Montag, 17. März 1997
Westfalen-Blatt Nr. 64, BIELEFELDER ZEITUNG

Vortrag über den Mediziner Caspar Schamberger

Im fernen Japan bekannter als in seinem Heimatland


B i e l e f e l d (WSD). In den Archiven der Stadt Leipzig, in ihrer stadtgeschichtlichen Überlieferung, fand sich keine Spur von Caspar Schamberger, als der deutscher Professor und Japanexperte Wolfgang Michel nach ihm suchte. Michel, an der Universität Fukuoka tätig, war in Japan auf die Spur dieses Mannes gestoßen, der um die Mitte des 17. Jahrhunderts zwei Jahre lang in Japan gelebt hatte und als reicher Mann in seine Heimatstadt zurückgekehrt war. Einflüsse von Schambergers Wirken in Japan auf dem Gebiet der Medizin waren bis ins 19. Jahrhundert hinein zu verfolgen. Vor der Deutsch-Japanischen-Gesellschaft entwarf Wolfgang Michel nicht nur das fesselnde Lebensbild dieses Mannes, sondern eröffnete auch einen Blick in kulturgeschichtliche Beziehungen aus jener Zeit.

Caspar Schamberger (1623 1706) war der Sohn eines Leipziger Weinhändlers. Er wurde bei dem Chirurgen Christoph Bachert in die Lehre gegeben und bestand die Gehilfenprüfung »mit Ruhm und Ehren. Nach Jahren der Wanderschaft schloß er sich der Vereinigten Ostindischen Kompanie in Amsterdam an und begab sich als "Dritter Meister" - Schiffsarzt - mit der "Mauritius auf die Reise nach Japan. Nach abenteuerlicher Seefahr mit manchen Umwegen kam er schließlich 1649 in Japan an.

Mit dem Gesandten Andries Frisius gelangte Schamberger an den Hof des Shoguns Tokugawa Iemitsu im Regierungssitz Edo. Er behandelte hier nicht nur hochgestellte und einflußreiche Patienten, sondern gab auch - was kulturgeschichtlich noch wichtiger ist - sein medizinisches Wissen an japanische Ärzte weiter. Besonders gefragt sind Heilkräuter und Medikamente, deren Namen und Zusammensetzungen er mit Hilfe von Dolmetschern in die japanische Schrift überträgt. Diese Details sind heute noch in der Geschichte der japanischen Medizin lebendig - Caspar Schamberger ist in Japan bekannter als in seinem Heimatland. Für seine Dienste erhält der Deutsche reichen Lohn und kostbare Geschenke, von denen er manche zu Geld machen kann. Japanische Kimonos waren damals, wie der Referent in Dias zeigte, begehrt und teuer bezahlte Prunkgewänder vermögender Europäer. Japan selbst konnte nicht soviel Seide erzeugen, wie für diese Gewänder gebraucht wurde, sondern importierte dazu große Mengen chinesischer Seide.

Nach Leipzig heimgekehrt, nannte Schamberger sich nicht mehr Chirurg, sondern rechnete sich dem angeseheneren Stand der Kaufleute zu. Mit seinem Reichtum erwarb er mehrere Häuser und riesige Grundstücke. Ein aufschlußreiches Zeugnis ist Caspar Schambergers Leichenpredigt, die nicht weniger als 60 Seiten umfaßt.

Die Japanische Gesellschaft für Medizinische Geschichte zeichnete Prof. Wolfgang Michel, der Schamberger für Deutschland wiederentdeckte, mit dem wissenschaftlichen Förderpreis aus.


 

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