergleich bewußt zu machen, sondern auch die Similaritäten abzugrenzen, um der Hypothesenbildung, der Generalisierung ein festeres Fundament zu verleihen. Gerade weil es so ökonomisch und vergleichsweise einfach wäre, sollten wir solche Ähnlichkeiten und Identitäten aufspüren und früh einführen. Das hier zugrundeliegende Prinzip ist das der Analogie nicht nur zur Muttersprache, sondern auch zu den eventuell bereits vorhandenen Fremdsprachen.

Des weiteren enthalten Texte in der Regel weitaus mehr an Informationen, als nach den Prinzipien der Sprachökonomie vonnöten wäre. Diese Redundanz gestattet uns einerseits eine Verringerung des analytischen Aufwands beim Lesen, ermöglicht andererseits auch - falls notwendig - die mehrfache Überprüfung unserer hypothetisch aufgestellten Deutung der betreffenden Textstelle.

Zudem werden in den meisten Textsorten die gegebenen Informationen nicht gleichrangig aneinandergereiht. Von der Ebene der Satzglieder bis zu der des Textes finden wir lokalisierbare Schwerpunkte einerseits und periphere Zonen andererseits, die diese Schwerpunkte weiter spezifizieren, erläutern, durch Beispiele erweitern, graduieren etc. Wir dürfen auch davon ausgehen, daß Texte in der Regel eine semantische Kohärenz[5] aufweisen. Das heißt, die Einheit der Textteile bzw. des Gesamttextes wird durch semantisch kompatible (Teil-) Zeichen gestützt, die hinsichtlich bestimmter referentieller Merkmale kongruent sein müssen und die Identität des Redegegenstandes gewährleisten. Hiervon läßt sich auch eine gewisse thematische Kongruenz ableiten, denn wir können gewöhnlich auf der Ebene der abgegrenzten Textteile jeweils ein dominierendes Thema voraussetzen, das sich dem Gesamtthema des Textes in bestimmter Weise unterordnet.

Parallel hierzu ist auch eine pragmatische Kohärenz anzunehmen, die besagt, daß die pragmatischen Funktionen der einzelnen Textteile in keinem wesentlichen Widerspruch zur dominanten Funktion des Gesamttextes stellen.

Wesentlich, besonders für den Anfängerunterricht, ist ferner die syntaktische Kohärenz, die durch ein Inventar beschreibbarer Bindeglieder gewährleistet wird, welche aus einer gegebenen Textstelle nach vorne und zurück verweisen.

Einen zusätzlichen Vorteil bringt die graphische Fixierung von Texten, indem die Linearität und zeitliche Begrenztheit der gesprochenen Sprache aufgehoben wird. Permanenz und die Möglichkeit des Rekurrierens lassen den Einsatz zusätzlicher Strategien zu, die durchaus anders als bei denen des Hörens artifiziell sein können.

Der im Vergleich zur gesprochenen Sprache sicher vorhandene Mangel an aktuellem, situativem Kontext wird in Schrifttexten partiell durch die spezifische Art der Versprachlichung ausgeglichen, zum Teil auch durch ein umfangreiches Inventar an nichtsprachlichen, textbezogenen Zeichen oft mehr als wettgemacht bis hin zu Illustrationen, die in ihrer Informationsfülle sprachlich kaum erschöpfend nachbildbar wären.

Anhand dieser grob skizzierten Aspekte kann man in verschiedenen Bereichen eine beträchliche Zahl von Phänomenen abstecken, die potentiell zum Einsatz in einem Leseprogramm geeignet scheinen. Aus dieser Stoffzusammenstellung wäre dann im Hinblick auf die jeweils aktuell gesetzten Bedingungen eine didaktisch motivierte Auswahl zu treffen.

 

 

Bereich der graphischen Präsentation

Ein großer Teil der graphischen Elemente außerhalb des alphabetischen Grundinventars ist in seiner Funktion ziemlich eindeutig, so daß oft ein direkter Zugang zum Textinhalt eröffnet wird. Im wesentlichen handelt es sich dabei um:

 

 

Bereich der Lexik

Bei der Einführung in die Lexik beobachten wir im allgemeinen eine Vorliebe für den an den Bedürfnissen alltäglicher Kommunikation orientierten ,Grundwortschatz', die sich in immer neuen, durch weitere Nebenkriterien spezifizierten Glossaren niederschlägt. Zweifellos ist eine solche Ausrichtung auf den praktischen Gebrauch von Sprache wichtig und richtig, in der Beschränkung auf gesprochene Sprache scheint uns dennoch eine gewisse Schwäche zu liegen, da wir uns in der Praxis auch mit geschriebenen Texten befassen, die aufgrund ihrer jeweils sehr spezifischen Lexik eigentlich die Entwicklung eines Grundwortschatzes für jede einzelne Textsorte erforderlich machten. Dies ist z. T. bereits geleistet worden, doch würde die Begründung einer bestimmten Reihenfolge der Einführung in den nicht auf Fachsprachen ausgerichteten Unterricht erhebliche Schwierigkeiten bereiten.

Dennoch bedeutet dies alles keineswegs, daß man sich den neuen Wortschatz in ungegliederten Mengen zufälliger Anordnung einzuverleiben hätte. Besonders unter Anwendung des Ökonomieprinzips kann man einige Teilbereiche abgrenzen, die weitgehend unabhängig von der Textsorte so häufig auftreten oder so sichtig sind, daß sich eine frühzeitige Aneignung vertreten läßt, oder aber so leicht zugänglich sind, daß man sie zur raschen Expansion des Wortschatzes nutzen sollte.

Nicht selten findet zwischen der Mutter- und Zielsprache eine gewisse Interaktion statt, die sich in der Lexik niederschlägt. In unserem Falle wäre es daher z. B. empfehlenswert,

(a) deutsche Fremdwörter im Japanischen[6], von denen etwa 30 in der Umgangssprache, und etwa 150 im Bereich der naturwissenschaftlichen Fachsprachen, besonders Medizin und Psychologie beobachtet werden können, sowie
(b) japanische Fremdwörter im Deutschen, die abgesehen von der japanologischen Fachsprache immerhin einen Bestand von rund 60 Wörtern in der Umgangssprache bilden, zusammenzustellen. Hiermit ließe sich nicht nur der Wortbestand ,erweitern', anhand exemplarischer Fälle könnte man auch Fragen der Wortbedeutung besonders augenfällig und kontrastiv behandeln und die Ausspracheschulung leichter systematisieren . Nutzbar sind auch die immer zahlreicheren englischen Fremdwörter im Deutschen, von denen ein großer Teil zugleich auch zur Gruppe der
(c) Internationalismen zählt, die auch in das moderne Japanisch eindringen: Apartment, Babysitter, Band, Bar, Bestseller, Bluejeans, Bulldozer, Bungalow, Camp, Camping, Cocktailparty, Come-back, Discount, Fan, Feature, Gag, Gangster, Goodwill, Grapefruit, Hit, Hobby, Hostess, Instant-, Jet, Jet-set, Jeep, Limit, Lobby, Make-up, Manager, Marketing, Meeting, Mini-, Motel, Musical, Musicbox, New Look, Party, Pin-up, Pipeline, Playboy, Publicity, Quiz, Service, Sex, Sex-Appeal, sexy, Show, Show-Business, Slogan, Spray, Supermarkt, Swimmingpool, Team, Teamwork, Teenager, Test, Timing, Trend, Understatement, Weekend u. ä. Aber auch die in Schule und Hochschule vermittelten Englischkenntnisse machen den Lernenden einige Wortschatzbereiche leichter zugänglich, wie der
(d) gemeinsame ,germanische' Wortschatz[7], überwiegend aus einer agrarisch orientierten Lebenssphäre: house/Haus, nest/Nest, fish/Fisch, hand/Hand, wind/Wind, market/Markt, man/Mann, butter/Butter, winter/Winter, gras/Gras, hunger/Hunger u. ä.,

(e) gemeinsame ,romanische' Wortschatz[8], vorwiegend abstrakterer Natur: constitution/ Konstitution, intervene/intervenieren, elegant/elegant, romantic/romantisch, active/aktiv, accept/akzeptieren, applaude/applaudieren, modernize/modernisieren u. ä.,
(f) gemeinsame, allerdings kleine ,griechische' Wortbestand im Umfeld von Wissenschaft und Philosophie: biology/Biologie, deism/Deismus, logical/logisch, metaphysics/ Metaphysik, analysis/Analyse, symposium/Symposium, autonomous/autonom u. ä.

Im Hinblick auf einen systematisch-kognitiven Aufbau des neuen Wortbestandes, den möglichst rationellen Wörterbuchgebrauch und die häufigen, dort meist nicht verzeichneten Neubildungen, Zusammensetzungen, Zusammenrückungen, Ableitungen usw. sollte man ohnehin im Unterricht auch alle dieienigen Wortstrukturregularitäten versuchen zu berücksichtigen, die eindeutig beschreibbar, hochfrequent, möglichst produktiv sind und eventuell auch formale Entsprechungen in der Muttersprache des Lernenden oder in bereits angeeigneten Fremdsprachen aufweisen[9]. Hierzu zählen z. B. unseres Erachtens:

(g) Grundtypen der Zusammensetzungen im Nominalbereich, besonders für die Kombination von Substantiv und substantivischem Attribut: Regierungschef = Chef der Regierung, Hundezüchter = Züchter von Hunden, Sitzkissen = Kissen zum Sitzen, Tongefäß = Gefäß aus Ton, Seehafen = Hafen an der See, Julihitze = Hitze im Juli, Regenschirm = Schirm gegen Regen, Gurkennase = Nase wie eine Gurke, Zangengeburt = Geburt mit der Zange u. ä.;
(h) Substantivierung von Verbinfinitiven, Partizipien und Adjektiven: laufen/das Laufen, tun/das Getue, geschlagen/der (die, das) Geschlagene, groß/der (die, das) Große u ä.; (i) Präfixe zur Bildung von Adjektiven und Nomen möglichst im Kontrast zum Englischen: a-, an-, dis-, erz-, ex-, in-, il-, ko(n)-, miß-, mit-, prä-, pro-, un-, ur- u. ä.;
(j) Suffixe als Ableitungsmittel möglichst im Kontrast zum Englischen; -abel, -al, -ant, -ent, -iv, -los, -sam, u. ä. für Adjektive bzw . -age, -ant, -ation, -chen, -eur (-or), -euse (-öse), -(Ge-)...-e, -heit, -iker, -in, -ion, -ismus, -ist, -keit, -lein, -ling, -nis, -sal, -(t)or, -tum, -ung u. ä. für Nomen;
(k) präfixartige Wortkomponenten zum Anschluß an Adjektive und Nomen: anti-, auto-, bundes-, contra-, extra-, gegen-, grund-, haupt-, hyper-, hypo-, inner-, landes-, luxus-, makro-, mikro-, militär-, mini-, neben-, para-, pseudo-, quasi-, riesen-, selbst-, sonder-, spezial-, super-, über-, ultra-, unter-, vize-, zivil- u. ä ;
(l) suffixartige Wortkomponenten zur Bildung von Adjektiven: -abhängig, -adäquat, -ähnlich, -arm, -artig, -bedingt, -bedürftig, -bereit, -eigen, -fähig, -feindlich, -fertig, -förmig, -frei, -freundlich, -gefärbt, -gemäß, -gerecht, -geschädigt, -günstig, -haltig, -intensiv, -intern, -krank, -kritisch, -kundig, -leer, -mäßig, -neutral, -offiziell, -orientiert, -pflichtig, -politisch, -recht, -reich, -reif, -sparend, -spezifisch, -trächtig, -verdächtig, -voll, -weise, -wert, -willig, -wissenschaftlich u. ä.[10]

Es wäre des weiteren wichtig, den Funktionswortschatz besonders eingehend zu behandeln, soweit dies der allgemeine Stand der Grammatikkenntnisse gestattet, vor allem die:

(m) ko- und subordinierenden Bindemittel wie Konjunktionen und konjunktionale Adverbien;
(n) Negationsmittel (Adverbien, Pronomen, Prä- und Suffixe, Verben und Wendungen): nein, nicht, nichts, niemand, niemals, nirgends, kein, keiner, keineswegs, keinerlei, un-, a-, in-, il-, -los, ohne, zweifeln, verneinen, leugnen, Negation, ,auf keinen Fall' u. ä.

 

 

Satz- und Textbereich

Die oben angeführten Binde- und Negationsmittel machen nur einen Teil des Wortschatzes aus, der auf der Satz- und Textebene eine äußerst wichtige Rolle spielt, leider infolge der unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade nicht unvermittelt eingeführt werden kann. Einem Teil dieses Funktionswortschatzes begegnen die Lernenden ohnehin im Laufe des Grundunterrichts. Im Rahmen eines begleitenden Leseprogramms, das diesen Unterricht zwar nutzen, ergänzen, nicht aber ersetzen kann, sollte man dennoch jene Phänomene berücksichtigen, die im üblichen sprachunterricht nicht oder im Hinblick auf das Lesen unzulänglich dargestellt werden:

(a) die textkonstituierenden Funktionen von Konjunktionen, Konjunktionaladverbien, Negationswörtern, Pronomina, Proadverbia, graduierenden und hervorhebenden Adverbien und ,Prosätzen';
(b) die Arten der Verbalklammer (Hilfsverb-Vollverb, Modalverb-Vollverb, trennbare Verben) sowie die Ausklammerung;
(c) den gegen Ende des emotionsarmen Satzes tendenziell steigenden, bzw. vom Anfang des emotionsreichen Satzes her tendenziell sinkenden Mitteilungswert;
(d) diejenigen feststehenden Wendungen, die möglichst neben ihrer kataphorischen bzw. anaphorischen Funktion metapragmatische Hinsveise enthalten wie z. B.: meiner Meinung nach, mit anderen Worten, kurz gesagt u. ä.;
(e) Anfangs- und Schlußsignale von Texten bzw Textteilen verbaler Art wie; Begrüßungformeln, Abschiedsformeln, Incipit, Finis Operis, Ende u. ä.;
(f) diejenigen Abkürzungen, die über möglichst viele Textsorten verstreut eine hohe Frequenz zeigen und eine wichtige Funktion wie Verweis, Sub- und Koordination ausüben: z.B., s.o., z.Z., dto., i.V., m.a.W., etc. u. ä.;
(g) standardisierte Formen von Quellen- und Bezugsangaben, die oft im Sprachunterricht ebenso wie im Wörterbuch sträflich vernachlässigt werden;
(h) eine einfache Gliederung der Textsorten, weniger im Hinblick auf bestimmte Lesehaltungen als unter dem Aspekt ihrer Strukturmerkmale und illokutionären Wirkkräfte.[11]

 

Bereich des persönlichen Bildungsstandes

Es liegt auf der Hand, daß sich im Hinblick auf objektbezogene Kenntnisse wohl kaum Strukturregularitäten erhoffen lassen oder eine Art Querschnittswissen aufzubauen wäre. Dennoch sollte man versuchen, auch diese Rahmenkomponente zu stärken, indem man Strategien entwickelt, um die zum sachlichen verständnis eines gegebenen Textes erforderlichen Informationen und Hilfsmittel systematisck zu beschaffen, indem man ferner Gesichtspunkte und Verfahren anbietet, durch die sich diese Informationen mit denen des zu rezipierenden Textes vergleichen, einordnen, verschmelzen oder auch verwerfen lassen. Hierzu rechnen u. E. auch Informationen über die Bedingungen und Intentionen bei der Produktion und Vermittlung von Texten.

Natürlich überschreitet dies das Lesen im engeren Sinne bei weitem und rechnet wohl eher zu den Aufgaben der Landes- und Kulturkunde, deren Verzahnungslinie zur Textrezeption jedoch so dicht und vielfältig ist, daß die Berücksichtigung der genannten Aspekte höchst vielzersprechend scheint.

 

 

Entwurf einer zusammenfassenden Zielvorstellung

Im nachfolgenden Schema haben wir einmal versucht, die oben beschriebenen Erwägungen zu einer Gesamtkonzeption des Umgangs mit Texten zu verdichten, wobei die kursiv gesetzten Angaben mebr in den Bereich einer Landeskunde oder Informationsbeschaffung fallen. Ziel des Programms wäre es nun, im Laufe der zur Verfügung stehenden 2 bis 3 Semester die einzelnen Arbeitsstufen in einer didaktisch zu begründenden Abfolge zunächst einzeln einzuführen und zu internalisieren, um dann dem Verfahrensprozeß des Schemas zunehmend naherzukomrnen. Auch die parallel verzeichneten Hilfsmittel sollten stufenweise eingeführt, wenn möglich eventuell sogar gemeinsam mit den Lernenden entwickelt werden.

Unter Gesichtspunkten der Praxis unterscheiden wir vier Hauptstufen:

(a) Die Bestimmung der vorliegenden Textsorte, der eigenen Absichten und Lesesituation soll dazu anregen, selbst zu entscheiden, warum der vorliegende Text gerade jetzt und wozu er gelesen werden soll, um so ein wenig dem weit verbreiteten unreflektierten Akzeptieren beliebiger Texte trotz der maßlosen Informationsfluten dieses Jahrhunderts entgegenzuwirken.
(b) Im ersten Durchgang des ,Lesens' sollten besonders bei geringen Sprachkenntnissen - alle bereits bekannten Wörter, Wortgruppen etc. zwar identifiziert, jedoch erst dann eingehender berücksichtigt werden, wenn die Ermittlung der Grundinformation des betreffenden Textteils Schwierigkeiten bereitet. Jede vorzeitige, vertiefende Detailanalyse ohne Grobverständnis des Umfeldes ist nicht nur unökonomisch und wenig ergiebig, sie könnte auch zu Irrfahrten der Textinterpretation führen[12]. Die besondere Aufmerksamkeit des Lesenden gilt daher den potentiell zentralen Informationsträgern und schwerpunkten (Nomen, Verben, Adjektive als Prädikat(steil), konjunktionale Bindemittel, Negationswörter, graduierende bzw. hervorhebende Wörter), von denen man ausgeht, um je nach Bedarf die sekundären Informationsträger zu erschließen. Alle nicht verständlichen, jedoch möglicherweise wichtigen Textstellen werden markiert. Schon jetzt ist es zu empfehlen, eine Grundhypothese über den Inhalt der einzelnen Textteile (Zitatstellen, Abschnitte, Paragraphen etc.) aufzustellen, die uns dabei helfen soll, die noch unbekannten zentralen Stellen besser zu erfassen. Hierzu ziehen wir auch die im Umfeld solcher Stellen evtl. bekannten Worte und Wortgruppen zu Rate, versuchen gegebenenfalls Wortbildungsregularitäten und Parallelen zum Englischen oder anderen erworbenen Sprachen zu nutzen sowie dieienigen Wendungen und Abkürzungen zu berücksichtigen, die referentiell, textsyntaktisch bzw. metapragmatisch wichtig scheinen. Dadurch werden sich die Vorstellungen über den Inhalt zunehmend spezifizieren und die möglichen Bedeutungen der noch ungeklärten Textstellen mehr und mehr eingrenzen lassen. Der dann eventuell noch notwendige Gebrauch des Wörterbuchs dient nicht mehr dem vorläufigen, tastenden Aufbau punktueller Verständnishypothesen, sondern nur noch dem gezielten und systematischen Auffüllen von Lükken vor dem Hintergrund eines Grundverständnisses.
(c) Zur weiteren Absicherung und zugleich zur Vorbereitung der Interpretationen und Verwertung empfiehlt es sich dann, die Funktionen und Themata der konstituiven Textteile und ihrer Relationen zueinander durchzugehen. Die dabei zutagetretenden Unklarheiten, Widersprüche oder Fragen könnten ebenso wie ein Vergleich mit den eigenen, eingangs aufgestellten Arbeitshypothesen zur erneuten Auseinandersetzung mit dem Text führen, dieses Mal möglicherweise auch unter neuen Gesichtspunkten. Und auch diese Entscheidung sollte man bewußt fällen. (Siehe Schema Rezeptionsverlauf")



 

Übungen zur Einführung einzelner Arbeitsschritte

Wie bereits erwähnt, stellen die einzelnen Arbeitsschritte sehr unterschiedliche Anforderungen an die vorhandenen Sprachkenntnisse, lassen sich also nicht in der Reihenfolge des weiter oben entwickelten Schemas einführen. Besonders im ersten Semester sollte man sich auf etwa folgende, propädeutische Übungen konzentrieren:

(a) Identifikation und Erschließung der Quellenangaben, möglichst im Vergleich zu denen der muttersprachlichen Textsorten (Autor, Herausgeber, Erscheinungsort, Erscheinungsdatum, Verlag, Jahr der Ersterscheinung, evtl. Übersetzer etc.);
(b) Analyse der graphischen Textgestaltung, um den allgemeinen Aufbau, die Grundgliederung und mögliche Schwerpunkte zu beurteilen (Grundtyp der Schrift- oder Druckzeichen, graphische Hervorhebungen, Gliederungs- und Begrenzungszeichen, deiktische Zeichen und Symbole, Gesamtlänge, Format, Kotextgestaltung und -einbettung);
(c) Übungen zur Identifikation und Nutzung von Registern, Quellen- bzw Literaturverzeichnis bei Sach- und Fachtexten, um die Arbeitsgrundlagen, Zeitgemäßheit und Belegtechnik des Autors einschätzen zu können;
(d) Versuche zur Identifikation von Textsorten auf der Grundlage ihres Mediums, der graphischen Gestaltung, der Quellenangaben und der Kotexteinbettung (Roman; Lyrik; Essay; Bericht; Kommentar; Biographie; Nachrichtenmeldung; Bekanntmachung; Brief; Leserbrief; Verkaufs-, Verlust-, Stellen- und Zimmeranzeigen; Gebrauchsanweisungen; Rezepte; Bedienungsanleitungen; Etiketten; Programme; Prospekte; Führer; Werbung; Reklame; Propaganda; Hinweis- und Verbotstexte; Wetterbericht; Telegramme; Nachschlagewerke etc.);
(e) Erkennen und Markieren des parallelen Wortbestandes Englisch/Deutsch bzw Japanisch/ Deutsch anhand geeigneter Textvorlagen;
(f) Schnelles Auffinden und Markieren vorgegebener Schlüsselwörter in einem Text zur Gewöhnung an das Schriftbild und eine höhere Sichtungsgeschwindigkeit;
(g) Erkennen und Markieren von Personen-, Produkts-, Ortsbezeichnungen, Daten und Abkürzungen.

Als Materialien sollten möglichst Originaltexte wie Zeitungen, Zeitschriften, Prospekte, Reklame, Etiketten, Gebrauchsanweisungen, Fahrpläne etc. eingesetzt werden. Für den detaillierten Vergleich eignen sich auch Kopien ausgewählter Auszüge jeweils aus einem deutschen Text und einem äquivalenten japanischen. Die Übungszeit kann auf etwa 15 Minuten pro Unterrichtseinheit beschränkt bleiben, Regelmäßigkeit und Häufigkeit haben den Vorrang.

Etwa nach dem ersten Semester sind die sprachlichen Kenntnisse einigermaßen ausreichend, um inhaltsbezogene Verfahren einführen zu können:

(a) Segmentieren von Komposita und Wortableitungen sowie Aneignung der wichtigsten Prä- und Suffixe wie auch der affixartigen Komponenten;
(b) getrennte Einzelübungen zum raschen Erkennen und Markieren potentiell zentraler Informationsträger, d. h. Nomen, Verben, Adjektive als Prädikat(steil), Konjunktionen und konjunktionale Adverbien, graduierende und hervorhebende Adverbien;
(c) schnelles Erkennen und Markieren aller unter (b) aufgeführten Textstellen in einem vorgegebenen Text;
(d) Hypothesen über den inhaltlichen Zusammenhang vorgegebener Reihen soleher zentraler Informationsträger" aufstellen, wobei im Hinblick auf die relativ hohe Variabilität der deutschen Satzstruktur auch Permutationen durchgeführt werden sollten (Ablehnung / Vorschlag / Opposition / äußerte / besonders / Abgeordneter / FDP / Müller // Vorschlag / Opposition / äußerte / besonders / Abgeordneter / FDP / Müller / Ablehnung // besonders / Abgeordneter / FDP / Müller / äußerte / Vorschlag / Opposition / Ablchnung);
(e) Heraussuchen der jeweiligen Referenzwörter zu den in einem Text auftauchenden Pro-Formen;
(f) Bestimmen von Textteilen (Satz, Absatz etc.) nach ihren Funktionen (Einleitung; Abschluß; Meinungsäußerung; Redewiedergabe; Erläuterung; Erläuterung zu Abbildungen; Beispiel; Beleg; Begründung; Forderung; Bitte; rhetorische Frage; Frage; Zweifel; Skepsis; Kritik; Erstaunen, Überraschung; Ablehnung; (Alternativ)vorschlag; Zustimmung; Schlußfolgerung; Zusammenfassung; Hervorhebung, Betonung);
(g) Bestimmen und Einüben einiger Grundrelationen zwisehen den unter (f) genannten Funktionen anhand verschiedener Textsorten (z. B.: Behauptung - Beweis - Beispiel -; Redewiedergabe - Zweifel - Kritik - Begründung - Alternativvorschlag);
(h) Aufstellen von Fragen und Hypothesen zu vorgegebenen Überschriften;
(i) Übungen, um Texte nach ihrer Bearbeitung durch eine geordnete Abfolge von Schlüsselbegriffen wiederzugeben;
(j) Übungen zum systematischen Gebrauch von Wörterbüchern, Lexika und anderen Hilfsmitteln anhand ausgewählter, exemplarischer Textauszuge.

Einige andere, gelegentlich vorgeschlagene Übungen scheinen in Bezug auf die von uns angestrebte Verhaltensänderung problematisch zu sein. So ist beispielsweise der Aufbau eines dem Text entsprechenden Erwartungshorizontes durch vorbereitende Gespräche[13] zweifellos ein geschickter didaktischer Kunstgriff, um den extensiven Wörterbuchgebrauch einzudämmen und die Hypothesenbildung zu steuern. In der natürlichen" Lesesituation entfällt jedoch oft die Informationsvorgabe, mehr noch, solchen Hilfen gegenüber sollte man sehr kritisch sein, da es sich auch um Beeinflussungsversuche handeln könnte. Deshalb sollte man sich so früh wie möglich daran gewöhnen, seine Deutungen selbständig zu steuern und zu kontrollieren.

Des weiteren ist die Fruchtbarkeit von Übungen zur Identifikaion der im Text wiederholten Wörter aus dem Titel nicht allzu groß, selbst wenn man sich auf Sachtexte beschränkt. In der Praxis finden wir einen erstaunlich geringen Zusammenhang, sehr häufig sogar eine bewußte Irreführung des Lesers, wofür die Technik des SPIEGELs nur ein Beispiel sein mag.

Auch der Einbau von Störungen im Text (Fehlinformation oder scrambled sentences"[14]) scheint uns nur sehr bedingt tauglich für Fachtexte naturwissenschaftlicher Provenienz, denn hier wird ein einheitlicher Sachkenntnisstand der Lernenden vorausgesetzt, um das Textverständnis überhaupt vergleichend kontrollieren zu können.

Insgesamt sollte man bei den Übungen wie auch der Einführung der einzelnen Arbeitsschritte und Hilfsmittel nicht aus den Augen verlieren, daß es letztlich darum geht, die durch unzulängliche Fremdsprachenkenntnisse behinderten Lehrobjekte" soweit mit Hilfen auszurüsten, daß sie als eigenständige Subiekte" von eigenen Interessen geleitet ihre eigenen Wege im komplexen Gelände der Gegenwart gehen können.



Bibliografische Hinweise (in knapper Auswahl)

 

 

Fußnoten

[1 ] z. B. MNf - Hinführung zur mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachsprache, hg. Binder, Hellmut und Buhlmann, Rosemarie, München 1977f. - Neuerdings sehr nützlich, weil allgemeiner orientiert, die hektographierten Materialien zur Entwicklung der Lesefertigkeit von R. Buhlmann, Goethe-Institut München, Ref. 42.
[2 ] So u. a. Simson, Elisabeth/von der Handt, Gerhardt, Übungen zur Entwicklung des Leseverständnisses Frankfurt 1974; Piepho, Hans-Eberhard, Lesen als Lernziel im Fremdsprachenunterricht, in: Beiträge zu den Sommerkursen des Goethe-Instituts, München 1974 S. 9-21; ferner der methodische Ansatz von Armaleo-Popper, Lore in ihrem Beitrag Lesekurse für Anfänger - Fachbereich Psychologie, in: Zielsprache Deutsch 4/1976 und generell Verrel-Benecke, Charlotte, Plädoyer für die Entschulung des Fremdsprachenunterrichts, ebda; insbesondere aber auch Hartmann, Peter in einem propädeutischen Kurs zur Hinführung auf das Japanische für deutsche Lernergruppen (Japanisch - Einführungsprogramm, Auswärtiges Amt, Sprachendienst, Ms., o. J., zusammen mit Soyama, Momoyo).
[3 ] vgl. u. a. Bär, Günter (Hg.), Die Grundstufe, Lehrziele - Methoden - Stoffkataloge, Heft 1, S. 20f., München 1972; Adler, Klaus/Steffens, Benno, Deutsch für die Mittelstufe, Bd. 1, München 1974; ähnlich auch die Diskussion zur Revision der Prüfung zum Zertifikat für Deutsch als Fremdsprache.
[4 ] Dazu Peter Hartmann: ... Vorinformation darüber auf welche Besonderheiten man sich bei der betreffenden Sprache einzustellen hat. Hierdurch wird eine spezifische, auf diese Sprache bezogene Lernfähigkeit entwickelt und eine erste Orientierung gegeben, die aufgrund ihrer strukturanalytischen Ausrichtung auch einem späteren, dem nachfolgenden Erwerb faktischer Sprachkenntnisse als nützliche Basis zugute kommt.“ (Japanisch Einführungsprogramm, Auswärtiges Amt, Sprachendienst, ms., o. J., S. 4).
[5 ] Weitere Ausführungen und lllustrationen zu diesen und den nachfolgenden Punkten finden sich z. B. bei H. F. PLETT: Textwissenschaft und Textanalyse. Quelle & Meyer, Heidelberg 1975, Kap. 3.
[6 ] Die Herkunft von Fremdwörtern ist muttersprachlichen Sprechern keineswegs notwendig klar wie z. B. im Falle des sich seit etwa 100 Jahren unter umfangreichen Übernahmen aus allen westlichen Sprachen sprunghaft expandierenden Japanischen.
[7 ] Hilfreich wäre hierbei auch die Einführung einiger einfacher Lautverschiebungsregeln, die man anhand geeigneter Wortpaare leicht von den Lernenden selbst entwickeln lassen könnte: tin/ Zinn, life/Leben, light/Licht, water/Wasser, thick/dick, pipe/Pfeife u. ä.
[8 ] Hierbei sollte man unbedingt auch die systematische Verschiebung des Akzents bei mehrsilbigen Wörtern behandeln, die zwar nicht das Leseverständnis berührt, doch erfahrungsgemäß in außereuropäischen Sprachkreisen das Hörverständnis erschwert.
[9 ] Zu den Fragen der Wortbildung und -ableitung vgl. J. ERBEN: Einführxng in die deutsche Wortbildungslehre. Erich Schmidt Verlag, Berlin 1975; G. HARLASS, H. VATER: Zum aktuellen deutschen Wortschatz. Verlag Gunter Marr. Tübingen 1974.
[10 ] Die theoretisch einwandfreie Begründung der Trennung von (i), (j) gegenüber (k), (l) ist in einigen Fällen schwierig, da manche der Affixoide“ in dieser Form bereits Ableitungen sind, deren semantischer Gehalt sich im Vergleich zur frei vorkommenden Form stark verschoben hat, während andere als fremdsprachliche Übernahmen im Deutschen nur gebunden verwendet werden.
[11 ] So stellt sich Japanern z. B. die durch einen Vertrag oder ein Versprechen eingegangene Verpflichtung auf der Grundlage ihrer pragmatischen Traditionen ganz anders dar als Partnern aus dem westeuropäischen Kulturkreis.
[12 ] Beobachtungen bei der literarischen Interpretation japanischer Germanisten geben Anlaß zu der Vermutung, daß tendenziell Textstellen als um so wichtiger erachtet werden, je schwieriger der sprachliche Zugang ist.
[13 ] s. E.SIMSON, G. VON DER HANDT
[14 ] s. R. BUHLMANN: Zum gezielten Aufbau von Lesefertigkeit -Überlegungen und Erfahrungen, in: Beiträge zu den Sommerkursen des Goethe-Instituts, München 1976, S. 124-139.

 

 

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