Dohm, Christian Wilhelm (ed.) Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Meyer, Lemgo 1777-79.

Internet-Edition by Wolfgang Michel, © Fukuoka, Japan March1998

    

Erstes Buch
Erstes Kapitel.
Reise von Batavia nach Siam, und Erzählung der merkwürdigsten Vorfälle während unsers dasigen Aufenthalts.

Veranlassung dieser Reise.

Nachdem ich mich eine Zeitlang in Batavia auf der großen Insel Java, (der Hauptstadt der holländischen ostindischen Compagnie in Indien, und der Residenz ihres Generalgouverneurs) aufgehalten hatte; fand ich Gelegenheit, mit einem im Hafen segelfertig liegenden Schiffe, genant der Waelstrohm, die Reise nach Japan zu machen, da mir die Stelle eines Arztes bei der holländischen Gesandschaft angetragen wurde, die jährlich an den japanischen Hof geschikt werden mus. Ein Europäer, welcher wünscht das japanische Reich zu betreten, die Pracht des kaiserlichen Hofs zu sehen, und vor dem Kaiser selbst zu erscheinen, kan jezt auf keinem andern Wege diesen Wunsch befriedigen, als daß er sich in Dienst dieser ostindischen Geselschaft giebt. Denn nun schon beinahe hundert Jahre ist dieses Reich allen europäischen Nationen verschlossen, außer den Holländern, welche die Japaner für die aufrichtigsten aller Europäer, oder vielmehr aller Fremden überhaupt halten, und deswegen, wiewol unter sehr strenger Aufsicht, dulden, und ihnen auch erlauben, oder vielmehr als eine Pflicht von ihnen fördern, daß sie jährlich durch einen Residenten dem Kaiser ihre Ehrerbietung bezeugen .
Abfahrt von Batavia.
Den 7ten Mai 1690 an einem Sontage früh Morgens um sechs Uhr begab ich mich an Bord des Waelstrohms. Wir huben sogleich die Anker, und begaben uns mit einem zwar gelinden, aber doch günstigen Winde unter Segel. Gegen Mittag erreichten wir die kleine Insel Eidam, die etliche Meilen von Batavia entfernt ist, woselbst uns ein Schif von Sumatra begegnete, welches nach Sirabon segelte. Wir ließen die Insel rechter Hand liegen, und segelten ohngefehr eine halbe Meile davon, bis spät in den Abend, da wir sie hinter uns ließen.
Montags den 8ten Mai verloren wir das feste Land von Java aus dem Gesicht, nicht aber die benachbarten Inseln. Nachmittags wurde der Wind so stil, daß wir wenig weiter kamen, und gegen Abend auf 29 Faden Anker werfen musten, damit uns der hier so starke Strom des Meers nicht zu weit westwürts von unserm Laufe wegrisse. Etwa eine halbe Meile von uns sahn wir ein klein portugiesisch Schif, mit sinesischen Matrosen besezt, vor Anker liegen. Es lief einen Tag früher, als wir, von Batavia aus, und führte das Bild und den Namen des Apostels Paulus. Dies Schif war vor etwa fünf Jahren in Japan, obgleich allen Portugiesen bei Verlust ihrer Schiffe und ihres Lebens untersagt ist, das Reich zu betreten. Es wird, hof ich, dem Leser nicht unangenehm seyn, wenn ich hier die Ursache und die Geschichte dieser kühnen Reise kurz erzähle, so wie ich sie in Batavia vo glaubwürdigen Personen erfahren habe.
Ein japanisches Fahrzeug wurde vor ohngefehr jezt (1690) sechs Jahren durch einen starken Sturm von den Küsten von Japan weggerissen, und nach vielem Ungemach endlich, ohne Land zu sehn, nach Makao, einer berühmten portugiesischen Handelsstadt in Sina, verschlagen, wo es strandete; doch ohne einen Man zu verlieren. Die Portugiesen können den Verlust ihres so vortheilhaften ehemaligen Handels nach Japan noch nicht verschmerzen, und die Regierung zu Makao ergrif also mit Vergnügen diesen guten Anlas, dem japanischen Hofe gefällig zu seyn, und hofte vielleicht gar dadurch seine Gnade und die ehemalige Handeslfreiheit wieder zu erhalten. Sie ließen also das Schif, nebst zwölf darauf befindlichen Japanern, nicht nur grosmüthig wieder zurükreisen, sondern gaben ihnen auch zu mehrerer Sicherheit eins ihrer eigenen Schiffe zur Begleitung mit. Allein dies Unternehmen bewies sich sehr unglüklich für die Portugiesen. Denn kaum waren beide Schiffe in dem Hafen von Nangasacki angelangt; so wurden alle Japaner ohne Unterschied in ein Gefängnis gebracht, und die Portugiesen, ohne Erlaubnis ans Land zu treten, sehr genau und scharf auf ihrem Schiffe bewacht, damit der Vorfal von dem Gouverneur zu Nangasacki an den kaiserlichen Hof berichtet, und von da Befehl eingeholt werden könte, was in der Sache ferner vorgenommen werden solte. Die guten Portugiesen kamen in große Gefahr, ihr Schif und sogar ihr Leben zu verlieren. Aber theils die Lände der Zeit, theils die Fürsprache des damaligen Residentens der holländischen ostindischen Compagnie besänftigte den Zorn des Hofes einigermaßen, und es wurde den Portugiesen erlaubt, nach Makao zurükzukehren, da man ihnen vorher auch Lebensmittel anbot, welche aber in nichts mehr als Wasser und Reis bestanden. Eben so wurden auch endlich die unglüklichen Japaner nach einem zweijährigen harten Gefängnis wieder auf freien Fus gesezt, und jeder nach der Provinz oder Stadt, wo er zu Hause gehörte, unter sicherm Geleit zurükgeschikt. Einige derselben begegneten unserm Gesandten, der von Jedo nach Nangasacki zurükreisete .- Doch es ist Zeit zu unsrer Reise zurükzukehren.
Ohngefehr um 1 Uhr nach Mitternacht lichteten wir unsre Anker, und erblikten den 9ten gegen Morgen die sogenanten tausend Eilande, etwa in der Entfernung von anderthalb Meilen vor uns. Wir sahn hier auch das hohe Land Lampon auf der Insel Sumatra, welche wir vor sieben Monaten, als wir von Atsyn nach Batavia fuhren, so lang zu unserm großen Verdrus im Gesichte hatten. Der Wind war veränderlich, meistens aber Süd; so daß wir beinahe den halben Tag zubrachten, ehe wir die Insel Norderwacht, welche gerade vor uns lag, zur Seite bekommen konten. Nach Sonnenuntergang hatten wir weiter Südwind, der wie ein gelinder Passatwind wehte; wir segelten also die ganze Nacht und rükten ziemlich fort.
Den 10ten war der Himmel ganz bewölkt, und der Wind Ost=Süd=Ost. Wir fuhren den ganzen Tag nordwärts fort, ohne Land und Inseln zu sehn, außer den höchsten Spitzen der sumatrischen Berge, die uns aber doch wegen trüben Himmels nur sehr undeutlich erschienen. Gegen Abend spät ließen wir unsre Anker auf sechs Faden Tiefe fallen, weil wir befürchteten, dem Lande zu nahe zu kommen, welches wir des Abends von dem Obermastbaum ziemlich deutlich bemerkten, und für die Insel Lucipara hielten, welche gleich vor der Meerenge oder Straße von Banka liegt.
Den 11ten Morgens lichteten wir wieder unsre Anker, aber vergebens, weil sich schon sehr bald der Wind wieder legte. Wir musten also bis ohngefehr zwei Stunden nach Sonnenuntergang stil liegen. Alsdann aber fuhren wir mit einem gelinden Südwinde nordwärts zwischen der Insel Lucipara, welche uns rechts in der Entfernung von etwa anderthalb Meilen lag, und dem festen waldichten Lande von Sumatra durch, nach der Straße von Banka zu.
Ich will hier überhaupt bemerken, daß die ganze Reise von Batavia nach Siam durch die vielen Inseln, Sandbänke und verborgne Felsen sehr gefährlich und mühsam werde. Ein kluger Steuerman mus sich daher sehr wohl in acht nehmen, daß er sich niemalen zu weit von den Küsten entferne, und sobald sich ein starker Wind erhebt, welches oft geschieht, die Anker fallen lasse, sobald er nur Grund findet, weil sonst das Schif leicht auf das Land oder verborgene Sandbänke getrieben werden kan. Aus diesem Grunde liegen gemeiniglich die Schiffe auf diesem Wege Nachts vor Anker, besonders wenn man des Abends zuvor Land gesehn, oder doch Merkmale hat, daß es nicht weit entfernt sey. Der gefährlichste Theil des ganzen Wegs aber ist die erwähnte Straße oder Meerenge von Banka, welche durch die Insel dieses Namens und die Küsten von Sumatra gebildet wird. Diese Küsten sind ganz eben, ohne Hügel und Berge, aber sehr waldicht. Die Insel Banka dagegen hat einen ganz unebnen und zerrissenen Boden, der bald bergicht und steinigt, bald niedrig und tief ist. Die Erde ist sehr grün, und, wie es scheint, ungemein fruchtbar.
Alle Schiffe, welche nach der Ostküste von Malacca nach Siam, Cambodia, Cochinsina, Sina und Japan gehn, müssen diese Straße passiren. Die daran liegende sumatrische Küste hat verschiedene kleine Vorgebürge, die sich ziemlich ins Meer hinein erstrecken. Wir näherten uns dieser Küste, so sehr wir nur konten, bis auf eine halbe Meile, weil man in dieser Gegend allemal wenigstens sechs Faden Tiefe, und einen guten ebnen Schlikgrund hat. Wir erreichten vor Abend das zweite Vorgebürge, wo wir uns die Nacht über vor Anker legten und sehr starken Regen hatten.
Am 12ten des Morgens nach Aufgang der Sonne befanden wir uns nicht weit vom dritten Vorgebürge der sumatrischen Küste, wir hatten jezt das ebenerwähnte portugiesische Schif schon vor uns, da es bisher so weit hinter uns war, daß wir es kaum sehn konten. Wir liefen immer an den Küsten weg nach Nord=Nord=West. Der Himmel war ganz trübe und wolkicht, der Wind sehr veränderlich, doch meistens aus Süden. Die Küsten von Sumatra und Banka hatten noch immer eben das Ansehn, das ich beim vorigen Tage beschrieben habe. Nachmittags war uns der Wind so entgegen, daß wir einen Theil unsrer Segel einnehmen, eine Zeitlang herumlaviren, und endlich unsre Anker fallen lassen musten. Abends sahn wir über Sumatra Regen, mit Bliz und Donner begleitet.
Den 13ten brachten wir den ganzen Vormittag mit Laviren zu, weil uns der Wind beständig entgegen, der Himmel trübe und regnicht war. Nachmittags aber bekamen wir Süd=Südwestwind, und kamen ziemlich fort, so daß wir gegen Abend schon am Ausgang der Straße waren, wo wir den Flus Palimbang zur Linken, und einen sehr hohen Berg, Monapin, der auf der äußersten Spitze von Banka liegt, zur Rechtenhatten. Die Mündung des Flusses Palimbang, die etwa drei Viertel Meilen von uns entfernt war, schien wenigstens eine halbe Meile breit zu seyn. Ueber demselben hin konten wir kein Land sehn, ich weis nicht, ob wegen der Breite des Flusses, oder wegen des einbrechenden Abends? Wir trieben mit unserm Schif nach der sumatrischen Küste zu, bis auf sieben und einen halben Faden, um einer gefährlichen blinden Klippe, die Friedrich Heinrich heist, auszuweichen. Noch vor vier Jahren strandete auf derselben ein holländisches nach Siam bestimtes Schif, Prinz Wilhelm, von dem sich aber doch die Leute in der Schaluppe und dem Boote retteten.
Den 14ten Mai. Nachdem wir gestern Abend glüklich aus der Straße von Banka herausgekommen, und die ganze Nacht durch mit gutem gelinden Winde und hellem Wetter fortgesegelt waren; erblikten wir diesen Morgen die sogenante Poele Tutsju, d. i. die sieben Inseln oder auch sieben Brüder vor uns. Wir richteten unsern Lauf so, daß wir diese Eilande rechter Hand liegen ließen, und gegen Abend die Insel Puli Saya zu Gesicht bekamen. Der Wind war uns den ganzen Tag über günstig, das Wetter, hel, und ziemlich kühle. Wir verloren noch heute die Küste von Sumatra aus dem Gesicht.
Wir segelten die ganze Nacht fort, und sahen den 15ten Mai Morgens die erwähnte Insel Puli Saya, nebst einem hohen Berge auf derselben schon sehr weit hinter uns. Gegen Mittag erreichten wir die Insel Puli Lingano und den Aequator. Der Himmel klärte sich auf, da es die vorige Nacht stark geregnet hatte. Nachmittags entstand etwas Windstille, daß wir nicht besonders weiter kamen. Um 4 Uhr erhub sich ein starker Nord=Westwind, der uns ganz aus unserm Wege verschlug, und beinahe zwei Stunden wie ein Pfeil in diesem unruhigen Wasser fortris. Gegen Abend aber legte er sich etwas, und endlich wurde er ganz stille, so daß unsre Anker fallen ließen und endlich stil lagen.
Den 16ten Mai sezten wir gleich mit Aufgang der Sonne unsern Lauf bei sehr abwechselndem und schwachem Winde fort, so daß wir bei Puli Lingano erst Nachmittags vorbei waren, und den ganzen Tag nur wenig Meilen weiter kamen. Abends warfen wir Anker.
Den 17ten Mai, zwei Stunden vor Tage, segelten wir mit gelindem guten Winde bei klarem Himmel fort, bis Mittag, da sich der Wind legte, und wir einem kleinen mit Bäumen bewachsenen Eiland zur Seite schwebten, ob uns gleich der Strom sehr stark von unserm Wege ab nach Nord und Nord=Nord=Osten fortris. Wir richteten unsre Farth nordwestlich, um wieder einige Inseln ins Gesicht zu bekommen. Wir sahn aber den ganzen Tag keine, außer der erwähnten Insel. Wir kamen dabei auch so wenig fort, daß wir gegen Abend auf 34 Faden Anker warfen. Doch lichteten wir schon um 10 Uhr wieder, weil es kühl wurde, und segelten weiter.
Den 18ten war der Wind den ganzen Tag sehr abwechselnd, bald gelind, bald stärker. Wir liefen immer Nordwestwärts, aber ohne Land zu sehn. Wir faßten daher hier den Entschlus, die Insel Pauli Timon, auf welcher die Schiffe nach der Instruktion der Compagnie sonst landen müssen, um Holz und Wasser einzunehmen, diesmal vorbei zu gehn, und mit dem Südwind unsern Lauf gerade nordwärts nach Siam zu richten.
Wir hatten die ganze folgende Nacht Süd und Süd=Südwestwind, mit welchem wir gelinde fortsegelten, und den 19ten Morgens zuerst linker Hand einen hohen Berg sahn, welchen zu erreichen wir Nordwest gen West anlegten, da wir hoften, daß es die Insel Polithingi seyn werde, die es auch war. Nachmittag kamen wir auch zu den übrigen kleinen Eilanden, Pauli Aur oder Oor und Pauli Pisang, welche, wie die vorige, uns ebenfals linker Hand legen. Der Wind ging zwar stark nach Süden, doch kamen wir noch Abends bei Pauli Oor vorbei; und
Den 20ten Morgens vor 8 Uhr warfen wir bei Pauli Timon Anker, welche uns gegen Nordost gen Ost lag. Ich begab mich mit einigen andern an Land, theils die Beschaffenheit und Natur der Insel überhaupt etwas kennen zu lernen, theils und vornemlich Pflanzen zu suchen, welches mir auf allen meinen Reisen eine angelegene Sache ist.
Die Insel Pauli Timon ist eine der grösten unter den Inseln, welche nicht weit von den Küsten von Malacca liegen. Sie gehört dem König von Johor, welcher in Siperka auf der Halbinsel Malacca residirt. Dieser läst die Insel durch zwei Orankays regieren, auf jeder Seite der Insel einen Orankay, welches Wort in malayischer Sprache einen Waldmenschen bedeutet, d. i. einen Menschen, der über Wälder gesezt ist. Die Einwohner sind eine Art Banditen, welche die Insel schon von langer Zeit her besessen und sich sehr auf derselben vermehrt haben. Ein Orankay, der vor etlichen Jahren am Bord eines unsrer Schiffe war, behauptete, die Zahl der Einwohner belaufe sich auf 2000; man kan aber kaum die Hälfte glaubwürdig annehmen. Diese Einwohner leben hin und wieder zerstreuet, in kleinen schlecht gebaueten Häusern oder Hütten, die nur aus einem Zimmer mit einem kleinen Fenster und einer Thür bestehn. Die meisten sind nicht über fünf bis sechs Schritte lang, und zwei bis drei breit. Inwendig geht rings an der Wand her eine Bank, so hoch wie eine Tafel, und sehr bequem zum Sitzen un zum Liegen. Um das Haus stehn einige Pirangbäume. Denn obgleich die Einwohner an einem sehr steilen und unebnen Gebirge wohnen; so suchen sie doch gemeiniglich ihre Wohnungen so anzulegen, daß wenigstens auch etliche Schritte umher ein ebner Plaz ist.
Diese Menschen sind ziemlich belebt und nicht häslich, etwas schwärzer als die Japaner, und freilich auch der Linie näher als diese. Einige kamen mir, nach dem Gesicht zu urtheilen, sehr ungesund vor. Sie ziehen, wie auch die Einwohner des festen Landes von Malacca und von Sumatra thun, die Barthare sich ganz aus, daß sie wie alte Weiber aussehn. Die meisten sind der mohammedanischen Religion zugethan, welche sich durch ganz Indien sehr weit verbreitet hat. Ihre Kleidung besteht blos in einem Tuche um die Schaamtheile, das aus einer Baumrinde sehr grob gewirkt ist. Eben ein solches Tuch, in einen runden Kranz gewunden, tragen sie um den Kopf; und einige auch Hüte von Gabbe Gabbe Blättern geflochten. Gabbe Gabbe ist ein Baum, aus welchem die Indier das Saga bereiten, dessen sie sich stat des Brods bedienen.
Die Einwohner kamen mit kleinen Fahrzeugen zu uns an Bord, in welchen nur eine Person sitzen kan, und die so leicht sind, daß ein Man ohne große Mühe sie ans Land tragen kan. Derjenige, welcher darin fährt, sezt sich gerade in die Mitte des Fahrzeugs, und leget seine Waaren hinter sich. Das Ruder hat ohngefähr Manslänge, und ist so eingerichtet, daß man es in der Mitte anfaßt, und dann damit auf beiden Seiten des Kahns eins ums andre mit beiden Enden rudert. Sie haben aber auch größre Fahrzeuge, in welchen vier Personen Raum haben, und mit denen sie bis an die Küste von Malacca überfahren. Folgende Sachen brachten sie uns an Bord: Mangos, von so ungemeiner Größe, daß ich bisher dergleichen noch nicht gesehen hatte; Pisangs, auch größer, als ich sie bisher gekant hatte, beinahe anderthalb Spannen lang, eine Spanne im Umkreis und etwas eckigt; sehr große Smersaks; kleine Limonen, Ananasse, Hüner und eine besondre Art Steinböcke, von röthlicher Farbe, mit langer Haaren und langem wiederstehenden Zahn auf jeder Seite. Von Manufakturen konten sie uns nichts anbieten, als Pisangsäcke, dreimal übereinander sehr fein geflochten; kleine Matten auch von Pisang oder von Gabbe Gabbe Blättern, auch sehr artig gemacht. Sie wolten für ihre Waaren kein Geld annehmen, aber wol Reis, Eisen, Hemde, Leinwand und dergleichen Sachen mehr. Das Geld schienen sie gar nicht zu kennen; da wir ihnen einige Stücke vorwiesen, forderten sie von denselben für eine Matte zehnmal mehr als sie werth war. Dagegen bekamen wir für ein Stük grobe Leinwand, das vielleicht nur drei Stüber werth war, für zwei und mehr Schilling Eswaren.
Die ganze Insel besteht aus Felsen und steinigten hohen Gebirgen, die aber doch an sehr vielen Orten und (welches in der That sonderbar ist) oft da, wo wir kaum eine Hand vol Erde entdecken konten, mit Buschwerk und Bäumen bewachsen sind. Wir klimten nicht ohne Mühe und Gefahr die felsichten Ufer hinan, um Wasser zu suchen. Bei diesem Aufklimmen und Durchkriechen durch die Gebüsche, halfen uns nicht wenig die Wurzeln der Bäume, welche oben auf den Bergen wachsen. Denn von diesen Wurzeln waren manche zwei, drei und mehrere Daumen dik, die sich 10 bis 20 Klaftern um die Hölen in den Bergen winden und herunterlassen, um Grund zu suchen. An diesen halfen wir uns wie an Seilen hinauf. Zwischen den unter und durch einander gefallenen Felsen und Steinen sind einige kleine Seen von süßen Wasser, welches an manchen Orten so kalt war, daß ich mich einige Tage übel befand, weil ich mich zum Vergnügen darin gewaschen hatte. Wir fanden auch noch etwas höher einen Flus, der wasserreich genug war, um zwei Mühlen zu treiben, und über Stein und Felsen mit solchem Geräusch herabfiel, daß wir kaum mit einander reden konten. Das Wasser dieses Flusses ist klar, sehr kalt und etwas bittern Geschmaks. Die kurze Zeit, welche ich hier zubringen konte, erlaubte mir nicht viel zu botanisiren. Doch fand ich hier viele von denen Pflanzen wieder, die ich auf der Insel Eidam, einige Meilen von Batavia, entdekt hatte. Zunächst am Ufer bemerkte ich folgende Bäume und Gebüsche: Terum Lauk, eine nicht sehr hohe Staude mit 2 bis 3 Zol langen und anderthalb Zol breiten Blättern, die dik und fast ganz undurchsichtig waren, und einen Nerven hatten, der etwas unregelmäßig durch die Mitte lief. Die Blume war gelb mit fünf Blättern, und hatte eine sehr artige Sternfigur. Der Same auch sehr schön, grün, sternförmig mit sieben Radiis. Gemeiniglich hängen 3, 4, bis 5 Samenkörner beieinander, welche eine schöne Figur ausmachen.
Prije Laut, eine beerentragende Staude, welche etwas größer als unsre Wacholderbeeren, grün und sehr fleischigt sind. Die Blätter gezakt (serrata). Ich habe dergleichen Pflanzen auch in Persien um Gamron wachsen sehn, und unter den persianischen beschrieben. Maanbu. Dieser Baum hatte viele stumpfe weiche Blätter, keinen Nerven, in der Mitte aber verschiedene, welche an dern äußersten Enden zusammenliefen. Ich hatte eben diesen Baum schon auf der Insel Eidam bemerkt, wo ich aber nicht so glüklich war, die Blume und Früchte sehen zu können. Die Blume ist sehr merkwürdig, und besteht aus fünf Blumenblättern, welche alle auf einer Seite in der Runde herum, und in der Form eines halben Mondes oder halben Cirkels geordnet sind. Gegen ihnen über ist ein gekrümter Griffel (stylus) oben mit einem grünen kleinen Kopfe bedekt. So bald die Blumen abgefallen, folgen fünf Beeren nach der Zahl der Blumenblätter, die alle mit einer fleischigten Substanz angefült sind.
Papiniok hat weiße Blumen, den Bohnenblumen nicht unähnlich, und drei länglichte Blätter an einem Stiel, von denen aber das mittelste etwas länger und größer ist, als die zwei übrigen.
Ein ander Baum, dessen Namen ich nicht erfahren konte, hatte sehr große, weiche, nervichte und beinahe runde Blätter, der Haselnusstaude nicht unähnlich, doch zwei bis dreimal größer. Die Blume war weis, und hatte eine ungleiche Zahl Blumenblätter, meistens sieben oder neun. Die Frucht ist ein Apfel, demjenigen nicht unähnlich, woraus die alten Weiber in Batavia eine Salbe zu machen pflegen, um die Haut der Kinder nach den Masern damit zu salben, wie ich dieses an einem andern Orte beschrieben habe.
Unter den hiesigen Pflanzen war mir besonders wegen ihrer Schönheit noch eine fleischfarbene Iris merkwürdig. Sie hatte gelbe Striche und eine stachlichte Frucht, von der Größe einer Muskatennus. Sie besteht aus drei Behältnissen, in deren jedem vier schneeweiße, erbsförmige, runde Samenkörner sind.
Alle Schiffe, welche von Batavia nach Siam gehn, haben von der Compagnie Befehl, wo möglich auf dieser Insel Pauli Timon anzufahren, um sich mit frischem Wasser, Holz und Lebensmitteln zu versorgen, wozu sie ohngefähr gerade in der Mitte des Weges eine sehr bequeme Lage hat. Man hat mir gesagt, daß die benachbarte Insel Pauli Oor, nach ihrer natürlichen Beschaffenheit und Einwohnern, nicht sehr von Pauli Timon unterschieden sey, welches auch gar nicht unwahrscheinlich ist. Ich kan aber darüber nichts gewisses sagen, weil unsre Schiffe niemals oder sehr selten auf Pauli Oor anlanden.
Diesen Morgen hatten wir die Einwohner mit einem Schus zum Verkauf ihrer Waaren eingeladen, und durch eben dieses Zeichen wurden wir am Lande Abends um 5 Uhr wieder eingeladen an Bord zu kommen. Wir hatten uns den Tag über im Gebüsch sehr vergnügt, und unser Leinenzeug durch unsre Bediente waschen lassen, da unterdessen das Schif sich hinlänglich mit Wasser versehn hatte. Nach eingenommener Mahlzeit wunden wir unsre Anker auf, und begeben uns um 6 Uhr unter Segel. Pauli Timon lag uns des Morgens bei unsrer Ankunft in Nord=Ost gen Ost, wo es uns ganz schmal und enge vorkam; bei der Abreise aber und in der Entfernung von etwa einer halben Meile, da uns die Insel in Ost=Nordost lag, zeigte sie sich ziemlich breiter, und schien ohngefähr 4 Meilen lang und 2 Meilen breit zu seyn.
Den 21ten Mai Morgens hatten wir Pauli Timon ganz aus dem Gesicht verloren, und sahn die hohen Berge auf den Küsten von Malacca weit vor uns liegen. Wir richteten unsern Lauf nordwestlich, und nach und nach etwas mehr gen Westen, um uns dem Lande schief und von der Seite zu nähern, welches wir denn auch des Abends nebst einigen Inseln völlig ins Gesicht bekamen. Der Wind war den ganzen Tag sehr veränderlich, das Wetter aber doch gut. Wir kamen in der Nacht glüklich neben den erwähnten Inseln vorbei, und befanden uns
Den 22ten Morgens nicht über eine Meilen von dem festen Lande von Malacca, von welchem wir unsern Weg weiter mit einem scharfen Landwinde nach Norden verfolgten. Die Küste von Malacca, so wie sie sich hier zeigte, schien mir der Küste der Insel Seelan (Ceilon) nicht unähnlich. Felsigte Ufer erheben sich zu Hügeln und Bergen, hinter welchen immer höhere Berge hervorragen bis tief ins Land hinein. Alles ist mit Bäumen und Büschen schön bewachsen, und giebt dem Auge eine sehr angenehme Aussicht. Wir hatten diesen ganzen Tag sehr gutes Wetter, und befanden uns nach Sonnenuntergang zwischen dem festen Lande und den zwei Inseln Pauli Capas.
Es war die Nacht über sehr stille, so daß wir den 23ten Morgens diese beide Eilande nur wenige Meilen hinter uns hatten. Wir segelten immer, wie gestern, neben der Küste fort, musten aber Mittags, wegen scharfen und widrigen Windes, vor Anker liegen. Das Land gab noch immer eben den Anblik, wie gestern, nur daß das Ufer etwas mehr sandig und niedriger war. Wir versuchten bald weiter zu segeln, musten aber, wegen plözlich widrigen Windes, die Anker bei einer kleinen felsigten Insel, ohnweit des festen Landes, wieder fallen lassen.
(Wegen dieser häufigen widrigen Winde, und der hier gewöhnlichen, plözlichen und starken, aber nicht lang anhaltenden Stürme, ist es eine Regel bei der Schiffarth von Batavia nach Siam, sich niemals weit vom Lande zu entfernen, damit man desto eher Anker werfen könne, und wenigstens nicht zurükgeschlagen werde, wenn man auch nicht weiter kömt .
Den 24ten Mai, etwa zwei Stunden vor Tage, segelten wir weiter, und kamen nach einigen Stunden, einem Flusse und kleinem Orte auf der Halbinsel Malacca gegenüber, den die Portugiesen auf ihren Charten Buse, die Einwohner aber, welche insgesamt Fischer sind, Terchannu nennen. Er besteht aus ohngefehr 50 Häusern, die längst dem Ufer liegen. Wir sahn hier ein portugiesisch Schif, mit einem Kreuz im weißen Felde in seiner Flagge vor Anker liegen, das, wie die Einwohner sagten, von Makao gekommen war. Es wird hier siamisch und malayisch geredt. Drei Fischer kamen in einem ihrer Fahrzeuge zu uns an Bord, und gaben uns für ein schlechtes Tischtuch und etwa einen halben Eimer Reis so viel Fische, daß wol 20 ausgehungerte Menschen sich daran hätten sättigen können. Unter denselben waren Königsfische, den Hechten nicht unähnlich und beinahe anderthalb Ellen lang; Pferdeköpfe, wie sie die Holländer nennen, die sonst auch Korkuades heißen; rothe Steinbrassen, Salametten und Jakobus Evers. Gegen Abend war es so stil, daß wir unsre Anker in der Gegend verschiedner kleiner Inseln, welche Redansinseln heißen, fallen ließen. Einige unsrer Leute machten sich ein Vergnügen mit Angeln, und fingen einen schönen Meerstern. Er bestand aus neun Stralen, deren jeder beinahe anderthalb Spannen lang war, so daß der ganze Stern von einem Ende zum andern einen Durchmesser von völlig drei Spannen hatte. Die Oberfläche war so rauh anzufassen, als wenn sie ganz mit Schuppen besezt wäre. Der Mittelleib, der zwei Zol Dicke hatte, war ein besondrer erhabner schwarzer Stern mit neun kurzen Stralen. Im Mittelpunkt war ein großes rundes Loch oder Maul, das zwei Reihen feiner Fasern oder Fidern umgaben. Die großen Stralen waren viereckigt, fingersdik, liefen gerade zu, hatten eine dunkelweiße Farbe, die nur oben durch queerüber laufende schwarze Striche tygermäßig geflekt war. Beide Ecken waren hier bis zur äußersten Spitze mit einer Reihe kurzer Stacheln besezt, die sich nach der Länge schließen. Die Unterfläche dieses Geschöpfs war etwas sanft anzufühlen, von weißer Farbe, und jeder Stral an seinen Ecken mit einer Reihe kleiner Füße, wie ein indianischer Tausendfus, besezt, welche durcheinander eine verwirte komische Bewegung machten. Der Mittelleib hatte eine mäßige Hölung, und von demselben lief in jeden Stral eine Höle hinunter. Die innere Substanz war weis, härtlich und so spröde, daß die Stralen mir unter den Händen zerbrachen.
Den 25ten konten wir wegen des unbeständigen Windes kaum sechs Meilen zurüklegen. Die malaccischen Ufer waren noch wie gestern ziemlich niedrig, und wie wir aus dem Rauch und einigen elenden Fischerkänen schließen konten, bewohnt. Tief im Lande zeigten sich sehr hohe Berge, deren verschiedne in Dampf und Nebel verhült waren. Gegen Abend erhub sich ein sehr starker Landwind.
Den 26ten währte dieser Wind bis Mittags fort, da er durch einen Sturm gelegt wurde. Dies zwang uns auch anzulegen. Die Nacht über fingen wir viel Fische.
Den 27ten segelten wir bei günstigem Landwinde und gutem Wetter weiter fort, und bemerkten, daß das Land an einigen Orten gebrochen, an einigen sehr niedrig, an andern etwas höher war, angenehme Hügel, und zwischen ihnen anmutige Thäler hatte.
Den 28ten hatten wir beinahe das Vorgebürge Patany erreicht, als der Wind Nordwest gen West wurde, so daß wir bis Mittag nur laviren musten, nicht viel weiter kamen, und endlich gezwungen wurden, die Anker ganz fallen zu lassen. Es kamen einige Fischer zu uns an Bord, und verkauften uns Fische, für welche sie weiter nichts als ein Tischtuch foderten. Unter andern fand ich unter diesen Fischen auch den, welchen unsre Matrosen Seekatze nennen. Dieser Fisch ist ein wahres Ichthyothurion, da er weder Gräten noch Fasern wie andre Fische hat. Wir fanden ihn auch in Menge auf unsrer Farth nach Japan, wo ich ihn daher umständlicher beschrieben habe.
Die Einwohner von Malacca sowol auf dieser als jener Seite der Halbinsel, und eben so auch die auf den Inseln lieben über alles Leinwand, die sie gern für ihre Waaren, welche meistens in Lebensmitteln bestehn, zum großen Vortheil des Käufers austauschen. Diese Einwohner sind meistens Fischer und gute Schwimmer, die fast ihr ganzes Leben auf der See zubringen. Die Menschen auf den nicobarischen Eilanden, (welche auf der andern Seite der Halbinsel, auf dem Wege von Malacca nach Bengalen liegen,) sollen, wie ich von verschiednen Bothsleuten, die Augenzeugen waren, gehört habe, so trefliche Schwimmer seyn, daß sie dem Schiffe im vollen Segeln nachschwammen, und es erreichten, und dabei dann und wann aus dem Wasser hervorschossen. Sie hängen bei diesem Schwimmen die Waaren, welche sie verkaufen wollen, um den Hals, und besonders pflegt fast ein jeder ein Stük Ambra in dem Tuch, womit sie die Schaam bedecken, eingewunden mit sich zu bringen, wofür sie denn Fischangeln und mancherlei kleine Waren, am liebsten aber Leinwand eintauschen. Sie bringen alles sehr geschwind an Bord, und wenn sie das Schif einmal erreicht haben, so klettern sie mit ungemeiner Geschwindigkeit an jedem Orte des Schifs, wo sie zuerst ankommen, hinauf. Sie sollen durchgehends sehr große, starke Menschen seyn, mit breitem Munde und großen Zähnen. Wenn blos zum Scherz geschossen wurde, tauchten sie alle unter Wasser, kamen aber hernach wieder hervor und kletterten das Schif hinan. Die Portugiesen kommen sehr oft auf diese Inseln, Ambra, Ambra zu, und winkten ihnen aus Land zu kommen. Sie haben ihre eigne Sprache, verstehn aber doch etwas malayisch, portugiesisch und holländisch. Es ist gewis, daß sie noch ganz wild sind, und Europäer, die ihnen in die Hände fallen, fressen. Doch sollen sie bei weitem nicht so grausam seyn, als die Bewohner der Andemansinseln, welche nicht gar weit von den nicobarischen, nach Bengalen zu, liegen. Die Brachmanen behaupten, daß die Einwohner der Andemanseilande eingefleischte Teufel wären, daß die Selen der verdamten Menschen in sie fahren, und daß sie alle hinten einen fingerlangen Schwanz haben. Die Untiefe und verborgnen Klippen maches es schwer, diesen Inseln beizukommen. Diejenigen aber, welche ein Schifbruch oder Zufal hieher verschlägt, können sich nicht viel Gutes versprechen.
Den 29ten Mai sezten wir unsre Farth zwei Stunden vor Tage mit schwachem Landwinde fort, und brachten die meiste Zeit mit Laviren zu, bis wir endlich genöthiget wurden, die Segel ganz einzuziehn, theils, weil wir fast gar nicht weiter kamen, theils auch weil wir einen Sturm aus Norden befürchteten, wo der Himmel ganz mit schwarzen Wolken bedecket war. Wir hatten uns bei dieser Furcht so wenig betrogen, daß der Sturm uns schon befiel, als wir noch mit dem Einziehn der Segel beschäftiget waren. Und obgleich dieser Sturm nur zwei Stunden anhielt, so war uns doch der Wind noch immer so sehr entgegen, daß wir diesen ganzen Tag und die folgende Nacht vor Anker lagen, und nicht eher als den folgenden Morgen unter Segel gehn konten.
Ich kan mich nicht enthalten, hier die merkwürdige Geschichte des Schifbruchs und der Erhaltung eines gebornen Japaners mitzutheilen, der sich mit auf unserm Schiffe befand, und mir bei dieser Gelegenheit seine Begebenheit erzählte. Dieser Japaner hies Hanjemon, war ein sehr aufrichtiger, verständiger Man, von Firando gebürtig, und hatte sich nachher in Siam niedergelassen. Er verstand die tunquinsche, kochinsinische, sinesische, siamische und malabarische Sprachen. Im Jahr 1682 unternahm er auf einer großen siamischen Junke eine Reise von Siam nach Manilla auf den philippinischen Inseln. Der Steuerman war ein Portugiese, die Manschaft in der Junke betrug zusammen 64 Personen. Ohngefehr zwei Meilen von einer sehr niedrigen flachen Insel, (welche die Portugiesen Visia grande nennen) hatten sie das Unglük, auf einer verborgnen Klippe bei gutem Wetter zu stranden. Der Steuerman war nebst noch neun andern so glüklich, sich in dem gewöhnlichen kleinen Boot oder Schuyt zu retten. Sie kamen nach sechs Tagen in Tunquin an, und reiseten von da wieder nach Siam zurük. Viele andre wurden mit dem, was sie am ersten zu ihrer Rettung ergreifen konten, seewärts eingetrieben, und da man weiter nichts von ihnen erfahren hat, bleibt die Vermuthung, daß sie alle oder wenigstens die meisten ihr Leben auf eine elende Art verloren haben. Hanjemon und noch dreizehn andre kamen glüklich auf der erwähnten Insel an, die nur zwei Meilen von dem Ort, wo sie strandeten, entfernt war. Dieses Eiland Visia grande gehört zu den Philippinen, liegt nicht weit von der großen Insel Lucon (Luzon) oder Manilla, ist sehr flach und niedrig, ohne Gebürge und Holz, nicht aber ohne Kräuter und Bambus, 357 Faden breit und 363 lang. Hanjemon und seine Gefährten fanden hier eine große Menge Vögel, die so zahm waren, daß sie sich mit Händen greifen ließen. Er bemerkte nur vier verschiedne Gattungen unter diesen Vögeln, alle aber hatten große Schnäbel. Diejenige Gattung, welche die Portugiesen Parginge nennen, und oben schwarz, unten weis ist, that ihnen besonders gute Dienste mit ihren Eiern, die so gros wie Hüner= oder Enteneier waren, und welche sie das ganze Jahr durch genießen konten. Auf den Küsten fingen sie große Schildkröten, die ihnen sechs Monate im Jahr zur Abwechselung mit den Vögeln dienten. Unter den Pflanzen fanden sie die große Wurzel Dracontium, welche in Indien gegessen wird, wenn der scharfe Saft ausgeprest ist. Sie fiengen auch hernach Fische, nachdem sie von angetriebnem Holz ein Flös verfertigt, und damit von dem Werk des verunglükten Schifs Holz, Eisen und zum Fischfang gehörende Werkzeuge bei stillem Wetter geholt hatten. Durch Reiben der Bambusrohre machten sie Feuer , und den Abgang ihrer Kleider ersezten sie durch die Häute und Federn der Vögel; die sie, so gut sie vermochten, zusammenfügten. Anstat der Töpfe dienten ihnen die großen indischen Muscheln, welche die Holländer Vader Noachs Schulpen nennen, welche aber nur die Unbequemlichkeit hatten, daß sie das Feuer nicht lange aushielten.Doch lehrte ihnen noch der längere Gebrauch, daß sie, mit dem Blut der Vögel beschmiert, viel fester würden, und dann ziemlich lange das Feuer aushielten. Auf diese Art mangelte unsern Verschlagnen bald nichts zu ihrem Lebensunterhalt, als Wasser, welches sie auf der Insel gar nicht fanden. Sie gruben, um diesem Mangel zu begegnen, Hölen in die Erde, worin sie das Regenwasser samleten, und es hernach in ihren Töpfen, den erwähnten Muscheln, verwahrten. Eben so sorgfältig samleten sie alles Holz, das an die Insel angetrieben wurde, um sich desselben gelegentlich zu bedienen. Auf diese Art lebten sie auf der Insel acht Jahre, und zweifelten gar nicht daran, daß sie auf derselben auch noch ihr Leben würden beschließen müssen. Endlich aber wurden sie ihrer Lebensart auf dieser öden Inseln so überdrüssig, und die Begierde, ihre Freunde und Bekante wieder zu sehn, regte sich so stark bei ihnen, daß alle, welche noch am Leben waren, einmüthig sich entschlossen, aus dem gesamleten Holze ein Fahrzeug, oder um es richtiger auszudrücken, ein Ungeheuer von Fahrzeug zu erbauen, und sich mit demselben dem stürmischen Meer zu überlassen. Lieber wolten sie ihr Leben ganz verlieren, als länger auf eine Art zubringen, die ihnen so armselig und traurig vorkam. Drei von ihnen waren auf der Insel gestorben, und elf waren also noch übrig, welche sich mit ihrem Fahrzeuge dem Meere übergaben, und es darauf ankommen ließen, wo sie ihr gutes Glük hinführen würde. Nachdem sie 31 Tage herumgetrieben waren, kamen sie endlich in den Meerbusen von Tunquin an die große Insel Haynam, und zwar zu ihrem guten Glük an die Küste gegen Canton über, welche von Sinesen bewohnt ist, da die andre Seite der Insel, Cochinsina gegenüber, von einer sehr wilden Nation, (die man sogar für Menschenfresse hält) bewohnt seyn sol. Der sinesische Gouverneur der Insel nahm diese Unglüklichen sehr gütig auf, versah sie mit Kleidern, und schikte sie nachder berühmten portugiesischen Handelsstadt Makao, von welchem Ort drei auf einem portugiesischen Schif nach Batavia kamen. Hanjemon reisete nun mit uns nach Siam, erfuhr aber zu seinem großen Verdrus, daß seine Frau, der langen Abwesenheit ihres Mannes überdrüssig, sich an einen Portugiesen wieder verheirathet, und mit demselben schon einen Sohn erzeugt habe.
Nach dieser kurzen Digression wollen wir unsern Lauf am 30sten Mai fortsetzen, der aber wenig betrug, weil wir wegen des widrigen Windes schon Nachmittags vor Anker liegen musten.
Den 31ten Mai früh, als wir noch kaum eine Stunde fortgesegelt hatten, wurden wir von einem ausnehmend heftigen Sturm ohne Regen so plözlich ergriffen, daß wir kaum die Segel einnehmen, und die Anker fallen lassen konten. Unsre Foksen oder Vorbramstangen wurden sogleich zersplittert, und fielen theils ins Schif, theils über Bord, wobei zwei Menschen, die vorne auf den Bramstangen standen, das Unglük hatten, mit über Bord zu fallen. Der eine wurde bald mit Stangen und Seilen wieder gerettet, weil er dicht neben dem Boot niederfiel. Der andre ergrif das Seil, womit das Boot an das Schif gebunden war, und hielt sich an demselben doch so lange, (obgleich das Schif wie ein Pfeil fortschos,) bis er von zweien, die im Boot saßen, nicht ohne große Mühe und Gefahr gerettet wurde. Beide schienen äußerlich an den Knochen unbeschüdigt; der eine aber klagte heftig über Schmerzen in der Brust, so wie der andre in den Seiten. Es war noch unser Glük, daß gerade die Vorderbramstange brach, weil sonst die große Stange würde in gleiche Gefahr gekommen seyn. Kaum waren die Segel eingenommen, und die Anker geworfen, so legte sich auch schon der Sturm. Wir brachten aber den ganzen noch übrigen Tag mit Verfertigung einer neuen Stange zu.
Den 1sten Junius wandte sich der Wind gen Süd=Südwest, dann Südwest, und wurde endlich ganz Südwind. Wir suchten nun unsre Segel so gut als möglich zu gebrauchen, um das Schif einigermaßen im Gleichgewicht zu erhalten, da unsre Stange noch nicht aufgesezt war. Unsre Richtung war meistens westlich; Nachmittags wurde es so stille, daß wir Anker werfen musten. Wir fingen hier viele Fische; gegen Abend waren unsre Stangen endlich völlig aufgesezt, und wir bekamen nun einen guten forttreibenden Landwind, welcher nicht eher als den 2ten Jun. Mittags aufhörte.
Heute und gestern war das Land ganz flach und niedrig, das Wetter aber gut und klar, nur gegen Abend um den Horizont etwas schwarz und wolkicht.
Nachdem wir die Nacht weiter fortgefahren, befanden wir uns den 3ten Jun. dem ligorischen niedrigen Lande und einem Flusse gegenüber, der dort in die See läuft. Nicht weit davon war die Küste wieder bergicht.
Den 4ten Jun. erreichten wir drei ziemlich große, in diesem Meerbusen unter dem 10ten Gr. der Br. gelegne Inseln, die man noch zu den ligorischen Landen rechnet, weil uns der Wind heute sehr günstig war. Die erste dieser Inseln, welche auf den Charten Puli Cornam heist, hatten wir des Morgens zur Seite; gegen Mittag erreichten wir die Insel Puli Sancarii, die gerade unter dem 10ten Gr. der Br. liegt; gegen Abend sahn wir auch die dritte Puli Bordia, zur Linken gegen W.S.W. Wir glaubten auch damals schon das Land Kui zu erkennen. Die Nacht über war der Wind ziemlich scharf, und wir konten die Obersegel nicht gebrauchen.
Den 8ten waren wir dem Lande Kui zur Seite. Es liegt ohngefehr in der Gegend, wo auf den gewöhnlichen Charten eine Insel dicht am Lande und in der Mündung eines Flusses gezeichnet ist, der sich dort in die See ergiest. Das Wetter war heute ganz trübe und dunkel mit Regen, nur dann und wann wehte ein günstiger Wind aus S.W. oder S.S.W. auch wol ganz S. Wir richteten unsern Lauf immer längst dem Strande hin, der hier ganz rauh, mit vielen hohen Bergen besezt, und der Küste von Schweden nicht unähnlich ist. Auch hier sah ich in der See vor dem Lande viele rauhe, dürre, theils unbebauete, theils unbewohnte Klippen und kleine Inseln, vor welchen sich die Schiffer wohl in Acht nehmen müssen, welches aber nicht leicht ist, da von diesen Klippen in unsern gewöhnlichen Seekarten gar keine Erwähnung vorkömt. In der That wundre ich mich, daß sowol hier als überhaupt nicht mehr Unglüksfälle in der Schiffarth vorfallen, da unsre Seecharten so außerordentlich unrichtig sind, daß man sich schlechterdings nicht auf sie verlassen kan.- Wir bekamen einige genauere Nachricht von dieser Küste durch einen siamischen Kaufman, Monproncena, der des verstorbnen Königs von Siam Faktor auf dieser Insel war, bei den Unruhen, (die ich im folgenden Kapitel erzählen werde,) von den Franzosen seiner und verschiedener königlichen Güter beraubt, hernach aber von dem Gouverneur zu Paliakatta wohl aufgenommen, bekleidet und nach Batavia geschikt wurde. Dieser Man nante die gröste unter den erwehnten felsigten Inseln Samajotn. Er nante uns auch folgende Orte, welche an dieser Küste oder auf den benachbarten Eilanden Kui oder Koi, bis zur Mündung des Flusses Meinam in folgender Ordnung liegen sollen. Die vielen Inselchen und Klippen, welche dicht vor uns lagen, nante er zusammen Pran oder Pranj; dann, sagte er, folge Czam oder Ceam, dann Putprich, dann Isan, dann Mayaklon, dann Tatzyn oder Satzyn, endlich die Mündung des Flusses Meinam, der in siamischer Sprache Pagnam Taufia heist.
Den 6ten Jun. des Morgens waren wir etwas verschlagen, und hatten zur Rechten die kleinen Inseln bei dem Vorgebürg Siam ohngefehr vier Meilen von uns. Zur Linken sahn wir auch verschiedne hohe Berge und Inseln, welche ich, weil sie kaum zu erkennen waren, sechs bis sieben Meilen von uns entfernt hielte. Wir hatten sonst uns in unsrer Rechnung etwas betrogen. Weil der Wind ziemlich heftig aus S. und S.W. gen W. kam, so hatten wir in voriger Nacht die großen Segel eingezogen, aus Furcht, dem Lande, das wir sehr nahe vermutheten, zu nahe zu kommen, oder gar gegen dasselbe anzufahren.
Ankunft in Siam.
Nachmittags kamen wir noch glüklich auf der Rhede von Siam an, und ließen gegen Abend, nach der Ablösung von fünf Kanonenschüssen, unsre Anker fallen, in einer Gegend, wo die Mündung des Meinam gerade gegen Norden, drei Meilen von uns entfernt war. Vor uns sahn wir hier an beiden Ufern des Flusses niedrig gebüschichtes Land, zur Rechten Berge, zur Linken die See.
Den 7ten Jun. segelten wir in Geselschaft der Herren Gudward und van Lohn mit gutem Winde auf die Mündung des Flusses zu, über einen sehr schlammichten Meergrund und verschiedne Leimbänke. Wir fanden in dieser Gegend viele kleine Fischerkähne, nebst verschiednen Anzeigen der Tiefe für die Schiffe, welche zuweilen den Strom hinauffahren. Hart an der Mündung desselben sahn wir eine Menge sinesische und andre Junken liegen, vor denen wir kaum unsre eignen Masten sehen konten. An der Mündung sind einige breite Landspitzen, die aber aus bloßem Schlam bestehn, und bei hohem Wasser völlig überschwemt werden. Zu beiden Seiten sieht man auch einige Schanzen, auf die man Kanonen pflanzen kan. Bei Gelegenheit der neulichen französischen Unruhen hatte man an verschiednen Stellen des Flusses dergleichen Schanzen aufgeworfen. Wir kamen gegen Mittag in unsrer Faktorei Amsterdam an, die eine Meile von der Mündung liegt, und wurden von dem daselbst residirenden Commandanten, der Core hies, und ein Schwede von Geburt war, mit vieler Höflichkeit empfangen.
Den 8ten Jun. versuchte ich es, so wie schon vorigen Abend, im Walde herumzugehn und siamische Kräuter zu suchen, welches immer eine Hauptbeschäftigung für mich auf allen meinen Reisen war. Ich konte aber doch meine Wisbegierde hierin nicht hinlänglich befriedigen, weil ein großer Theil des Waldes unter Wasser stand, und der übrige durch Tiger und andre wilde Thiere sehr unsicher gemacht wurde. Ich fand nur verschiedne Gattungen Farnkraut, worunter auch verschiedne europäische waren, einige gramina cyperoidea, eine sehr schöne alcea frutescens, nebst verschiednen andern Pflanzen, welche ich besonders beschrieben habe. Ein alter, der Kräuter sehr kundiger Man, versicherte mich, daß der anacardus um Bankok sehr häufig wachse. - Unsre Schuyte wurde heute wieder an Bord geschikt, um vier Kisten Geld von dort abzuholen.
Den 9ten Jun. giengen wir mit unsrer Schaluppe den Flus hinauf, und belustigten uns mit Schießen der Affen, welche sich in Menge am Ufer und auf den Bäumen befinden. Abends spät kamen wir die Festung Bankok vorbei, wo die von den Franzosen rechter Hand aufgeführte Schanze nunmehrzerstöhrt war. Wir lagen hier einen guten Theil der Nacht über vor Anker.
Den 10ten sezten wir unsre Reise noch vor Tage weiter fort. Das Ufer wurde nun anmuthiger, und war nach und nach mehr mit Häusern und Dörfern besezt. Ich habe die Namen der verschiednen Orte in meiner Charte angezeigt, welche ich diesesmal im Hinauffahren vom Laufe des Flusses verfertigte, und nachher, als ich ihn herunter fuhr, nochmals verbesserte. Gegen 10 Uhr erreichten wir eine kleine Insel im Flusse, auf der viele Talapoins wohnten, und verschiedne Tempel waren. Ich sahe auch drei sitzende und einen stehenden großen Abgott, die mit ganz verguldeten Mandarinsmützen angethen waren. Gegen 40 kleinere Götzen standen zu den Füßen dieser großen. Nach eingenommener Mittagsmalzeit fuhren wir zwischen lustigen, grünen Ufern fort, und ließen vor Einbruch der Nacht nur noch wenige Meilen von der Hauptstadt Juthia unsre Anker fallen.
Ankunft in Juthia.
Den 11ten kamen wir noch vor 9 Uhr, da der Gottesdienst angieng, (denn es war Sonteg) in unsrer unter Juthia gelegenen Faktorei glüklich an. Diesen Abend wurde dem Residenten angezeigt, daß er sich morgen zu Hause halten müsse, weil der König ausfahren wolle. In diesem Fal mus in Siam Jederman sich verkriechen; in Persien doch nur, wenn das königliche Frauenzimmer ausfährt. Es herscht alsdann die gröste Stille, und alle Fenster sind verschlossen. Wenn der König oder seine Weiber einem von ohngefehr auf dem Felde begegnen, so mus man mit dem Gesicht sich sogleich zur Erde niederwerfen, und diesen erhabnen Personen aus Ehrerbietung den Hintern zeigen, bis sie mit ihrem ganzen Gefolge vorüber sind.
Begräbnis der Mutter des Berklam's
Den 12ten, um 4 Uhr Nachmittags, wurde des Berklam's oder obersten Reichskanzlers (der zugleich alle auswärtige Geschäfte besorgt) Mutter verbrant und begraben. Die Siamer haben aber die Gewohnheit, auch ihre Ammen, Mütter, so wie diejenigen, Brüder und Schwester zu nennen, welche mit ihnen gleiche Brüste gesogen haben. So war diese Frau auch nicht des Berklam's Mutter, sondern seine Amme. Das Leichenbegräbnis vornehmer Personen in Siam ist ausnehmend prächtig. Die Leiche wird zuerst in einem prächtigen, stark verguldeten Fahrzeuge mit Trommeln und Musik nach dem Verbrennungsplatze übergeführt. Sie liegt dann entweder in einem Sarg, oder sizt in einem kleinen Hause, so daß man sie sehen kan. Gemeiniglich stinkt aber diese Leiche schon sehr, weil zu der Einrichtung des Begängnisses viel Zeit erfordert wird, obgleich vornehme Personen, wenn sie gefährlich krank sind, schon bei ihrem Leben daran arbeiten lassen. Der Sarg ist ein länglicht viereckigter Kasten, unsern europäischen Särgen nicht unähnlich, entweder verguldet oder mit Papier beklebt, das mit Gutta Gamba und Zin verguldet wird. Er steht auf einer zwei bis drei Mans hoch erhabnen, verguldeten und gleichfals mit vielen Leisten, Säulen sc. sehr schön ausgezierten Todtenbar. Das Fahrzeug, so die Leiche fährt, wird gemeiniglich von einem andern begleitet, das eine thurmweise erhabne Pyramide hat. Vor und nach folgen viel andre kleinere Fahrzeuge, welche in der Mitte eine von Bambusrohr verfertigte, mit güldnem Papier und Kronen ausgezierte Spitze tragen; die beigefügte Figur wird den deutlichen Begrif davon machen. Diese verschiedne Fahrzeuge mit den darin angebrachten Pyramiden und andern Zierrathen liegen, während daß die Leiche verbrant wird, am Ufer des Flusses stille. Auf diese Art wird die Leiche in Begleitung vieler Talapoins unter beständiger Musik nach dem Begräbnisorte gebracht, daselbst auf den Scheiterhaufen gelegt, und nebst dem Sarge verbrant. Die übergebliebnen Gebeine und Asche werden nach der Verbrennung gesamlet, und in die Erde geschart. Ueber denselben wird dann, nach dem Stande und Vermögen der Person, eine kostbare Pyramide aufgerichtet. Der Plaz, wo des Berklam's Mutter begraben wurde, war am Ufer zweier Arme des Stroms, der Stadt gegenüber, mit einer Reihe von kleinen Fahnen und andern Zierrathen ins Gevierte, wie eine Palissade umzogen. Mitten auf dem Plaz stand ein mit vielen Säulen zierlich und kostbar aufgerichteter, und mit verguldetem Papier ganz überklebter hoher Thurm mit zwei Pforten, gerade eine der andern gegenüber. Unter diesem Thurm wurde der Leichnam in einem kostbaren Sarge verbrant, und der König, welcher die Verdienste des Berklam's sehr schäzte, zündete selbst den Scheiterhaufen, der aus sehr seltnem Holz zusammengesezt war, zuerst an. Auf einer Seite dieses Kirchhofes war auch noch ein besondrer Plaz dazu eingerichtet, die Talapoins zu bewirthen, nachdem sie alle ihre Ceremonien verrichtet hatten. Man gieng durch eine Pforte hinein, die mit vielen verguldeten Tüchern belegt war.
Audienz bei dem Berklam.
Einige Tage hernach hatte unser Resident, Herr van Hoorn, in Begleitung noch zweier Männer, die die siamische und andre asiatische Sprachen sehr gut verstanden, des Herrn Daniels und Hrn. Moses Brokborde, eine feierliche, öffentliche Audienz bei dem Berklam. Der Capitain unsers Schiffes, und meine Wenigkeit wurde auch noch bei derselben zugelassen. Die Ursache dieser Audienz war, dem Berklam und dem König die Briefe und Geschenke zu übergeben, die wir mitgebracht hatten. Des Morgens zwischen 7 und 9 Uhr am Tage der Audienz, kamen vier Operas oder Reichsräthe in unserer Faktorei zu uns. Einer derselben hies Opera Tsijat, ein Hindostaner, jezt überhaupt der Mohren, d. i. der Mohammedaner; auch Sjabander des Königs, d. i. Zolmeister über alle einkommende Waaren. Er war nach der Landesmanier mit reichen Goldstücken und einem Tulban bekleidet. Der andre war ein siamischer Mandarin, ein Herr von 80 Jahren, und dann bemerkte ich noch einen Sineser mit aufgewundnem Haupthaar, übrigens aber wie ein siamischer Mandarin gekleidet. Diese Herren wurden nebst ihrem Gefolge auf unsrer Faktorei von dem Residenten mit Confitüren und Brantewein bewirthet; der Mohr aber und noch ein Siamer wolten nicht trinken. Ihre Prauen oder Fahrzeuge waren sehr artig und noch mehr prächtig, vor allen aber dasjenige, welches die Briefe für den König und den Berklam überbringen solte. Es war in demselben Niemand als der Dolmetscher. Der Gestalt nach war dieses Fahrzeug den andern nicht unähnlich; nur größer und der Vorder= und Hintertheil mehr erhaben. Aus dem nebenstehenden Kupfer kan man sich den besten Begrif davon machen. Etwas sonderbares bei dieser Prau war noch dieses, daß alle Ruderknechte Hemde oder ungefutterte Röcke von grobem Leinwand, und gelbe oder weiße platte Mützen, ebenfals von Leinwand trugen. Der Stuhl in diesem Fahrzeuge war mit grüner, weißer und gelber Leinwand überzogen, und hatte zu jeder Seite eine Bank. Der Stuhl war aber über beide erhaben, nach der Sitte des Landes, da Personen vom hohen Range allemal erhabener als andre sitzen müssen. Zu jeder Seite des Stuhls hatte man ein Schwert und eine Stange befestigt, die mit Gold überzogen und mit kostbaren Steinen besezt waren. Dies sind Zeichen der höchsten Gewalt, welche alle Mandarine bei feierlichen Gelegenheiten sich nachtragen lassen. Diese Staatsschwerter haben Klingen von Manslänge, daß man damit wie mit einer Sense um sich hauen kan.
Der Staatsstuhl, von dem ich geredet habe, ist aus verschiednen Stücken zusammengesezt. Unten liegt die erste Lage mit den Ruderbänken volkommen gleich, etwa eine Spanne hoch über das Schifsbort erhaben. Sie ist ohngefehr vier Schritte lang und so breit als das Fahrzeug, mit Leist= und Schnizwerk künstlich geziert. Mitten auf dieser ersten Lage liegt eine andre kleinere, aber etwas höher erhaben und auf gleiche Art ausgeziert, beinahe viereckigt. Auf dieser zweiten Lage steht ein vergoldeter vierfüßiger Stuhl, über welcher ein gebogener Himmel ausgespant ist, der an beiden Seiten des Fahrzeugs über das Wasser hervorragt, und mit zwei eisernen Klammern festgemacht ist. Dieser Himmel ist aus Bambusrohr und Leder gemacht, inwendig schwarz, von außen aber entweder ganz verguldet oder auch nur mit einem breiten guldnen Strich auf schwarzem oder rothem Felde ringsherum geziert.
Wir fuhren nun in folgender Ordnung zur Audienz: Zuerst Opera Tsijat, der Mohr; dann die drei andere siamische und sinesische Mandarine; dann die Prau mit den Briefen an Seine Majestät und den Berklam, welche zugleich in malayischer und holländischer Sprache geschrieben waren. Sie wurden zuerst in Gold durchwirkten Beuteln verwahrt, und lagen in denselben auf einer güldnen Schale, welche mit künstlich durchwirktem Tuche bedekt, und nach Landesart in eine mit Perlmutter besezte Pinangsbüchse gelegt war. So verwahrt wurden diese Briefe gerade in die Mitte des gehimmelten Stuhls gesezt. Der Dolmetscher und Ueberbringer sas vor den Briefen auf einem Teppich.
Nach der Prau mit den Briefen folgten wir in einem kleinen Fahrzeuge, das einen rothen Himmel hatte. In dieser Ordnung fuhren wir der Länge der Stadt nach den Strom hinauf nach des Berklams Hause, woselbst dieser erste Minister öffentliche Audienz giebt, und sich in seiner ganzen Pracht und Herlichkeit sehn läst. Wir stiegen ohnweit dieses Hauses an Land, und machten den übrigen Weg zu Fuße. Der Vorhof war sehr kothig, doch etwas besser als der Vorhof seines andern Hauses, (denn dies war eigentlich nur Audienzsaal) wo wir vor einigen Tagen eine Privataudienz gehabt hatten. Sogleich wie wir in diesen Hof kamen, bemerkten wir zur linken Hand ein offen viereckigt Haus, oder vielmehr eine ofne große Kammer ohne Mauern, mit Brettern belegt, und mit vielen Menschen angefült. Rechter Hand war ein Stal, in dem ein aufgepuzter großer Elephant stand. Wir giengen aber gerade aus, eine steinere Treppe hinauf, zu dem eigentlichen Audienzsaale, da wir zuvor, der Landessitte gemäs, unsre Schuhe abgelegt hatten. Dies Audienzhaus bestand nur aus einem Zimmer, wie eine Kirche. Inwendig war es weis, aber wohl bestäubt; und mit Spinwebe reichlich behangen. An jeder Seite bemerkte ich sieben viereckigte Säulen, auf denen das hölzerne Oberstrich ruhete, welches bis in den dritten Theil des Dachs erhaben, und mit rothem Laubwerk ganz artig bemalt war. Jede Säule war in der Mitte mit einer langen sinesischen Kupferplate behangen. Dem Raum zwischen den Säulen gerade gegenüber war in der Mauer ein langes Fenster, mit Schiebbrettern versehn. Man kam durch zwei Thüren in den Saal hinein, und zwischen diesen war auch ein Fenster. Inwendig, längst den Pfeilern, war eine lange Stange von Bambusrohr befestigt, und mit schlechtem weißen Tuch behangen. Hinter derselben saßen und lagen des Berklams Bediente, die keine Mandarins waren, ohne Ordnung durcheinander. Vor der Bambusstange saßen längst derselben hin die Mandarine. Oben an zur Rechten des Berklams Oja Tewijata, ein Mohr und Oberaufseher der königlichen Elephanten; zur Linken Oja Pipat, oder Unter Berklam, beide mit goldnen Borsetten vor sich. Borsetten sind kubische Büchsen von Pinang, und besondre Gnadenzeichen des Königs, die er seinen Mandarins von höherm Range zugleich mit ihrem Titel schenkt; doch hält man die Sache so wichtig, daß der König niemals ein dergleichen Geschenk macht, ohne vorher seine Astrologen um Rath zu fragen. Unter diesen beiden vornehmsten Mandarins saßen nun noch eine gute Anzahl andrer siamischer, sinesischer und mohrischer Mandarine. Ich konte ihrer rechter Hand drei und zwanzig, und linker Hand ein und zwanzig zählen, von welchen oben an sieben waren, welche güldne, und etwa zwei, welche silberne Borsetten vor sich stehn hatten.
Unsre Briefe wurden nun mit dem Beutel, Becken und übrigen Zierrathen auf einen Stuhl niedergesezt, etwa vier bis fünf Schritte von dem Berklam. Wir sezten uns in der Mitte gerade zwischen beiden Reihen der Mandarine nieder; da uns dann sogleich vier erhabene Pinangbecken mit gespiztem Betel und Pinangs, die mit Jesminen und andern Blumen ganz überstreuet waren, vorgesezt wurden. Der Berklam selbst sas (ohne Zweifel weil er hier die Person des Königs vertrat) in einem zugemachten Zimmer hinter einem bunten Tuch, das über eine bambusne zwei bis drei Fus von dem Boden erhabene Stange gelegt war; so daß man nur seinen Oberleib sah. Vor ihm standen zwei güldne Schirme, an jeder Seite einer, so daß man nur den Obertheil seines Körpers sehn konte. Hinter ihm lagen zwei güldne Dolche auf zwei Küssen, bei welchen zwei von den vorhererwähnten Mandarinssäbeln mit langen Stielen stunden. Noch weiter hinter ihm an der Mauer waren zwei europäische Gemälde übereinander gestelt, und diese Mauer war ringsherum, nach der Landesweise, mit Blumwerk bemalt. Nachdem wir uns nun auf diese Art alle gesezt hatten, lies der Berklam durch den Dolmetscher unsern Residenten, Mynheer van Hoorn befragen, wie sich der Generalgouverneur unsrer ostindischen Compagnie befände? wie lange er schon in Indien sey? wie viel Truppen wir jezt zu Batavia und Bantam unterhielten? welches von diesen beiden das beste Land wäre? und auch, wer der Schiffer und ich wären? nebst verschiednen Fragen der Art mehr. Nachdem sie hinlänglich beantwortet waren, wurden die Beutel aufgeschnitten, die Briefe herausgenommen, und, nachdem sie verschiednen der gegenwärtigen Mandarins durch die Hände passirt waren, laut abgelesen. Da der Dolmetscher verschiedne Ausdrücke in dem malayischen Schreiben nicht verstand, musten sie ihm die Herrn, Moses und Daniel, erklären. Nachdem die Audienz ohngefehr dreiviertel Stunden gewährt hatte, begaben wir uns von dem Sohn des Berklams, der bisher hinter dem Stuhl seines Vaters gesessen hatte, begleitet, durch sein andres Haus nach unsrer Prau, die unter der Zeit dorthin gebracht war, und fuhren dann nach der Mahlzeit ab, die schon unsrer wartete.
Es ereignete sich übrigens während unsers Aufenthalts in Siam nichts Merkwürdiges; außer daß gegen Ende des Monats durch die ganze Stadt ein königlicher Befehl bekant gemacht wurde, daß Niemand in dem Flusse sich waschen oder baden solte. Die Ursache dieses Befehls, sagte man mir, sey, daß einige Tage hintereinander verschiedne Menschen von giftigen Wasserschlangen gebissen, und sogleich darauf gestorben wären. Diese Schlangen sollen nicht über eines Fingers lang, und nicht dicker, als ein Blutsauger seyn, braun und blau von Farbe. Nur alle sieben, zehn oder mehr Jahre stellen sie sich einmal in dem Flus ein. Ich sahe nach diesem Vorbot doch verschiedne, welche in ihren Fahrzeugen sich nur mit dem Wasser abspülten; da die Siamer des Wassers eben so wenig als die Fische entbehren können. Um sie zu desto besserer Befolgung des königlichen Befehls zu verpflichten, wurde noch verordnet, daß die hinterlasne Erben eines am Schlangenbis Gestorbnen achtzehn Taal Strafe bezahlen solten.


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