Seminar für Methodik und Didaktik des Deutschunterrichtes, Juli 1989, Yamaguchi
Wolfgang Michel

Interkulturelle Aspekte in Lehrwerken für Deutsch als Fremdsprache


Seit dem Ende der 70er Jahre richten in der Bundesrepublik Forscher und Praktiker mehr und mehr ihr Augenmerk auf Fragen der interkulturellen Kommunikation unter dem Aspekt des Fremden und Fremdverstehens. Nicht zufällig geschah dies erst nach der sogenannten 'pragmatischen Wende' der Sprachwissenschaften und mit Blick auf die virulenten Schwierigkeiten bei der Integration von Ausländern in die westdeutsche Gesellschaft. Der Ort, wo sich die neue Forschungs- und Lehrdisziplin 'Deutsch als Fremdsprache' zu bewähren hatte, war das eigene Land. Dort stellte man aber schnell fest, daß auch eine methodisch reformierte Vermittlung des sprachlichen Rüstzeugs alleine zum gegenseitigen Verstehen bzw. Verständnis füreinander beileibe nicht ausreicht. Dies war für Fachleute wie Laien eine etwas überraschende Entdeckung, glaubte man sich doch durch die gemeinsame abendländische Tradition gegen tiefergehende Mißverständnisse gefeit. Demgegenüber wußte man in Japan um die Schwierigkeiten interkulturellen Kommunizierens schon lange, wenngleich diese bis in die jüngste Zeit gerne dazu mißbraucht wurden, die eigene Nation kontrastiv aus der Gemeinschaft der Völker auszugliedern, zu singularisieren, ja die Möglichkeit eines tieferen gegenseitigens Verstehens ganz auszuschließen. Inzwischen gibt es, wirft man einen Blick auf die gängigen Rechtfertigungen des japanischen Deutschunterrichtes, durchaus einige Ansatzpunkte für einen Brückenschlag zur westdeutschen Entwicklung. Auf die Frage nach dem Zielen erhält man in Japan gewöhnlich eine oder mehrere der folgenden vier Antworten:
1. Deutsch als Fachsprache für künftige Forschungen (Arbeitsinstrument)

2. Deutsch für das Reisen und Arbeiten im deutschen Sprachkreis (Kommunikationsinstrument)

3. Deutsch zur Bewußtmachung der eigenen japanischen Sprach- und Denkstrukturen (kognitives Kontrastmittel) bzw. zur VerbesseNng und Diversifizierung der Lernstrategien beim Erwerb von Fremdsprachen (heuristisches Instrument)

4. Deutsch zur Förderung der 'Internationalisierung' (verhaltensänderndes Instrument)

Angesichts der mannigfaltigen Interessen der Lernenden und Lehrenden wie auch der inner- und internationalen Beziehungen Japans halte ich diese Vielfalt für angemessen. Dennoch müssen wir gerade im Hinblick auf die aktuellen Umstände hierzulande eine Gewichtung versuchen. Als Sprache der Forschung hat Deutsch nur in geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen überlebt. Und weder der unbestritten wachsende Tourismus nach Europa noch die verstärkten wirtschaftlichen Aktivitäten japanischer Firmen im bald vereinigten Deutschland werden jemals ausreichen, um im Rahmen eines allgemeinbildenden Grundstudiums die Entscheidung für Deutsch als Fremdsprache so zwingend zu machen, wie sie es vielleicht in der Vorkriegszeit war. Aber auch bei denjenigen, die niemals in ihrem Leben deutschsprachige Länder besuchen oder beruflich mit diesen zu tun bekommen, verlieren die beiden letzten Punkte unserer Liste ihren Sinn nicht. Ungeachtet aller ansonsten angeführten Zwecke sind wir folglich gehalten, über die Vermittlung der sprachlichen Grundfertigkeiten hinaus unser Augenmerk zumindest auch auf die Probleme der interkulturellen Kommunikation und des Fremdverstehens zu heften.

 Zur sprachlichen Seite interkultureller Verständigung


Aus der herkömmlichen Semantik kennen wir bereits die Begriffe Denotation und Konotation. Ein unverfänglich wirkendes Wort wie.'Haus' scheint leicht verständlich, doch mißt man in der deutschen Kultur einem 'richtigen' Haus andere Werte bei, stellt man an ein Haus andere Ansprüche als in der japanischen. Ein 'Mann' drüben ist zwar biologisch identisch mit seinem hiesigen Pendant, im Kontext der jeweiligen gesellschaftlichen Rollen allerdings tun sich plötzlich konnotative Abgründe auf. Wieviel komplexer wird eine Eingrenzung abstrakter Begriffe wie 'Sünde', 'gut', 'schön'! Doch gehen wir einen Schritt weiter.

Die linguistische Pragmatik mit ihrer Wendung weg vom System der 'langue' hin zur 'parole' hat uns deutlich gemacht, daß wir mit ein und derselben Äußerung ganz verschiedene Dinge mitteilen können je nach der Situation, den Angesprochenen, unseren Beziehungen zu diesen und unser (präsupponiertes) gemeinsames Wissen. Wir haben auch schärfer als früher erkannt, daß eine bestimmte Intention in sehr verschiedenen sprachlichen Formen zum Ausdruck gebracht werden kann. Viele Sprachwissenschaftler sind inzwischen dazu übergegangen, zwischen der 'Bedeutung' von Sätzen, Wendungen, Wörtern etc. und deren 'Sinn' im Augenblick des tatsächlichen Gebrauchs zu unterscheiden. Der herkömmliche Sprachunterricht konzentrierte sich auf die traditionelle Semantik: man lehrte die 'eigentliche' Bedeutung von Wörtern, teils auch festen Redewendungen. Tatsächlich aber ist bei der Lektüre deutscher Texte und im Umgang mit Deutschen die Identifikation der in den Äußerungen angezeigten Intentionen von entscheidender Wichtigkeit. Eigentlich wünsche ich mir ein Lehrwerk, das mir zeigt, wie man folgende Intentionen sprachlich mitteilt:

Kontaktaufnahme
Kontaktbeendigung
Aufmerksamkeit heischen
Fokusierung der Aufmerksamkeit desPartners
Interesse signalisieren
Desinteresse, Gleichgültigkeit signalisieren
Verstehen signalisieren
Nichtverstehen signalisieren
Wissen signalisieren
Nichtwissen signalisieren
Zustimmung signalisieren
Ablehnung Kritik signalisieren
Zweifel signalisieren
Nachdenklichkeit signalisieren
Erstaunen / Verwunderung signalisieren
Ratlosigkeit signalisieren
Begierde signalisieren
Anerkennung, Lob signalisieren
Mißbilligung, Tadel signalisieren
Drohen
Unterordnung signalisieren
Überordnung signalisieren
Achtung signalisieren
Verachtung signalisieren
Heraus orderung signalisieren
Einschüchterungsversuch
Spott signalisieren
Höflichkeit signalisieren
Müdigkeit signalisieren
Hunger, Durst signalisieren
Unruhe signalisieren
Langeweile signalisieren
Ungeduld signaliseren
Verlangen, Begierde signalisieren
Verlegenheit signalisieren
Zuversicht signalisieren
Erleichterung signalisieren
Unbestimmtheit signalisieren
Stolz, Hochmut signalisieren
Trotz signalisieren
Wohlwollen signalisieren
Freude signalisieren
Trauer signalisieren
Traurigkeit signalisieren
Ärger signalisieren
Zorn, Wut signalisieren
Scham signalisieren
Haß signalisieren
Antipathie signalisieren
Sympathie / Solidarität signalisieren
Liebe signalieren
Schrecken, Entsetzen signalisieren
Ekel, Abscheu signalisieren
Verzweiflung signalisieren
GIückwnsch signalisieren
Beschwörungsritual
Deixis
Schmeicheln
Wohlbehagen signalisieren
Unterdrückung von Reaktionen
Anspannung, Stress signalisieren
Spontaneität signalisieren
Eitelkeit signalisieren
Ermahnung
Beschimpfung
Ausschimpfen
Verwarnen
Geistesabwesenheit signalisieren
Großzügigkeit signalisieren
Neid / Mißgunst signalisieren
Hochmut signalisieren
Schweigeaufforderung signalisieren
Schmerz signalisieren
Unzufriedenheit signalisieren
Einverständnis signalisieren
Erschrecken signalisieren
Furcht, Angst signalisieren
Enttäuschung signalisieren
Imponiergehabe
Reue signalisieren
Aufrichtigkeit signalisieren
Zufriedenheit signalisieren
Erregung signalisieren
Entschlossenheit signalisieren
Kummer, Sorgen signalisieren
Unterwerfung signalisieren
Mitgefühl, Anteilnahme signalisieren
Bitten
Ritualgesten
bewußte Regelverletzung
Symbolisierung
Auf die Kulturabhängigkeit der jeweiligen Ausdrucksformen brauche ich wohl nicht einzugehen. Außerordentlich bedeutsam sind hier zugleich die 'suprasegmentalen' Merkmale des Sprechens, also Lautstärke, Intonation, Pausenmarkierungen, Stimmfärbungen. Was für muttersprachlichen Ohren völlig normal klingt, wirkt auf einen fremdsprachlichen Hörer zuweilen aggressiv oder aber zaghaft, erregend, auf andere vielleicht auch einschläfernd.

Ein in diesem Zusammenhang gleichermaßen wichtiger Bereich ist die außersprachliche Kommunikation, die teils die sprachliche begleitet, teils sogar an deren Stelle tritt. Wir haben in den vergangenen Tagen hierzu eine Fülle von Beispielen kennengelernt. Manches an Mimik und Gestik hat sich als Wendung in der Sprache niedergeschlagen. Mit der folgenden mühselig zusammengestellte Liste ist die sprachliche Kodierung nonverbaler Kommunikation sicher noch nicht erschöpft:

jdm. die Arme entgegenstrecken
nach jdm. die Arme ausstrecken
jdm. den Arm reichen
einander in die Arme sinken
mit gekreuzten Armen
mit verschränkten Armen
jdn. unter den Arm nehmen
mit verschränkten Armen zusehen
die Arme (vor Überraschung) ausbreiten
jdm. den Arm anbieten
die Arme hoch alten
die Arme heben
die Arme über errust kreuzen
mit offenen Armen aufnehmen
jdm. den Armen liegen
an jds. Armen hängen
die Arme abspreizen
die Arme (in die Höhe) recken
die Arme hin- und herschwingen
die Arme kreisen lassen ?
die Arme anwinkeln
die Arme hinter dem Kopf verschränken
die Arme (salopp) schlenkern
mit den Armen (herum)fuchteln
den Arm um jds. Schulter legen
die Arme (schlaff) herabhängen lassen
die Arme in die Seiten stemmen
sich bei jdm.einhaken
Arm in Arm gehen ?
jdm. die Arme um den Hals schlingen
die Arme in die Hüften stemmen
jdn. in den Armen halten
die Augen aufreißen
(große) Augen machen
jdm. nicht in die Augen sehen können
jdn. scheel ansehen
auf jdn. herabsehen
einen Wink mit den Augen geben
die Augen senken
den Blick senken
stieren
mit den Augen zwinkern
ein Auge zukneifen
ein Auge zudrücken
die Augen offenhalten
jdn. scharf im Auge haben
jdn. scharf im Auge behalten
jdn. scharf ins Auge fassen
jdm. (nicht) ins Auge sehen können
jdn /etw. mit scheelen Augen ansehen
kein Auge von jdm. abwenden
die Augen verdrehen
sich die Augen reiben
Holzauge, sei wachsam! ?
die Augen zusammenlmeifen
die Augen schließen
die Augen aufschlagen
die Augen niederschlagen
jds. Blick wandert von einem zum andern
den Blick auf jdn. richten
den Blick auf jdn. heften
den Blick von jdn. abwenden
jdn. nur mit einem Blick streifen
einen halben Blick auf jdn. werfen
Blicke des Einverständnisses (aus)tauschen
jdn. über die Schulter(n) ansehen
jdn. schief ansehen
über die Achsel schauen
sich den Bart strähnen
sich den Bart kraulen
sich den Bart streichen
vor jdm. auf dem Bauch liegen
vor jdm. auf dem Bauch kriechen
von einem Bein aufs andere treten
die Beine ausstrecken
mit gespreizten Beinen dastehen
die Beine übereinanderschlagen
die Beine kreuzen
die Beine unterschlagen
die Brauen zusammenziehen
die Brauen zusammenkneifen
die Brauen runzeln
die rechte Braue hochziehen
mit zusammengekniffenen Brauen
sich in die Brust werfen
sich brüsten
sich an die Brust schlagen
Hand aufs Herz!
jdn. ans Hen drücken
jdn. an seine Brust drücken
jdn. an seine Brust ziehen
jdn. ans Herz ziehen
die Hände auf der Brust falten ?
jdn. an die Brust schlagen
jdn. mit den Ellenbogen (anstoßen)
jdn. beim Ellenbogen nehmen
die Ellenbogen aufstützen
die Ellenbogen auf den Tisch legen
beide Ellenbogen auf die Knie stützen
die Ellenbogen andrücken
jdm. das Zeichen des Kreuzes auf die Stirn machen
sich in der Nase bohren
sich den Mund wischen
mit dem Finger drohen
mit dem Finger auf jdn. weisen / zeigen
(mit den Fingern) schnipsen ?
sich etwas an den Fingern abzählen
mit erhobenen Zeigefinger den Finger heben
jdm. den Daumen drücken
jdm. die Daumen drücken jdm. den Daumen halten
jdm. die Daumen halten
den Daumen (über jdn.) senken
etwas mit spitzen Fingem anfassen
sich alle (zehn) Finger nach was lecken
Däumchen drehen
mit den Fingernd auf jdn zeigen
(bei jdm.) durch die Finger sehen
über den Daumen peilen
den Daumen lutschen
sich die Fingerspitzen küssen
den Daumen in die Hosenträger stecken
den Daumen in die Armlöcher der Weste stecken
keinen Finger rühren
jdm. einen Fingerzeig geben
"TOI TOI TOI"
an der Krawatte herumfingern
den Finger auf den Mund legen
von einem Fuß auf den andern treten
mit dem Fuß (auf)stampfen
(vor Freude) herumüpfen
mit den Füßen scharren
etw./ jdn. mit Füßen treten
nicht wissen, wo man Hände und Füße läßt
jdm. auf den Fuß treten
die Füße baumeln lassen
mit den Füßen stoßen
jdm. die Fersen zeigen
jdm. auf den Fersen sein
jdm. den Fuß auf den Nacken setzen
ein langes Gesicht machen
ein schiefes Gesicht machen
das Gesichverziehen
ein Gesicht schnelden
eine Fratze schneiden
das Gesicht verbergen
ein schiefes Gesicht ziehen
Gesichter schneiden
ein böses Gesicht machen
ein saures Gesicht machen
jdm. fest ins Gesicht sehen
Grimassen schneiden
ein finsteres Gesicht machen
Grimassen ziehen
sich die Haare raufen
sich durch das Haar fahren
sich die Haare ausreißen
sich die Haare ausraufen
jdn. an den Haaren ziehen
mit der Hand über das Haar streichen
einen langen Hals machen
den Hals recken
(sich) den Hals verdrehen
den Hals nach etw. ausstrecken
ich an jds. Hals werfen
jdm. um den Hals fallen
sich an die Stirn greifen
sich an die Stirn schlagen
sich das Haar aus der Stirn streichen
die Hand an die Stirn legen
jdm. über die Stirn streichen
die Hand vor die Stirn legen
sich hinter den Ohren krtzen
jdn. beim Ohr nehmen
jdn. bei den Ohrenhmen
jdn. die Oh en laqziehen
jdm. eins hinterOhren g ben
jdm. eine Ohrfeige geben
jdm. eine Nase drehen
jdm. eine Nase schneiden
jdm. eine lange Nase machen
sich an die Nase fassen
sich die Nase putzen
jdm. auf die Schulter klopfen
jdn. an der Schulter packen
jdn. an der Schulter fassen
jdm. auf die Schultern klopfen
jdm. die Hand geben
sich (eins) ins Fäustchen lachen
jdn. zu sich winken
jdn. herwinken
die Hände über dem Kopf zusammenschlagen
sich die Hände reiben
die Hände ringen
sich in die Hände spucken
(in die Hände) klatschen
die Hände hochheben
eine Hand hochheben
eine Hand hochreißen
die Hände in den Schoß legen
die Hände falten
per Handschlag verabreden
die Faust in der Tasche ballen
jdm. eine Faust machen
mit der Faust auf den Tisch schlagen
jdn. bei der Hand fassen
die Fäuste in der Tasche ballen
jdm. mit der Faust drohen
jdm. die Faust zeigen
die Fäuste gegen jdn. ballen
die Fäuste gegen jdn. schütteln
die Fäuste gegen jdn. (er)heben
die Fäuste gegen jdn. recken
die Fäuste in die Hüften stemmen
mit dem Finger) schnalzen
jdm. die Hand auflegen
jdm. die Hand bieten (zur Versöhnung)
jdm. die Hände drücken
jdm. die Hände schütteln
jdm. die Hand reichen
die Hände heben
jdn. an die Hand nehmen
jdn. bei der Hand fassen
den Kopf in die Hand stützen
jdm. beide Hände reichen
Hande hoch!
durch Heben der Hand
etw. von der Hand weisen
die Hand gegen jdn. erheben
die Hände in die Seiten stemmen
die Hände wringen
jdm. die Faust vorhalten
die Fäuste in die Seiten setzen
sich die Fäuste vor die Stirn setzen
die Hande emporheben
die Hand (segnend) auflegen
die Schwurhand heben
jdn. am Ärmelzupfen
jdm. auf die Schultern klopfen
jdm. über die Wangen streichen
jdm. die Wangen tätscheln
jdm. über das Haar strichen
jdn. anrempeln
jdn. von sich stoßen
die Hand an den Stahlhelm legen
jdn. am Arm fassen
jdn. am Arm packen
jdn. am Arm festhalten
jdn. am Armel fassen
sich vor Lachen den Bauch halten
sich auf den Bauch klopfen
sich den Bauch reiben
jdm. auf die Finger klopfen
die Flagge streichen
sich an die Stirn tippen
sich vor die Stirn schlagen
sich an die Stirn schlagen
Er ist ein bißchen hier. (begleitende Wendung)
die Tür zunknallen
das Kinn vorschieben
sich das Kinn kraulen
das Kinn in die Hand stützen
mit der Hand das Kinn reiben
(sich) mit der Hand über das Kinn streichen
jdm. das Kinn streichen
jdm. das Kinn zupfen
jdm.das Kinn mit der Hand reiben
auf die Kniefallen
in die Knie gehen
knien
hinnicken
den Kopf hoch tragen
den Kopf aufwerfen
den Kopf hängenlassen
den Kopf schütteln
(mit dem Kopf) nicken
zunicken
den Kopf einziehen
den Kopf senken
den Kopf beugen
sich vor den Kopf schlagen
jdn. den Kopf tätscheln
sich an den Kopf fassen
den Kopf (nachdenklich) zur Seite legen
die Köpfe zusammenstecken
mit dem Kopf wackeln
sich den Kopf verdrehen
sich an den Kopf greifen
kopfschüttelnd
den Kopf in den Nacken legen
sich am Kopf kratzen
den Kopf sinken lassen
sich vor jdm. verbeugen
einen Diener machen
einen Knicks machen
vor jdm. den Hut ziehen
vor jdm. den Hut lüften
ein Kreuz schlagen
sich vor jdm. auf die Knie werfen
jdm. zu Füßen fallen
sich jdm. zu Füßen werfen
vor jdm. den Hut abnehme
das Handtuch werfen
die Fahne senken
stramm stehen
Haltung annehmen
jdm.. aus dem Mantel helfen ?
jdm. vor die Füße fallen
Küß die Hand!
sich bekreuzigen
auf die Uhr schauen
in der Pfeife herumstochern
die Zigarette ausdrücken
die Brille putzen
am Bleistift kauen
hochgehen
jdm. etwas vormachen
sich kleinmachen
katzbuckeln
sich jdm. in die Arme werfen
sich aus jds. Armen losreißen
sich schütteln
sich abwenden
zusammensacken
zusammenbrechen
sich aufrichten
sich vorbeugen
sich zurücklehnen
am ganzen Leib zittern
aufstehen
breitbeinig dastehen
kerzengerade sitzen
jdm. nahekommen
jdm. näherkommen
jdm. nahestehen
jdm. zu nahe treten
jdm. auf den Pelz rücken
jdm. auf die Pelle rücken
von jdm. Abstandalten
sich jdn./ etw von Leibe halten
sich von jdm. / etw. distanzieren
bleib mir vom Leib
jdm. auf den Leib rücken
jdm. zu Leibe rücken
zurückweichen
sich auf die Lippen beißen
die Lippen aufwerfen
die Lippen spitzen
sich die Lippen lecken
küssen
jdm. einen Handkuß geben
jdm. einen Handkuß zuwerfen
jdm. eine Kußhand zuwerfen
die Lippen zusammenkneifen
die Lippen zusammenpressen
die Lippen öffnen
jdm.die Lippen runden
die Lippeinvorschieben
dir Lippen kräuseln
die Lippen schürzen
sich auf die Lippen beißen
die Lippen aufeinander pressen
jdn Finger auf die Lippen legen
sich an den Lippen nagen
die Luft anhalten
jdm. eins pusten
jdm.sich aufblähen sich aufblasen
nach Luft schnappen
aufatmen
eine feierliche Miene aufsetzen
eine finstere Miene aufsetzen
lachen
lächeln
anlachen
auslachen
zulachen
verlachen
grinsen
das Augurenlächeln
herüberlächeln
zulächeln
herlächeln
hinüberlächeln
Mund und Nase aufsperren
den Mund spitzen
den Mund verziehen
ein schiefes Maul ziehen
sich den Mund wischen
mit hängendem Mund
den Mund verziehen
der Mund bleibt jdm. offenstehen
den Mund zusammenkneifen
jdm. den Mund zuhalten
den Mund nicht aufmachen
den Mund nicht aufbekommen
den Mund nicht aufkriegen
den Mund aufreißen
das Maul aufreißen
Maul und Nase aufsperen
ein schiefes Maul machen
Maulaffen feilhalten
sich die Hand vor den Mund halten
den Mund aufreißen
Mund und Nase aufsperren, aufreißen
sich den Nacken reiben
die Arme im Nacken verschränken
die Nase hochtragen
die Nase aufwerfen
die Nase hängenlassen
die Nase über jdn. ziehen
die Nase über jdn. rümpfen
die Nase über jdn. kräuseln
die Nase hochziehen
die Nase kraus ziehen
sich die Nase wischen
sich die Ohren zuhalten
den Rücken krumm machen
vor jdm. den Rücken beugen
jdm. den Rücken zukehren
jdm. den Rücken zudrehen
jdm. den Rücken zuwenden
sich von jdm. abwenden
die Schultern hängenlassen
mit den Schultern zucken
mit den Achseln zucken
jdm. die kalten Schulter zeigen
sich mit den Schultern anstoßen
die Schultern hochziehen
die Achseln hochziehen
über jdn. die Achseln zucken
die Schultern einziehen
jdm. die Schulter (zu)wenden
durch die Nase sprechen
vor jdm. ausspucken
pfeifen
sich räuspern
husten
hüsteln
zischen
mit näselnder Stimme sprechen
schnalzen
schmatzen
spucken
schnauben
schnaufen
sich schneuzen
heulen
(auf)schreien
schluchzen
wimmern
kreischen
gähnen
die Stirn in Falten legen
die Stirn furchen
die Stirn in Falten ziehen
die Stirn runzeln
die Stirn kraus ziehen
mit erhobener Stirn
die Stirn heben
die Stirn senken
jdm. eineOhrfeige geben
ohne mit der Wimper zu zucken
die Zähne zusammenbeißen
mit den Zähnen knirschen
jdm. die Zähne zeigen
an den Nägeln kauen
an der Unterlippe nagen
jdm. die Zunge herausstrecken
mit der Zunge schnalzen
sich auf die Zunge beißen
sich mit der Zunge über die Lippen fahren
die Lippen mit der Zunge befeuchten
sich alle Finger nach etwas lecken
kein Blatt vor den Mund nehmen
jdm. den Mund wässrig machen
etwas an die Wand feuern
In diesen Zusammenhang möchte ich auch die kulturbedingten Abstände zwischen Sprecher und Hörer stellen sowie die Nutzung des Raumes durch beide. Im weiteren Sinne kämen zudem die Gestaltung von Räumen in bestimmten, standardisierten Kommunikationssituationen (Büro, Bankschalter, Klassenzimmer, Konferenzzimmer, Gericht usw.) in Betracht.

 Zur Wahrnehmungs- und Verhaltensproblematik

Die gegenwärtig in Japan um sich greifende Debatte um die Internationalisierung von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft wird meines Erachtens früher oder später die Fragen der interkulturellen Begegnung und Verständigung aufgreifen müssen. Bislang zeigt dieser Terminus einen stark instrumentalen Charakter und ist weitgehend nach außen gerichtet. Die Wurzeln der meisten Mißverständnisse und Konflikte liegen jedoch in der Art der Wahrnehmung des Andersartigen, das uns ja auch innerhalb von Gesellschaften oder Kulturen in Form von Gesellschaftsgruppen, Minoritäten, Sub-, Rand-, Jugend- und anderen Kulturen begegnet. Bei Interesse werde ich nachher gerne auf den problematischen Gebrauch des Begriffes 'Intemationalisierung' eingehen. Hier möchte ich nur soviel sagen, daß ich den letztendlichen Ausgangspunkt aller Bemühungen um Veränderung im Individuum sehe und diesen Terminus lieber durch 'Interkulturalität' ersetze. Hierzu ist m.E. nötig
(a) die Aneignung zumindest von Grundkenntnissen über die Entstehung, Funktion und Wirkung des eigenen Perzeptions- und Wertsystems und
(b) darauf aufbauend die Fähigkeit, beides nach Notwendigkeit zu relativieren und weiterzuentwickeln .
Internationalität wie Interkulturalität setzen beide keineswegs die Beherrschung von Fremdsprachen voraus, und Fremdsprachenkenntnisse alleine garantieren gar nichts im Prozess des Verstehens bzw. der Verständigung. Das eine kann jedoch durchaus dem anderen förderlich sein. Im Rahmen einer entsprechend ausgerichteten sprachlichen und kulturellen Erziehung möchte ich diese Vorstellungen wiefolgt als Lehrziele spezifizieren, welche die sprachlich ausgerichteten Zide ergänzen:
1. Den Lernenden soll die Mannigfaltikeit menschlicher Kultur zu Bewußtsein gebracht werden - und zwar irn Hinblick auf die Bereicherung der eigenen.
2. Sie sollen eine schärfere Bewußtheit der eigenen Kultur(tradition), des eigenen Wertsystems sowie der davon geprägten, spezifischen Wahrnehmungsmechanismen, Einstellungen und Konventionen erlangen.
3. Sie sollen im Hinblick auf Vergleiche und Urteile, aber auch im zwischenmenschlichen Umgang befähigt werden, ihre Werte, Einstellungen und Konventionen zumindest vorübergehend zu relativieren und gegebenenfalls weiterzuentwickeln.
Das dritte Ziel verlangt einen beträchtlichen Wandel der persönlichen Einstellung bzw. des Verhaltens. Eine gezielte Behandlung der Perzeptionsmechanismen, der Stereotyp- und Vorurteilsbildung, der Abwehrmechanismen gegen 'unerwünschte Aufklärung' und der Wege zur Bewältigung von Konflikten ist unerläßlich. Hierzu sind meines Erachtens neben den Erkenntnissen der Psychologen und Kulturanthropologen auch die Einsichten und Vorschläge der Friedens- und Konfliktforschung einzubeziehen. Heuristisch bringen uns folgende Fragestellungen weiter:

Wertsystem - In welchen Bereichen der Sprache kommt unser Wertsystem zum Ausdruck?
- Wie entstehen solche Wertvorstellungen irn Laufe der Sozialisierung des Individuums?
- Wie wandeln sie sich historisch?

(a) Konventionen
- Welchen Verhaltenskonventionen begegnen wir als japanischer Tourist, Geschäftsmann, Student oder Firmenangestellter im deutschen Sprachkreisignalisieren Und wie zeigen sich diese Konventionen in der Kommunikation. (Höflichkeit, Direktheit, Gespräc hsabläufe, Formeln, Rituale, Territorialmarkierung, Distanzen, Raumnutzung, Mimik, Gestik, Stimmfärbungen etc.)

(b) Konflikte und Strategien zu deren Bewältigung - Welches sind typische Mißverständnisse zwischen japanischen Touristen, Geschäftsleuten, Studenten oder Firmenangestellten und Deutschsprachigen in deren alltäglichen Situationen? (Sprachinhaltsprobleme, Sprachverwendungsprobleme, Wertprobleme, Konventionsprobleme)
- Wie kann man in einer solchen Lage die Ursache(n) des Mißverstän dnisses ausfindig machen?
- Was tut man in sich rasch emotionalisierten Situationen?

(b) Perzeptionsstrukturen
- Wo liegen die grundsätzlichen Grenzen unserer Wahrnehmungsfähigkeit in bezug auf die Außenwelt?
- Inwieweit und auf welche Weise werden unserer Perzeptionsmuster durch den jeweiligen kulturellen Hintergrund geprägt?
- Wie kann ich diesen Sachverhalt an mir selbst feststellen?

Der thematische Katalog von Lehrwerken weitet sich dadurch beachtlich aus, ebenso die Sozialformen des Unterrichtes, da neben der kognitiven auch die emotionale Komponente der bestehenden Einstellungen zu berücksichtigen sind. Kulturspezifische, regionale Lehrwerke (Deutsch für Japaner) wären optimal, doch lassen sich auch allgemein angelegte Lehrwerke wie die Sprachbrücke durch zusätzliche Materialien in der wünschenswerten Richtung ergänzen.

 Ein Beispiel


In der Bundesrepublik ist 1987 ein Titel erschienen, dessen Autoren erstmals versuchten, den Aspekt der interkulturellen Begegnung systematisch in die Thematik eines Anfauml;nger-Lehrwerkes einzuflechten: Sprachbrücke (Klett-Verlag). Ich habe dieses Buch inzwischen mehr als drei Jahre lang in verschiedenen Klassen und Gruppen verwendet und möchte hier kurz ein Beispiel vorstellen, die Einsatzmöglichkeiten abschätzen und das Feld künftiger didaktischer Forschungen im Bereich der interkulturellen Kommunikation abstecken.

Um es vorneweg zu sagen: dies ist kein bequemes Lehrbuch für arbeitsscheue Lehrer. Damit meine ich weder die Grammatik, den Wortschatz noch die Übungsformen, die man allesamt vergleichsweise schnell in den Griff bekommt. Vielmehr verlangt die in den Lektionen angeschnittene Thematik einige Arbeit, wenn man das Potential des Werkes voll zur Wirkung bringen möchte. Ich greife hier als Beispiel einmal die Lektion 6 heraus.

Der einführende Dialog unter A1 macht zunächst auf die Existenz von Vorurteilen aufmerksam - in humorvoller Form, wohl um den pädagogischen Zeigefinger und damit den Aufbau psychischer Widerstände zu vermeiden und (wie in allen Lektionen des Werkes) anhand eines fiktiven Lilalandes, um nicht vorzeitig Spannungen zu erzeugen, wie das bei einem konkreten Staat wohl kaum zu vermeiden wäre. Auch versucht man in den Übungen sehr vorsichtig, die Leser zur Wahrnehmung ihrer eigenen Stereotype zu bringen. Bei den Farben weist man auf die kulturbedingten Symbolwerte und Assoziationen hin. Am Schluß folgen einige verbreitete Begrüßungsformen sowie das in Deutschland übliche Händeschütteln, das jedoch im Schwinden begriffen sein soll.

In der Praxis erlebt man sehr schnell, daß eine solche thematische Gestaltung sehr anregend wirkt und fast unverrneidlich zu längeren Exkursen ünd zahlreichen Fragen führt. Ich habe dann, um die Existenz von Stereotypen in den Köpfen der Studenten noch deutlicher zu machen, eines der Hofstädterschen Experimente variiert, anschließend die Entstehung, Funktion, Verteidigung und Überwindung von Stereotypen und Vorurteilen vorgestellt und schließlich zur Illustration ein Rollenspiel aus der deutschen Schule in Tokio gezeigt. Bei dem Versuch, die Begrüßungen anderer Länder einmal nachzuspielen, entdeckten wir wiederum die so starken Hemmungen hinsichtlich der Distanz zum Partner bzw. der Art des Körperkontaktes, und erkannten zudem plötzlich, daß bestimmte Verhaltensweisen hier schnell zu gefährlich emotionalen Reaktionen führen können. Wir machten uns schließlich einige japanische Restriktionen bei körperlichen Kontakten klar sowie deren Abhängigkeit von Alter, Geschlecht, Verwandtschafts- bzw. Vertrautheitsgrad und Situation.

Manche der Übungs- und Spielformen des Buches sind trotz aller Bem ühungen um Interkulturalität ausgesprochen eurozentristisch und in dieser Form nicht unmittelbar erfolgreich. Andererseits kann gerade die Konfrontation mit fremden Unterrichtsinteraktionen eine erfreuliche Wirkung im Hinblick auf die oben gesteckten Ziele entfalten, nochzumal sich die Sozialisation der Lernenden vorwiegend im institutionellen Rahmen von Schule bzw. Hochschule vollzieht. Ich habe von den Studenten alle Arbeits-und Üb ungsanweisungen des Buches zusammenstellen und sie den Anweisungen in ihren muttersprachlichen früheren und deneitigen Lehrmitteln gegenüberstellen lassen. Eine gezielte Thematisierung von Lehr- und Lernformen, die in den deutschen Lehrmaterialien selbst nicht vorgesehen war, könnte - soweit ich das nach tastenden Versuchen zu sagen vermag - eine sinnvolle Lösung erbringen.

In solchen auf Pluralität angelegten Konzepten muß man sich allerdings stets vor einem allgemeinen 'Kulturrelativismus' hüten. Da alles überall verschieden ist, alles zugleich innerhalb des betreffenden Systems seinen Sinn hat und darüber hinaus unsere gerecht geteilte Aufmerksamkeit verdient, verfällt man angesichts der Flut 'gleichrangiger Informationen' unmerklich in die Haltung, daß alles letztlich gleich, ja gleichgültig, egal sei. Es gilt daher, die gemeinsame menschliche Grundlage jeglicher Kultur als notwendige Voraussetzung jeglicher Kommunikation und zugleich die Rolle der Einzelkultur bei der Stiftung von Identiät im Auge zu behalten. Kosmopoliten in der ursprünglichen Definition des Begriffs dürften auf dem Felde der interkulturellen Verständigung ziemlich blind umhertappen.


 

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