Dohm, Christian Wilhelm (ed.) Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Meyer, Lemgo 1777-79.

Internet-Edition by Wolfgang Michel, © Fukuoka, Japan March1998

    

Buch 1, Kapitel 4

Viertes Kapitel.
Von der Größe und Lage der japanischen Inseln und Lande.

Namen von Japan.

Dieses Reich wird von den Europäern Japan genant, von seinen Einwohnern aber mit verschiednen andern Namen und Charactern bezeichnet. Unter denselben ist in der gemeinen Sprache und Schrift der gebräuchlichste, Nipón, welches sie, nach ihrer Mundart, des Wohlklangs wegen, oft Nifon, die Nankinsche aber und andre Südsineser Sjippon aussprechen. Es heist nach dem Buchstaben der Sonnen Feste, weil Ni das Feuer, oder in edlerer Bedeutung die Sonne, Pon aber eine Grundveste bedeutet.

Unter den andern Namen, welche mehr in Schriften als im Discurs gebraucht werden, sind folgende die vornehmsten: Tenka, d. i. das unterhimlische, nemlich Reich, als wenn kein andres mehr existirte. Der Kaiser heist auch daher Tenka Sama d. i. der unterhimlische Herr. Doch beehrt man izt auch andre Länder mit gleichen Ausdrücken, als to Sin Tenka, das sinesische Reich, to Hollanda Tenka, das holländische Reich. Fino Motto mit zwischengesezter Präposition no oder von, ist ohngefehr eben das, was Nipon, und bedeutet den Grund oder die Wurzel der Sonne. Awadsi Sima ist der uralte Name und besteht aus den Worten Awa, Schaum, Dsi, der Erdboden, Sima eine Insel. Die Bedeutung dieses Namens ist also eine erbene Schauminsel, und er gründet sich auf folgende Tradition: Im Anfang hat der erste Geist oder Gott dies unterirdische Chaos mit einem Stabe umgerührt. Als er den Stab wieder herauszog, tröpfelte ein moderiger Schaum davon ab, und bildete die japanischen Inseln, welche das Alterthum, aus Unkunde andrer Länder, für den ganzen Erdboden hielt, und ihnen von ihrem Ursprunge diesen Namen beilegte. Eine Insel des Reichs hat noch bis izt den Namen behalten, und wird besonders genant: D Sin Kokf oder Kami no Kuni, das ist, Götterland. Denn Sin und Kami bedeuten die einheimischen Götter, Kokf und Kuni ein Land. - Akitsima, oder nach der gemeinen Aussprache Akitsusima ist ein uralter Name, dessen sich besonders die Chronicken und alte Legenden in ihren Erzählungen zu bedienen pflegen. - Fontsjo, der ächte Morgen, Sjo, alle, nemlich, japanische Länder. Jamatto, welches auch besonders eine gewisse Provinz dieser Länder bezeichnet. Asjiwara oder Asjiwara Kokf. Qua oder Wâ. Andre Namen, die nicht so häufig gebraucht werden, wil ich übergehn.

Größe.

Die japanischen Inseln liegen zwischen dem 31ten und 42ten Grade Nord. Br. und zwischen dem 157 Gr. und 175 Gr. 30 Min. östlicher Länge, nach den sinesischen Charten, welche die Hrn. Patres Societ. Jesu aus vielen Beobachtungen verfertigt haben. Ihre Richtung geht nach Nord=Ost und Ost=Nord. Ost mit einer unregelmäßigen und beinahe durchgehends schmalen und ungleichen Breite, von dem äußersten Ende der Provinz Fisen bis zu dem äußersten Ende der Provinz Osju. Die Länge beträgt in gerader Linie 200 deutsche Meilen. In dieser Berechnung sind aber die weiter abgelegnen dem japanischen Reiche unterworfene Inseln oder Küsten nicht begriffen.

Eintheilung.

Das japanische Reich ist ohngefehr eben so ein Land, wie das Grosbrittannische, nur noch weit mehr und öftrer unterbrochen. So wie dieses aus drei Königreichen besteht, so hat auch jenes drei große Inseln. Die größe und vornehmste derselben hat den Namen des ganzen Reichs, Nipon; sie liegt der Länge nach den Abend nach Morgen, und hat die Gestalt eines Kinbackens, dessen Krümme nach Norden gewandt ist. Die zweite Insel liegt den ersten südwestlich, und ist von derselben durch eine Klipp= und inselreiche Meerenge abgesondert. Sie heist von der Lage Sai Kokf d. i. Vestland, und von der Zahl ihrer Provinzen Kjusju d. i. Neunland, und hat 148 deutsche, oder 140 japanische Meilen Länge, und 40 bis 50 Breite. Die dritte ist von den beiden ersten gleichsam umgeben, hat beinahe eine viereckigte Figur und besteht aus vier Fürstenthümern oder Provinzen, und hat daher den Namen Sikokf d. i. Vierland.

Diese drei große Inseln sind mit beinahe unzählbaren um und zwischen ihnen liegenden, fruchtbaren und unfruchtbaren Eylanden umgeben, die auch von großen und kleinen Landesherrn bewohnt und beherscht werden, wie ich im folgenden Kapitel noch genauer auseinander setzen werde.

Alle diese Lande sind im Jahr 590 nach Christi Geburt von dem Erbkaiser Sjusjun in sieben Hauptwege oder Districte, im Jahr 681 aber vom Kaiser Ten Mu noch in 66 Provinzen eingetheilt worden, über deren jede denn auch ein Fürst oder Stathalter gesezt wurde. Zu diesen kamen im vorigen Jahrhundert noch zwei Insuln, Iki und Tsusima, die man den Coreyern abgedrungen hatte; daß also nun das ganze Reich aus acht und sechzig Provinzen zusammengesezt war. Diese ersten Eintheilungen und Namen sind zwar noch bis izt beibehalten, aber die abwechselnden Begebenheiten der folgenden Zeiten haben diese Lande in 604 kleinere Stücke und Herschaften zerrissen.

In den ersten Jahrhunderten dieser Monarchie besas ein jeder Fürst sein Land blos durch die Gnade des Erbkaisers. Da aber nachgehends in den kaiserlichen Familien öftere Successionsstreitigkeiten entstanden; so geriethen auch die Fürsten dadurch in viele Streitigkeiten, da sie sich nemlich bald zu dieser, bald zu jener Partei schlugen, und dabei auch den Gebrauch feindlicher, bisher unbekanter Waffen einführten. In diesen Unruhen suchte dann ein Jeder mit Gewalt sich in dem Besiz dessen, was er einmal hatte, zu erhalten, und wer nichts besas, bemühte sich, etwas zu bekommen. Zugleich wurden die großen Erbländer durch Apanagen und andre Zufälle vertheilt, und die Erben suchten allemal die väterlichen Güter und Herschaft über Land und Leute zu behalten. Daher denn endlich die angegebne Zahl kleiner Herschaften erwachsen ist. Die leztern Kaiser, welche das Reich durch die Waffen sich unterwarfen, haben diese Eintheilung zu besserer Regierung und genauerer Uebersicht der Einkünfte nüzlich gehalten, und sie daher nicht nur beibehalten, sondern noch jährlich immer neue und kleinere Theile, nach despotischem Gutfinden, gemacht. So hat noch ohnlängst die Landschaft Tsikusen zwei Fürsten, Janagawa und Kurume bekommen, und der Herr von Tsukurgo hat einen Theil seines Fürstenthums an den weit abgelegnen Herrn von Iki Tsusima abtreten müssen, damit dieser auch einen Fus auf dem festen Lande hätte.

Die Gränzen dieses Reichs bieten fast allenthalben dem Auge hohe und rauhe Felsen, und werden von einer stürmischen See umschlossen, die wegen klippigter Untiefen nicht wohl zu befahren ist, und fast nirgends ohne Gefahr zu landen erlaubt, besonders da auch die Meerbusen und Hafen entweder nicht bekant genug, oder untief und nur für leichte Schiffe brauchbar sind. Und so ist also das japanische Reich durch die Natur selbst zu einer eignen kleinen Welt von allen Ländern abgesondert, bevestigt, und mit allen Bedürfnissen des Lebens so versorgt, daß es ganz für sich allein, ohne Hülfe andrer Nationen, bestehn kann.

Zu den benanten Provinzen kommen nun noch verschiedne abgelegne Länder, die zwar nicht eigentlich zu dem japanischen Reiche gehören, aber doch unter desselben Schuz und einer gewissen Oberherschaft stehn. Diese sind: 1) die Inseln Rjuku, oder Liquejo, welche sich Unterthanen des Fürsten von Satsuma, als ihres ehemaligen Ueberwinders, nicht aber des japanischen Kaisers nennen; 2) Tsjosin, oder dritter und äußerster Theil der Halbinsel Corey, welchen der Kaiser durch den Herrn von Iki Tsusima regiert; und 3) die Insel Jeso, welche er durch den Herrn von Matsumai, einem Gliede der großen Provinz Osju, im Gehorsam erhält.

Erstens die liqueischen Inseln, welche bei den Japanern Rjuku, und in unsern Charten Liquejo heißen, sind nicht mit den Inseln Leuconia oder den Philippinen zu verwechseln. Sie liegen gegen Südwest von dem ersten Lande Satsuma oder von der zunächst daran liegenden Insel Tana oder Tanagasima, und berühren nach unsrer Charte beinahe den 26ten Gr. N. Br. Sie haben, nach der Japaner Bericht, einen so vortreflichen, fruchtbaren Boden, daß sie jedes Jahr zweimal Reis tragen. Die Einwohner sind meistens Landbauer und die übrigen Fischer. Sie sollen ihre Zeit sehr lustig und froh verleben, und sogar ihr Seitenspiel zum Pfluge mitbringen, um sich mit demselben und ihrem aus Hirse abgezognem gebranten Wasser bei der Arbeit zu erholen. Ihre Sprache beweiset, daß sie aus Sina herstammen, aus welchem Lande noch in diesem Jahrhundert wegen des tatarischen Einbruchs viele Einwohner geflüchtet sind, die sich in verschiednen Ländern Indiens und auch auf diesen Inseln zahlreich niedergelassen haben. Diese sind gute Kaufleute und in der Schiffahrth erfahren, sie pflegen auch jährlich nach Satsuma zur Handlung zu kommen. Diese Inseln sind schon vor vielen Jahrhunderten durch die Waffen dem König von Satsuma unterworfen worden, der sie durch seine Bugjos oder Commissaire, und starke Kriegsmacht in Gehorsam erhält. Doch werden sie wegen der weiten Entfernung noch sehr gelinde beherscht. Denn sie geben nur den fünften Theil ihrer Ackerfrüchte, da die eigentlichen Reichsunterthanen zwei Drittheile entrichten müssen. Ueberdem aber schicken sie noch jährlich ein Contributionsgeschenk, zum Beweise ihrer Unterthänigkeit, an den tatarischen Kaiser in Sina ab. Sie sollen auch, wie die Tunkiner und Japaner, einen Dairi oder geistlichen Erbkönig haben, der, wie wie angeben, aus einheimischen Göttergeschlecht abstamt. Er residirt auf der nördlichst gelegnen Hauptinsel Jajama, unweit der Insel Osjma von zweiter Größe.

Zweitens, Corey oder Coräa ist eine von der Tatarei südwerts über Sina hervorragende Halbinsel, welche, nach den japanischen Nachrichten, schon seit uralten Zeiten in drei verschiedene Landschaften getheilt war. Den äußersten und gegen Japan hervorstehenden Theil nennen die Japaner Tsjoosin; den mitlern eigentlich Corey, und den lezten, der unmittelbar an die Tatarei gränzt, Fakkusai; wiewol diese Namen öfters einer vor dem andern gebraucht, und der ganzen Halbinsel beigelegt werden. Die Einwohner sind sinesischen Ursprung, haben aber oft mit den Tataren in Verbündnis, oft unter ihrer Botmäßigkeit gestanden. Sie wurden zuerst von dem Mikaddo Tsjun Ai bekriegt, und von seiner Gemalin Dsingu (die ihres verstorbnen Gemals Kriege in eigner Person und in mänlicher Kleidung fortsezte) im Jahr 201 nach Christi Geburt unter japanische Botmäßigkeit gebracht. Nach Verlauf einiger Zeit aber verbündeten sie sich wieder mit den Tataren, und waren von den Japanern ganz ungekränkt, bis auf die Zeit des tapfern Kaisers Taiko. Dieser las einmal in der Geschichte des Reichs, daß diese Nation ehmals der seinigen zinsbar gewesen sei, und wolte sich dieser alten Ansprüche zur Ausführung seines Vorhabens bedienen, welches, wie er sagte, darin bestand, daß er durch Corea sich einen Weg zu dem großen sinesischen Reiche bahnen wolte, in der That aber blos darauf ausging, daß er die Fürsten und Häupter seines neuerworbnen Reichs an die Seite schaffen, und desto freiere Hände zu Bevestigung seines Throns haben wolte. Er schikte in dieser Absicht einen Gesandten an die Coreer ab, und verlangte die Bezeugung ihrer ihm schuldigen Unterwürfigkeit. Allein sie tödteten diesen Gesandten, und gaben dadurch dem Taiko den Vorwand zu einem rechtmäßigen Kriege. Er lies daher seine Fürsten das Land mit einer großen Armee überziehn, welche endlich in sieben Jahren und mit großer Mühe diese Coreer und ihre tatarische Bundsgenossen überwanden, und jene dahin brachten, daß sie sich zu einer jährlichen Huldigung verpflichten musten. Weiter aber wurde nichts ausgerichtet, weil dieser Kaiser eben damals starb. Der Kaiser Ijejas lies sie nur alle drei Jahre zum Beweis der Unterwürfigkeit mit einer Gesandschaft am Hofe erscheinen. Sie haben sich aber nachher immer almählig weiter mit den Tataren vereinigt, und die japanische Besatzung bis an die äußerste Gränzen ihrer leztern Provinz verdrungen, welche noch jezt wirklich die japanische Herschaft erkent. Der Kaiser ist auch mit dieser Besitzung der Grünzen von Coräa zur Sicherheit seiner eignen Lande zufrieden, und läst dieselben durch den Herrn von Tsusima bewachen, welcher daselbst beständig ein Commando von 60 Man unter einem Bugjo unterhält. Nur bei Veränderung des Throns müssen sie am Hofe erscheinen, und dem neuen Kaiser einen Eid der Treue ablegen.

Die coräische Küste ist von der Insel Tsusima und diese ebenfals von dem festen Lande Nipon 48 japanische Wassermeilen, d. i. 16 deutsche Meilen entfernt. In dem Zwischenmeere liegen viele Klippen und unbewohnte Inselchen, welche aber doch mit japanischen Wachen sehr gut besezt sind, um die vorbeifahrenden Schiffe zu untersuchen, die alle hier anlangen und ihre Waaren vorzeigen müssen.

Tsjoosin liefert mancherlei getroknete Fische, besonders auch den besten Stokfisch, auch Walfische, seltne Kräuter und Blumen, kräftige Arzneipflanzen, und unter denselben vorzüglich die edle und kostbare Wurzel Ninsin, die aber noch viel häufiger in dem Mittellande Corey in Fakkusai und der weiter entfernten tatarischen Provinz Sjamsai wächst, außer welchen Gränzen sie beinahe ganz kraftlos ist. Sie liefert auch theure irdene Geschirre, die für sehr rar gehalten werden, und noch andere wenige Manufacturen aus den tatarischen Landen Jupy und Niuche, welche aber in Japan nicht eingeführt werden dürfen. Die Fahrzeuge der Einwohner sind sehr schlecht gebauet, und ihre Handlung ist blos auf Tsusima eingeschränkt.

Drittens Jeso oder Jesogasima ist die äußerste Insel gegen Norden, welche die Japaner außer ihrem Reiche besitzen. Sie ist, wie man mich berichtet hat, von Joritómo, dem ersten Kubo oder weltlichem Kaiser unterwürfig gemacht, und dem Herrn von Matsumai (einer nächstgelegnen und nach Osju gehörenden Insel) zur Oberaufsicht übergeben. Man wurde aber einige Zeit hernach hier der fremden Herschaft überdrüssig, überfiel die japanische Besatzung und machte sie völlig nieder. Der Landesherr schikte hierauf ein ansehnliches Corps Fusvolk mit 300 Reutern herüber, um die Rebellen in Ordnung zu bringen. Allein der Herr von Jeso bewies durch eine Gesandschaft, die er nach Matsumai schikte, daß er an dem ganzen Unterfangen unschuldig sey, und überlieferte zwanzig Aufrührer, deren Häupter den am Jesoischen Ufer auf Pfälen gepflanzt wurden, welches das Verbrechen völlig aussöhnte.

Diese Nation wird aber noch izt für sehr halsstarrig gehalten und daher ungemein strenge regiert. Sehr starke Wachen, die man an dem südlichsten Ufer angelegt hat, müssen sie im Gehorsam erhalten. Sie sind auch verbunden alle Jahre eine Gesandschaft an ihren Herrn abzuschicken, und eine jährliche Abgabe von einem Mangokf aufzubringen.

Die Insel liegt etwa unter 42 Gr. N. Br. gerade N. N. östlich über denen von der großen Provinz Osju hervorstehenden zween Landstrichen oder Vorgebürgen Sugaar und Taijasacki, welche daselbst einen weiten Seebusen einschließen. Die Ueberfarth sol eine Tagereise fodern, aber wegen des schnellen Stroms, welcher bald nach Osten, bald nach Westen fliest, nur zu gewissen Jahrszeiten unternommen werden können, obgleich die Insel Jeso in der grösten Weite nur 40 Wassermeilen und an einigen Orten nur 5 bis 7 deutsche Meilen vom festen Lande entfernt ist. Sie sol an Größe der Insel Kjusju gleichen, aber so sehr mit Gebüsch und Waldung durchwachsen seyn, daß sie dem japanischen Reiche nichts von ihrem Ueberflus liefern kan, außer den berühmten getrokneten Fisch Kara Saki, der wie ein Stokfisch eingeweicht und getroknet wird, und einige Pelz= oder Rauchwerk, dessen aber die südlichen Japaner nicht bedürfen.

Von der Figur der Insel habe ich mir aus den japanischen Charten, wegen der sehr abweichenden Abbildung, keinen Begrif machen können. In einigen nemlich zieht sie sich in eine Runde mit verschiednen Busen, in andern wird sie mit vielen hervorragenden und gebrochnen Landstrichen vorgestelt, bei denen man aber nicht erkennen kan, ob es besondere Inseln sind oder nicht? Ich vermuthe, daß das Land, welches Vriesen entdekt hat, auch ein Theil desselben sey. Ich finde auch in einigen Charten den südwestlichen größern Theil mit Matsaki bezeichnet, aber so undeutlich und unbestimt, daß man ihn auch für eine besondere Insel halten könte.

Der umliegenden etwas entfernten Inseln wil ich gar nicht erwähnen, weil man sie schon auf der beigefügten japanischen Charte sehn kan. Die Bewohner derselben werden als ein rauhes, starkes Volk beschrieben, mit langem Haar und Bart. Sie sollen im Pfeil= und Bogenschießen sehr geübt seyn; haben sich meistens an der Meerküste niedergelassen, wo sie sich vom Fischfang ernähren. Sie werden auch als äußerst schmutzig und unreinlich beschrieben, allein hierauf ist nicht viel zu achten. Denn die bis zum Aberglauben reinliche Japaner machen von den sinlichen Holländern eben so ein Bild. Die Sprache dieser Menschen sol mit der coräischen Aenlichkeit haben.

Hinter dieser Insel, weiter nordwärts, liegt das feste Land Oku Jeso, d. i. Ober= oder Hoch Jeso. Dieß ist das Land, von dessen Existenz unsre Erdbeschreiber sich zwar versichert halten, aber noch nicht wissen, ob es mit der Tatarei oder mit America zusammenhänge? Sie können daher auch die Fragen nicht beantworten, wo das Fretum Anianum, oder die Meerenge sey, welche das Nordmeer mit dem indischen Meer verbindet? Oder ob das Land Oku Jeso vielleicht mit beiden Welttheilen zusammenhänge und also gar keine Meerenge da sey? Ich habe mich mit gröstem Fleis bemühet, über die Beschaffenheit dieser nordischen Gewässer einige genauere Nachrichten einzuziehn, aber ich habe nichts gewisses oder schreibwürdiges darüber erfahren können.

In Moskau und Astrakan habe ich verschiedene Personen kennen gelernt, welche auf ihrer sinesischen Reise durch Sibirien und Kataya oder auch in einem vieljährigen Exilium in Sibirien verschiedne, aber ungewisse Nachrichten hierüber eingesamlet hatten. Alle aber kamen darin zusammen, die Tatarei sey durch einen Isthmum mit einem nach Osten gelegnen festen Lande, das sie für America hielten, verbunden; und befinde sich daselbst keine Oefnung zwischen dem indischen Ocean und dem Eismeer. Eine grobe Charte von Sibirien, auf der keine Grade bezeichnet waren, die ein Verbanter daselbst in Holz ausgeschnitten, und die Orte in slavonischer Sprache darauf gesezt hatte, stelte einige von der entferntesten Küste ostwärts ablaufende Vorgebürge vor, deren eines soweit fortstrich, daß es von dem Rande der Charte abgeschnitten wurde, und man also seinen ganzen Lauf nicht sehn konte. Der Man, welcher mir diese Charte communicirte, glaubte nach der Aussage der dortigen Tataren, daß diese Erdenge nach einem großen festen Lande zulaufe und mit demselben zusammenhänge. Sie sey aber, sezte er hinzu, so bergicht, klippenvol und rauh durchwachsen, daß man jezt gar nicht würde durchkommen können, wenn auch gleich die ersten Völker hierüber ihren Weg nach America möchten genommen haben. Diese Charte ist die erste und einzige, aus welcher der russische Hof die Lage und Richtung seiner Tatarei kennen gelernt hat. Der deutsche Canzler oder Inspector der moscovitischen Apotheken, Hr. Winius, mein sehr guter Freund, hat seine tatarischen und russischen Charten gleichfals nach dieser Charte zuerst entworfen, und hernach sie aus vielen Nachrichten vermehrt, und die Grade der Länge und Breite beigefügt. Er hatte hiebei besonders die Beobachtungen des gelehrten Hrn. Spitarius, des griechischen und lateinischen Hofdolmetschers, befolgt, welcher vom damaligen Zar als Ambassadeur nach Pequing geschikt war, und nach den geheimen Instructionen seines wisbegierigen Herrn alle Mühe angewandt hatte, über diese Gegenden einige Entdeckungen zu machen. Er machte um das Jahr 1680 seine Hinreise ganz nördlich, und seine Herreise ganz südlich. Der Zufal fügte es, daß er am russischen Hofe auch mein Dolmetscher wurde, und ich dadurch so glüklich war, seine Bekantschaft zu machen. Allein er war so mistrauisch und zurückhaltend, daß ich nur wenig von ihm lernen konte. Es hat aber nachher der hocherleuchtete Hr. Nicolaus Witse, J. U. D. und Bürgermeister zu Amsterdam, bei seiner lezteren Gesandschaft an dem Zarischen Hofe, durch sein vortrefliches Betragen und Leutseligkeit den Grosfürsten und alle wisbegierige Herrn des Hofes so sehr eingenommen, daß man ihm alle Nachrichten von diesen Ländern, welche man dort hatte, überliefert hat. Dies machte ihn dann auch fähig, die große Tatarey und das ganze russische Reich mit allen bisher unbekanten Flüssen, Gebürgen, Seen, Städten und Provinzen, sehr genau in eine Charte zu bringen und diese der gelehrten Welt mitzutheilen. Hr. Isbrand Ides hat in seiner Reise nach Sina auch diese Charte geliefert. Aber ob sie gleich so genau und gut eingerichtet ist, so findet man doch die wahre Lage der sibirischen Küsten und des Landes Jeso auf derselben nicht vorgestelt; und diese nordlichen Gegenden sind also noch bis izt unbekant.

Eben so kennen auch die Japaner noch nicht die hinter Jesogasima liegenden und von ihnen Oku Jeso genanten Länder; nur habe ich erfahren, daß sie ihnen 300 japanische Meilen Länge geben. Ein vor wenig Jahren dahin verschlagener Schiffer berichtet, daß er unter den rauhen Einwohnern einige mit seinen sinesischen Zeugen bekleidet gesehn, und daraus eine Verbindung dieses Landes mit Doats oder der Tatarei, wenigstens nur eine geringe Entfernung gefolgert habe. Eine gleiche Nachricht brachte eine 1684 abgeschikte sinesische Junke nach einer drei monatlichen Reise zurük. Ein viel gereiseter und erfahrner Schiffer, welcher an allen Orten um Japan herumgefahren war, wuste mir auf meine Frage nichts mehr als dieses zu sagen, daß der Strom zwischen Japan und Jesogasima beständig abwechselnd, bald nach Westen, bald nach Osten, hinter Jesogasima aber niemals anders als Nordwärts fließe. Er schlos daher, es müsse bei Doats (der Tatarei) nothwendig ein Durchgang in nordische See seyn. Vor wenig Jahren wurde auch eine kaiserliche Junke von der Ostküste Japans ausgeschikt, welche zwischen 40 und 50 Grad viel ausstehen muste, und endlich östlich an ein festes Land gerieth, das man für America hält. Die Junke überwinderte daselbst in einem Seebusen, und glaubte zu bemerken, daß das Land nach Nordwesten eine Richtung habe. Man beschlos nachher weiter keine Untersuchungen in diesen Gegenden anzustellen. Ich habe verschiedne japanische Charten über diese Gegenden in Jedo bei Tsusima No Cami, dem Nongasackischen Gouverneur, auch in Symmios bei Osacca und in verschiedenen andern Tempeln gesehen. Diese zeigen vor der großen Tatarei hinter Jesogasima noch ein hervorstehendes Land, das etwa 15 Grad der Länge mehr nach Osten liegt, als das östliche Ufer Japans, und zwischen diesem Lande und America nach einem geräumigen Meer. Ich bemerkte auch auf diesem Lande mit Alphabeth Schriften noch folgende Provinzen bezeichnet: Kabersan, Orankai, Sitsji, Ferisan, Amarisi. Zwischen den beiden leztern Provinzen ergos sich ein großer Strom hinter Jeso gegen Südost in die See. Aber so wie alle Charten der Japaner schlecht und nachlässig gemacht, und mit keinen Graden der Länge und Breite versehen sind, daher auch immer eine von der andern abgehen; so kan man sich auf dieselben gar nicht verlassen, vorzüglich nicht auf diejenigen, welche die Namen nur nach dem Gehör mit Canne d. i. Alphabethschrift, und nicht mit Sin oder bedeutenden Charactern vorstellen. Dies sind nun alle Kentnisse, welche ich über diese Länder in Japan (dem sie nordwärts liegen) habe erfahren können.

Ehe wir diese algemeine geographische Nachrichten schließen, müssen wir noch zweier Inseln erwähnen, die von Osju Ost= und Nordostwärts etwa 150 Meilen entfernt sind, aber doch, wie die Japaner behaupten, zu ihrem Reiche gehören. Sie haben sehr schöne Namen; die kleinste, nördlichste und also entfernteste heist Ginsima, d. i. Silberinsel; die nähere, Kinsima, d. i. Goldinsel. Die Beschaffenheit und Lage dieser Eylande wird vor den Ausländern sehr verborgen gehalten, und dies um desto mehr, weil die viel versprechenden Namen schon lange die Lust einer genauern Bekantschaft bei den Europäern erzeugt haben. Der König von Spanien lies sie schon 1620 durch einen erfahrnen Schiffer aufsuchen, der sie aber, weil ihm die Lage nicht genau bekant war, nicht finden konte. Diese Inseln, behauptete der spanische Monarch, gehörten ihm, weil sie in der westlichen ihm vom Pabste zuerkanten Hemisphäre lägen. Auch von Batavia aus hat man dieselben 1639 mit einem Schiffe und 1643 mit zwei Schiffen gesucht; den beiden lezteren war dabei auch die Entdeckung der americanischen und tatarischen Küsten aufgetragen. Sie fanden aber nicht nur die Insuln nicht, sondern wie der Schiffer der Jacht Brecken in einem Hafen unter 40 Gr. N. Br. mit einigen Personen an Land gieng, wurden sie sogleich zu Gefangnen gemacht, gebunden nach Jedo geführt, und so hart behandelt, als wenn sie das ganze Reich hätten verrathen wollen.

Im Jahr 1675 entdekten die Japaner eine große Insel, durch eine von ihrer Insel Fatsisjo mit Sturm dahin verschlagne Barke. Man vermuthet, daß sie 300 Meilen ostwärts von Fatsisjo entfernt sey. Man hat auf derselben keine Menschen, aber einen guten Boden, Bäche, fruchtbare Bäume, und unter denselben auch den Baum Arrak, (wie die mitgebrachte Früchte bewiesen) angetroffen. Man kan aber hieraus schließen, daß diese Insel südlicher liegen müsse, als man angab; weil diese Bäume nur in heißen Ländern wachsen. Die Ufer lieferten eine unglaubliche Menge Fische, auch Krebse, 2 bis 3 Klafter lang. Man gab dieser Insel den Namen Bunesima, und legte ihr, weil sie unbewohnt ist, den Character einer Insel ohne Menschen bei.

Fatsisjo oder Fatsisjogasima (d. i. die Insel von 80 Klaftern hoch) dessen wir schon erwähnt haben, ist eine weit in Süden entlegne japanische Insel. Sie liegt unter gleichem Meridian mit Jedo, etwa 80 Wassermeilen vom festen Lande, mit dem sie durch viele auf einander folgende kleine Inseln gewissermaßen verbunden ist. Sie ist die vornehmste Insel, auf welche die in kaiserliche Ungnade gefallene Großen des Reichs verwiesen, und über dem jähen, klippigen Ufer, dessen Höhe der ganzen Insel den Namen giebt, gefangen gehalten werden. Sie müssen hier ihre Kost mit Weben verdienen, und diese müssige und witzige Köpfe verfertigen hier die sonderbarsten seidnen Stoffe des ganzen Reichs, von denen einige ihnen von andern nicht können und dürfen nachgemacht auch nicht an einen Fremden verkauft oder ausser Landes geführt werden. So oft man in diese Insel Proviant oder neue Gefangne bringt, mus das ganze Fahrzeug durch Seile mit Winden hinaufgewunden und eben so wieder herabgelassen werden. Da die Insel schlechterdings keinen andern Zugang hat, so ist sie also von der Natur hinlänglich bewahrt und befestigt.



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