Neue Sachbücher
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.04.2002, Nr. 87, S. 48
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DER HUMBOLDT ASIENS. Nach Missionen in Rußland und Persien ging der westfälische Pfarrerssohn Engelbert Kaempfer (1651 bis 1716) als Arzt mit der niederländischen Ostindien-Kompanie nach Japan, dessen Menschen, Sitten und Pflanzen er in seiner Länderkunde "Heutiges Japan", aus der Europa bis ins neunzehnte Jahrhundert sein Wissen über das Land bezog, scharfsinnig beschrieb. Sein europäischer Stolz läßt die japanischen Gesprächspartner meist nur als wißbegierige Rezipienten westlichen Wissens, als Anhänger der in Japan modischen "Hollandkunde" oder der "Chirurgie im Stile der Rotschöpfe" erscheinen. Kaempfers Grundlagenwerk hat mit der nun vorliegenden, auf dem Originalmanuskript basierenden Edition eine Premiere: Zwar erschien es 1727 postum in einer allzu freien, wenn auch sehr einflußreichen englischen Übersetzung, doch was Kaempfer wirklich geschrieben hat, kann man nun endlich lesen. Warum die retuschierte Version so lange Bestand haben konnte, liegt auf der Hand: Wer hat schon sein Latein, sein Persisch und Japanisch so parat, daß er Kaempfers polyglotte Berichte flüssig lesen könnte? Wäre der Japan-Pionier allerdings mit seiner botanischen Terminologie noch genauer gewesen, hätte Goethe wohl über den Ginkyô und nicht den Gingko geschwärmt.
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