Dohm, Christian Wilhelm (ed.) Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Meyer, Lemgo 1777-79.

Internet-Edition by Wolfgang Michel, © Fukuoka, Japan March1998

    

Buch 1, Kapitel 9

Neuntes Kapitel.
Von der Fruchtbarkeit des Landes an Pflanzen.

Der Boden bringt wegen des gütigen Climas, und des arbeitsamen Fleißes der Einwohner viele wilde und fruchtbare Pflanzen hervor, die anfangs ohne Unterscheid nur zur Speise und zum Unterhalt des bloßen Lebens aus Noch gebraucht wurden: allein die Scharfsinnigkeit hat die Einwohner in spätern Zeiten auch gelehrt, dieselben zur Wolluft und Pracht anzuwenden. In diesem Kapitel wollen wir blos die nüzlichsten und gemeinsten Pflanzen anführen; und verweisen wir einen Anfang gemacht haben, dieselben zu beschreiben.
Maulbeerbaum.

Der Maulbeerbaum verdient in der ersten Classe angeführtt zu werden; denn obgleich dessen Früchte, so wol weiße als braune, in diesen Ländern unschmakhaft sind, und von Menschen nicht können gegessen werden, so ersezt er doch durch seine Blätter, als einer Speise der Seidenwürmer, diesen Mangel. Man samlet in vielen nordlichen und andern Provinzen, wo dieser Baum wächst, eine mittelmäßig gute Seide; und wirket aus derselben in Städten und Dörfern sehr feste, doch meistens grobe Stoffe. Die edelsten und feinsten werden von den Verbanten auf der Insel Fatsisjo gewebet; aber von feiner ausländischer Seide. Unter das Geschlecht des Maulbeerbaums gehört auch der Kadsi oder Papierbaum.
Papierbaum.

Es ist dies zwar ein wilder Baum, allein er wird wegen seiner Nüzlichkeit in die Felder verpflanzet, wo er mit unglaublichem Wachsthum seine Aeste verbreitet und viele Rinden liefert, aus welchen durch viele Mühe und Arbeit das Papier, und aus diesem Lunten, Stricke, Zeuge, Kleider und andere Sachen gemacht werden; wie zum Theil in benanten Amoenitatibus ausgeführt worden.
Fernisbaum.

Für den edelsten Baum dieser Länder wird wol der Vrusj oder Fernisbaum gehalten; mit dessen Milch1 das hölzerne Hausgeräth und alles Tafelgeschirr überzogen und verlakt wird: und deren sich so wol der Arme als der Reiche, und selbst der kaiserliche Hof bedient, wo man die verlakten Gefäße den silbernen und goldenen weit vorzieht. Eine andere wilde Sorte, Faasj genant, hat schmale Blätter, wächst durchgehends in Hecken und Bergen, giebt aber wenige und schlechte Milch, und wird deswegen fast nicht gesamlet. Vorerwehnte Vrusj Baum ist von einem besondern und diesem lande eigenen Geschlecht, und wil sich fast in keiner anderen als in der Provinz Jamatto zu diesem Gebrauch anziehen lassen; doch findet man ihn auch in Figo und hin und wieder in Tsikoku. Ich habe gefunden, daß der indianische Fernisbaum von einem ganz andern Geschlecht und der wahre Anacardinusbaum sey; bei den Siamen heist er Rakbaum, und giebt an mehreren Orten Indiens seine Früchte, aber auf der Westseite des Ganges keinen Saft; es sey nun aus Unwissenheit der Einwohner, oder der Beschaffenheit des Bodens. Es wird dieser Fernis aus Siam und Cambodia durch ganz Indien, auch selbst in Japan wohlfeil verkauft; und hieselbst nur zu schlechten Gefäßen oder zur Grundlage ihres einheimischen, seltnern und weit schönern Fernisses gebraucht.
Lorbeerbäume.

Lorbeerbäume giebt es hier von verschiedener Art; derjenige, welcher rothe Beeren trägt, ist eine Cannelifera spuria: oder wenigstens, wie es die Mukosität bezeugt, eine Cassia lignea; dessen Gestalt, Figur und Substanz der Blätter gar nicht von jenen verschieden ist, wiewol die Rinde wenig von der Süßigkeit und Lieblichkeit des Canels, mehr aber von dem aromatischen Geschmak eines Costi besizt. Der Boden scheint diese Unvolkommenheit allein zu verursachen: denn ich habe gefunden, daß auch die malabarische, sumatrische und javanische Canelbäume, welche bis jezt vernachlässiger werden, diese liebliche Schärfe entweder in dem hohen Grad des ceylanischen Canels nicht besitzen, oder denselben bald verlieren, oder auch gar wegen eines beigemischten Schleims des wahren Canelgeschlechts unwürdig sind: von welchem man ein liebliches kostbares Oel fordert, welches aber keine Cassia lignea hergiebt. Unter das Geschlecht des Lorbeerbaums mit schwarz purpurnen Beerchen gehört auch der Kus oder Campferbaum; aus dessen Wurzeln in der Insel Gotho, und noch vielmehr in der Provinz Satzuma der Campfer durch ein gemeines Kochen von den Dorfleuten geschieden und bereitet wird. Der Preis ist sehr wohlfeil; und wird ein Catti des eingeführten borneischen Campfers, welcher zwischen den Rinden, Aesten und Spalten der niedergefälten alten Stämme gesamlet wird, gegen 80 bis 100 Catti des japanischen Campfers vertauscht.
Theebaum.
Tsja no ki, oder der Theebaum ist eine unansehnliche Staude, der man in diesem engen Lande keine andern Plaz vergönnet, als die Ränder der Aecker, und andere zur Besamung unbequemer Oerter. Es ist aber dennoch die nuzbarste unter allen Pflanzen; indem aus dessen gebratenen groben Blättern das tägliche Hausgetränk abgekocht wird. Die zartesten und jüngsten Blätter aber werden, wenn sie gebraten, gemalen, und mit heißem Wasser zu einer Suppe gemengt sind, unter den Vornehmern den Gästen als ein gewöhnliches Ehrengetränk und nach eingenommener Mahlzeit zum Abschiedstrunk dargereichet.
Sandsjo.

Sandsjo ist ein stachlicher Baum von mittelmäßiger Größe, dessen Hülse und Rinde als Pfeffer, und dessen Blätter als ein angenehmes Gewürz gebraucht worden. Die einländschen Riches dienen zu eben demselben Gebrauch.
Feigen. (Wenn es anders ein Feigenbaum darf genent werden.)
Es giebt dreierlei Arten von Feigen. Eine von diesen, Kaki genant, wird in großer Menge durch das ganze Reich gefunden. Der Baum ist ungestalter, wie ein alter kurzer Apfelbaum; seine Blätter sind länglicht oval und ohne Kerben; die Frucht gleichet an Gestalt einem röthlichen Apfel; an Fleisch und Beschaffenheit einer delikaten Feige. Der Same ist dem Kürbissamen ähnlich, aber hart und steinigt. Dieser Baum ist einer der fruchtbarsten und nüzlichsten des ganzen Reichs. Die Frucht dient getroknet Reichen und Armen zu einer delikaten Speise. Die Sineser wissen sie mit Zucker weit besser einzumachen. Die zweite Sorte von Feigen ist der gemeinen europäischen ähnlich, sie wachsen aber an einem Baum mit breiten, langen, rauhen, ungekerbten Blättern. Die dritte ist die europäische, welche von den Portugiesen eingeführet worden. Es giebt deren wenige, sie tragen aber große aufberstende delikate Früchte. Des Sycomori oder wilden Feigenbaums, welcher hier häufig wächst, wollen wir nicht gedenken, weil man seine Früchte nicht genießt.
Kastanienbäume.
Kastanienbäume giebt es hier im Ueberflus; und durchgehends mit viel größeren Früchten, wie in Europa, die besten und meisten aber in der Provinz Tsikusen.
Aepfelbäume.
Apfelbäume, wie es in Deutschland oder Europa giebt, kent man hier nicht.
Birnenbäume.

Birnen giebt es in ziemlicher Menge, aber nur von einer Art, welche bei uns Winterbirnen heißen, und können roh nicht wohl genuzt werden. Sie sind von ungemeiner Größe, und durchgehends pfündig, oder noch schweren.
Walnüsse u. s. f.

Den Walnusbaum findet man am häufigsten in den nördlichsten Provinzen. In derselben wächst auch ein hoher Taxus, Kaibaum genant, mit lang geformten Nüssen, die mit einer fleischigten Rinde, in Gestalt und Größe einer Arack Frucht, umgeben sind. Diese auch gehülsete Nüsse haben zwar keinen angenehmen sondern einen sehr zusammenziehenden Geschmak, besonders, wenn sie noch frisch sind; sie laxiren aber vermöge ihres süßen Oels, und werden wegen ihrer Arzneikräfte unter Confituren aufgetragen. Das ausgepreste Oel ist beinahe wie Mandelöl, und wird zu Speisen und Arzneien gebaucht. Der Rauch dieser Nuskerne, ist die vornehmste Ingredienz der allertheuresten und feinsten japanischen Diente. Eine andere Art Nüsse, Ginau genant, von Gestalt wie große Pistacien, wachsen durch das ganze Reich auf einem schönen, ungeheuer großen Baume mit weiten adiantinen Blätten, Namens Itsjo no ki. Ihr Oel dient zu vielerlei Gebrauch. Man hat zwei fremde Arten von Eichbäumen: die Früchte des größeren werden gekocht, und von gemeinen Leuten gegessen. - Der Nantsme oder Lotusbaum giebt in diesen Ländern eine gesunde wohlschmeckende Frucht, und zwar größer als sie mir sonst jemals vorgekommen ist. Citronenbaum findet man hin und wieder in Gärten, der Liebhaber von sonderbaren Gewächsen aber doch wenig. Limonen und Pomeranzen wachsen hier häufig, und von verschiedener Art. Die edelste Art nent man Mican, deren Figur und Größe einem Borstorferapfel gleicht, und welche einen sehr angenehmen Geruch und weinsauren Geschmak haben. Kinkan ist eine andere seltne Art, von der Größe und Figur einer Muskatennus; sie ist überaus sauer, wächset auf einer kleinen Staude, und wird in Speisen und Atsiaar gebraucht.
Trauben u. s. f.
Trauben werden hier selten reif, und deswegen wird der Weinstok wenig angebauet. Brombeeren und Himbeeren haben aber keinen angenehmen Geschmak; Erdbeeren aber sind ganz ohne Geschmak, und nicht esbar. Pfirsige, Aprikosen und Pflaumen giebts im Ueberflus; und unter diesen lezten zwei fremde Arten, nemlich weiße und purpurfarbene, tuberculirt wie Maulbeeren: diese werden mehrentheils zu Atsjar verbraucht. Kirschen= und Haberschleenbäume, Kriekenbäume werden nur wegen ihrer schönen Blüthen unterhalten, welche durch die Cultur die Größe einer doppelten Rose gewinnen, und in solcher Menge hervor brechen, daß sie den ganzen Baum wie ein blutiger Schnee bedecken. Diese Bäume geben allen Haus= und Tempelgarten die beste Zierde: und blos zu diesem Endzwek werden auch mehrmals Aprikosen und andere Pflaumenbäume unterhalten.
Tannen, Cypressen u. s. f.

Von Tannen und Cypressen giebts hier vielerlei Arten; und es sind die gemeinsten Bäume der Wälder, aus welchen Häuser, Bretter und Gefäße gemacht werden. Die Aeste und anderer Abfal dienen zu gemeinem Küchenfeuer; das gemeine Volk aber braucht hiezu die abfallenden Pienäpfel und Blätter, welche sie täglich zusammen fegen, und mit eben derselben Mühe den Boden sauber erhalten. Zum Zierath werden diese Bäume in lange Reihen auf die Spitzen der Berge, und auf beide Seiten der Landstraßen, Heerwege, gepflanzet. Man bemühet sich auch sehr alle sandige und wüste Oerter mit denselben zu besetzen. Es darf keine Tanne oder Cypresse gefält werden ohne Erlaubnis der Obrigkeit des Orts, und mus alsdann ein junger Baum in dessen Plaz gesezt werden.
Bambusen ist eine der gemeinsten Stauden, aus welchen vielerlei Haußgeräth, als Wasserrinnen, Wände die man betünchen wil, die feinsten Lunten, zierlich geflochtene Körbe, und andere Sachen gemacht werden. Eine Art derselben schliest in der Provinz Oomi2 lange knotige Wurzeln, die bei uns Rottang genant, und zu Handstöcken überbracht und gebraucht werden. So wohl Tannen als Bambusen werden bei dieser Nation wegen ihres langen Lebens und steten Grünens für ominös oder glüklich gehalten. Man braucht sie deswegen zur Auszierung heiliger Oerter bei Fest= und Feyerzeiten: und spielt auf dieselben an, in Glükwünschungsreden, Versen und Sinbildern: weil man nemlich glaubt, daß die Bambusen das Alter von etlichen hundert, und die gemeine Tanne, Matznoki genant, von tausend Jahren erreiche, und alsdenn ihre Aeste und Blätter niederwärts nach der Erde zuwende. Es sind mir verschiedene von unglaublichem Alter hin und wieder gezeigt worden. Fi no ki und Suggi, zwei Arten des Cypressenbaums, geben ein leichtes, festes, schönes, weißes Holz, welches kein Wasser eintrinkt, und für gutes Cedernholz gelten kan. Es ist eine gewisse Zeit durch das ganze Reich verbothen diese Bäume zu fällen; auch nicht einmal zum Maschinenbau, wo die kaiserlichen Befehle vorgestellet werden.3 Es wird aber den Verbothen dieser Art, wo auf die Verbrechen keine Strafe gesezt ist, wenig nachgelebt. Ksa Maki oder stinkender Makibaum, Ssi no ki eine Art Eichbäume, Jus no ki oder Eisenbaum wegen seiner Härte genant, sind Bäume von gemeinem Holz, die man auch zum Hausbau brauchen kan. Tatz no ki, dessen Holz von der Stadt Jeseri abgeholet wird, und die Wurzel des Campferbaums geben das rareste geflamte Holz zu Comptoiren und verlakten Kisten.
Blumen.

Es giebt hier, in Vergleichung anderer Länder, ungewöhnlich mancherlei wilde Pflanzen von wunderschönen Blumen und Blättern, womit sie zu gewissen Zeiten die wüsten Felder und Bergwälder zieren; und welche sie auch in die Gärten verpflanzet, und durch die Cultur zu mehrerer Volkommenheit gebracht haben. Die vornehmsten derselben sind: Tsubaki, eine große Staude mit Rosenblumen, welche sich in Hecken und Wäldern findet. Durch Propfung entstehen viele seltne Arten, und man hat bei dieser namenreichen Nation, wie man vorgiebt, 900 Namen ihrer Varietäten. Satsuki, eine lilientragende kleine Staude, sol mehr als 100 benante Varietäten haben; deren zwei wilde Arten, mit rothen und fleischfarbenen Blumen, viele öde Felder und Hügel mit ihrer angenehmen Farbe bedecken. Saka Nandsjo, eine Staude, trägt gleichfals eine lilienförmige Blume, aber weit größer wie die vorige, es giebt ihrer dreyerley Arten, welche indessen nicht so gemein sind wie die vorigen.
Ahorn u. s. f.

Momidsj, eine Art Ahorn, hat ihren Namen von dem Purpur ihrer Blätter. Es giebt derselben zwo Varietäten, deren eine im Frühling, die andere im Herbst, eine theils gelbe theils purpurrothe Farbe annehmen, und die Augen von ferne an sich ziehn und ergötzen. Eben dies thut auch der Fasjbaum, dessen Blätter im Herbst gleichfals einen rothen Purpur annehmen.
Matricaria, Lilien u. s. f.

Matricaria und Lilien sind von verschiedener und ungemeiner Varietät. Mit jenen, welche durch die Cultur die Größe einer Rose gewinnen, prangen die Gärten; mit diesen das Gebirge.
Narcissen, Irides, Caryophillen und andere Blumen nicht zu erwähnen, womit die Natur zu gewissen Zeiten dieses Land vor andern Ländern ausschmücket. Sie sind aber wie alle oben genante beinahe ohne Geruch; wie denn auch alle japanische Früchte, die Lieblichkeit des Geschmaks der sinesischen und indianischen nicht besitzen.
Hanf und Baumwolle.

Hanf und Baumwolle werden, so viel es der Raum zulässet, auf ihren Aeckern angebauet. Sjiro oder wilde Hanfnessel wächset an wüsten Orten häufig; und ersetzet den Mangel des Flachses und der Wolle4 weil man deraus vieleley, so wol seine als grobe Zeuge webet.
Oele.

Oele zu vielerlei Gebrauch, presset man aus folgenden Samen: Kiri ist ein ungeheurer großer, doch seltner Baum; er hat Blätter wie die Klette, trägt an einem langen Stiele, Blumen der Digitalis ähnlich, und Samen wie eine Althaea. Das Blat mit drei beblümten Stielen ist das Wapen des Mikaddo oder geistlichen Erbkaisers. Abrasin ein mittelmäßiger Baum, hat Blätter wie der Platanus, Blumen wie einfache Rosen, Saamen wie ein Ricinus; ich nenne ihn daher, Ricinus arboreus folio Alceae. Asa diracht Avicennae, die vorbenante Tsubacki, Vrusj, Fasj, und Kaj no ki, dann auch die Baumwollenstaude und Kraut, beide Geschlechter von Sesamo mit weißen und schwarzen Saamen.
Unter diesen wird nur das Oel vom Sesamo und Kai, aber doch selten und spahrsam zur Speise gebraucht; weil man dieselben in diesen Ländern ohne Butter und Fett zu bereiten weiß.
Getreide.

Getreide und Hülsenfrüchte wie auch allerlei Gartenkräuter, geben nicht nur die platten Felder, die man niemals zu Wiesen gebraucht, sondern auch die steilen Gebirge bis zu den höchsten Spitzen, ja auch die ablaufenden Höhlen und Winkel der steinigten Klippen, und wo es nur immer Wurzel und Regenwasser fassen kan. Der platte Grund wird mit Ochsen gepflüget, die Höhen aber mit Menschenhänden bearbeitet, und beides wohl dreimahl im Jahr mit Menschenmist gedünget und in seiner Fruchtbarkeit unterhalten. Wer seinen Acker ein Jahr unbesäet läst, wird desselben nach hiesigen Landesrechten verlustig.
Gokokf.
Die vornehmsten und zum Unterhalt der Menschen allernützlichsten Feldfrüchte werden mit dem Tittel Gokokf, das ist fünf Feldfrüchte benennet. Nach derselben sparsamen oder reichlichem Wachsthum, schäzt man die Fruchtbarkeit oder Unfruchtbarkeit des Jahrs und eines Ackers, und den Reichthum oder die Armuth des Besitzers. Sie ersetzen in diesem Lande den Mangel des Fleisches und sind die Grundlagen der täglichen Mahlzeiten und der Gastereyen. Diese Gokokf sind folgende:
Reis.
1) Kome, oder Reis, von verschiedenen Sorten. Die beste hat ihres gleichen nicht in ganz Asien; sie ist schneeweis und sätiget so sehr, daß ein Ausländer wenig auf einmahl davon genießen kan. Der Reis dient in Wasser aufgekocht statt des Brodes; von dem jährlichen Ueberflus wird ein fettes Bier, Saki genant, gebrauet; doch nur zur Nothdurst; und es darf weder mehr Reis noch Bier von den Fremden ausgeführt werden, als die Obrigkeit erlaubet.
Gerste.
2) Oo Muggi, das ist großes Getreide, nemlich Gerste, wird nur zum Futter der Pferde und anderes Viehes, das Mehl aber zu Kuchen und verschiedenen Speisen gebraucht. Es giebt eine Art Gerste, deren Aehren und Hülsen purpurfarbig sind, welches in den Feldern einen sehr schönen Anblik giebt.
Weitzen.
3) Koo Muggi, das ist klein Getreide, nemlich Weitzen, welcher meines Wissens nicht anders als zu Mehlkuchen verbraucht wird, und sehr wohlfeil ist.
Daidsbohnen.

Daidsu, das ist, Daidsbohnen; sie sind wie türkische Erbsen, wachsen aber wie Lüpinen. Diese Bohnen sind nach dem Reise bei den Einwohnern in der höchsten Achtung; weil mal aus ihrem Mehl die Midsu, das ist, einen gewissen mehligten Pap macht, welcher in Zubereitung der Speisen den Plaz der Butter vertreten mus; und auch den Soeju, welches ein Appetit machendes Embamma oder Uebergus ist, der bei allen Mahlzeiten aufgesezt und außer Landes bis in Holland ausgeführet wird. Die Bereitung derselben findet man in meinen Amoenitat. Exot. p. 839.
Sobohnen.
5) Adsuki oder Sodsu, das ist Sobohnen, wachsen gleichfals wie Lupinen, sind aber schwarz und wie Linsen oder indianischer Sajan; das Mehl mit Zucker vermischt wird in Mansje gethan, und auch zu andern Kuchen verbraucht. Man pflegt sonst auch unter dem Namen Gokokf überhaupt folgende Feldfrüchte zu begreifen: Awa oder indianischen Fench; (Panicum indicum Tabernaemont.) Kibi, Hirsen oder Milium vulgare nostras; Tye, oder Panicum vulgare juba monore, semine nigricante; Maggi, das ist, allerlei Getreide, und Mami, das ist, allerlei Bohnen und Erbsen, oder Hülsenfrüchte.
Rettige u. s. f.

Es giebt durchs ganze Land Rettige von unglaublicher Größe, die wegen des Ueberflusses unter allen Feldfrüchten zum Unterhalt des Lebens das meiste beitragen müssen. Sie riechen und schmecken aber so stark nach dem menschlichen Mist, womit sie gedünget werden, daß wegen des Gestanks keiner in Europa davon essen würde. Man genießet sie roh, kochet sie frisch, und conservirt sie getroknet und eingesalzen. Rüben, Mören, Kürbisse, Melonen, Angurien, Cucumern, Mala insana, Fenchel, Daucus, und eine einheimische Lactuca nostras, sind hier gemeine Feldgewächse, die bey uns in Gärten gezeuget werden. Pastica hortensis wird hier nicht gefunden, die Sylvestris aber allenthalben. Petersilien, Kumpis,5 Cichorien, lactuca nostras, sind jederzeit hier von den Ausländern gebauet worden, und wachsen vortreflich.
Wildwachsende Pflanzen.

Es geben auch die wüsten Wälder, Berge, Klippen, Moräste und Seegeründe viele so wohl bekante als unbekante Kräuter, deren junge Sprossen, Blätter, Früchte, Wurzeln, nicht nur dem Pöbel zur täglichen Speise dienen, sondern auch auf vornehmer Leute Gastmahlen und Schmausereien zu delikaten Gerichten zubereitet werden. Von den Schwämmen werden die mehresten Arten genuzt; wodurch öfters Menschen um ihr Leben kommen. Eben dieses trägt sich auch durch andre giftige Kräuter zu, wenn sie von Unkundigen zur Speise eingesamlet werden. Dem Dracunculo (Konjakf) weis man durch Lauge seine Schärfe zu benehmen, und einen süßen Pap oder Mehl daraus zu machen. Eben dieses geschieht auch aus den Wurzeln der Warabi oder Filix, Ren oder Taraté (Faba Aegyptiaca) und Kasne. Nachdem diese zerstoßen, mit Wasser macerirt und abgeseigt und, lassen sie ein feines Mehl zu Boden sinken, das zu vielen Gerichten gebraucht wird; und auch schon in Wasser zerlassen, so gleich eine Mahlzeit giebt.
Seepflanzen.

Kein Seekraut ist unter dem Meer zu finden, das von dieser Nation nicht zur Speise genommen wird. Es giebt derselben vielerley Arten, welche von den Fischweibern, die durch das ganze Reich hiezu abgerichtet sind, aus der Tiefe von 20 bis 40 Faden herausgehohlet, hiernächst gewaschen, gesäubert, und in gewisse Sorten zerlegt werden; von welchen jede nach ihrer Art zur Speise aufbehalten wird.

1 In der engl. Uebersetzung: "Es giebt einen milchichten Saft, womit die Japaner aller ihr Hausgeräth, Tische, und hölzerne Schüsseln überfirnissen; und dies vom Kaiser herunter bis zum ärmsten Bauer."
2 Dieser Name ist aus der englis. Uebersetzung genommen, weil er in beiden Mscpt. fehlt.
3 In der englis. Uebersetzung fehlt dies lezte; und stat des folgenden steht diese Stelle: "Allein man achtet wenig auf die Verordnungen dieser Art, besonders in den Provinzen, die von Hofe entfernt sind, wofern nicht eine sehr strenge Strafe auf die Uebertretung gesezt ist."
4 In der englis. Uebersetzung: "den Mangel des Hanfes und der Baumwolle."
5 In der englischen Uebersetzung: "Cummin."

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