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Dohm, Christian Wilhelm (ed.) Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Meyer, Lemgo 1777-79.

Internet-Edition by Wolfgang Michel, © Fukuoka, Japan March1998

    

Buch 1, Kapitel 10

Zehntes Kapitel.
Von den vierfüßigen Thieren, Vögeln, kriechenden und fliegenden Insekten des Landes.

Erdichtete Thiere.

Zuerst wollen wir unter den einheimischen Thieren einiger erdichteten Thiere erwähnen; welche die Japaner von den Sinesern angenommen, und blos in der Einbildung und in den Schriften, aber nicht in der Natur gefunden werden.
Kirin.

Kirin ist, wie man erzählt, ein vierfüßiges, an der Brust mit weichen hinterwärts gebognen Hörnern, geflügeltes schnelles Thier: einem Pferde an Leibe, einem Hirsche an Füßen und Klauen, und am Haupte beinahe einem Drachen nicht gar ungleich. Es ist von solcher Heiligkeit, daß es im Gehen sich bemühet, kein einziges Würmchen oder Kräutgen zu kränken, und wird durch besondere Kraft des bestirnten Himmels erzeugt, zur Zeit wenn unter den Menschen ein Sesin gebohren wird. Sesin aber ist eine Person, welche vor allen andern von der Natur mit einem durchdringenden Verstande begabt worden, wodurch er die Wahrheiten der Natur und götlicher Dinge erforscht, und unbekante Sachen ausfindet. Für solche werden gehalten die sinesischen Kaiser Gjo und Sjum, als vortrefliche Regenten und Erfinder der Kräuter; Koosj und Moosj als sinesische Philosophen; Sjaka in Indien als ein Offenbarer götlicher Sachen; Darma in Sina und Sotoktais in Japan, als berühmte Lichter im Leben und Lehren. (Tab. IX. Fig. I. der sinesische Kirin: Fig. II. der japanische Kirin.)
Suugu.

Diesen fügen sie noch bei zwei andere Ungeheur: deren eins, Suugu genant, einem Leoparden in allem gleichet, es trägt aber über der Brust zwei Geweihe, welche hinterwärts zu beiden Seiten wie Flügel abstehen.
Kaitsu.

Das andere, Kaitsju oder Kaisai genant, ist einem Fuchs ähnlich, aber über der Brust mit abstehenden Geweihen, auf dem Haupte mit einem Horn, und längst dem Rücken mit einer Reihe breiter Stacheln, wie ein Crocodil, versehen.
Tats dria.

Tats dria oder Dsja, ein gemeiner Drache, von welchem in ihren Götter= und Heldengeschichten viele Märchens vorkommen. Man glaubt, daß diese Drachen im Grunde des Meers, als in ihrer eignen Welt, sich aufhalten. Man bildet sie ab wie große Schlangen, und vierfüßig, und schuppigt wie einen Crocodil; der Rükgrad ist der Länge nach mit Stacheln besezt, das Haupt monströs und schreklich, und der Schwanz endigt sich, beim japanischen Drachen, in ein kurzes zweischneidiges Schwerdt. Die japanischen Kaiser gebrauchen bisweilen auf ihrem Leibgeräth, als Säbeln, Messern und andern Sachen zu ihrem Kenzeichen die Figur dieses Drachens; dessen rechter Fus ein rundes Kleinod oder Perle fasset. Jeder Fus hat aber nur drei Klauen, zum Unterscheid des sinesischen Hofdrachens, welcher mit fünf Klauen versehen ist.
Tats maki.

Tats maki, ein Drache mit einem nachschleppenden Wasserschwanze; von dem sie glauben, daß er aus dem Meere in die Luft auffahre, und die Wasserdrehungen, bei uns eine Wasserhose genant, verursache. Man sieht diese Erscheinungen oft auf dieser wüsten See, und sie ziehen sich aus derselben bisweilen einen Strich über das Land weg.
Foo.

Foo, ein vortreflich schöner und sehr großer Paradisvogel, dem Phönix nicht ungleich; er läst sich aus der Luft auf die Erde nieder, wenn ein hocherleuchteter Kaiser, oder ein anderer Sesin geboren wird. Dies wird bei diesen Völkern als eine reine Wahrheit geschrieben und geglaubt. (Tab. IX. Fig. 7. der sinesische, und Fig. 8. der japanische Foo.) Jezt wollen wir von den erdichteten
Thieren zu den wirklichen übergehen.
Vierfüßige, wilde und zahme Thiere.

Mit vierfüßigen, wilden und zahmen Thieren sind dieser Länder sparsam versehen. Jene finden wenig unbewohnte Oerter, wo sie sich verbergen und vermehren könten. Diese werden mehrentheils nur zur Arbeit aufgezogen, und das Fleisch von den Einländern wegen ihres pythagorischen, wiewol kaltsinnigen Glaubens, wenig genossen. Ueberdem wissen auch diese Krautesser, in den engen Grenzen ihres volkreichen unfruchtbaren Landes, den Boden vortheilhafter als zur Viehzucht anzuwenden.
Pferde.

Man findet hier Pferde, die zwar klein sind, aber doch an Geschiklichkeit oft den persischen nicht viel nachgeben. Man hält sie zum Staat, zum Reiten, Tragen und Pflügen. Die besten kommen aus den Provinzen Osju und Satzuma; und eine gedrungene sehr kleine Art aus der Landschaft Kai.
Ochsen.

Ochsen und Kühe werden blos zum Pflügen und Karrenziehen gebraucht. Milch und Butter von ihnen zu ziehen, ist hier eine unbekante Sache. Es giebt noch eine ungeheuer lange grobe Art Büffelochsen, mit hohen Buckeln auf den Schultern, und von allen Farben: man bedient sich ihrer blos in großen Städten zum Karrenziehen.
Esel, Maulesel u. s. f.

Esel, Maulesel, Camele, und Elephanten kent man nicht; Schafe und Ziegen sind vor Zeiten von den Europäern nach Firando gebracht, woselbst man auch noch ihr Geschlecht unterhält. Sie würden im ganzen Reiche gute Bergweide finden, und mit Nutzen können angezogen werden, wenn man die Wolle gebrauchte, oder das Fleisch genießen dürfte. Schweine findet man wenig; sie sind zuerst aus Sina eingeführt, und werden nur sparsam von den Bauern in Fisen angezogen: von ihnen selbst aus Devotion wenig gegessen, und nur an die jährlich ankommenden Sineser verkauft, welche sich ihrer täglich bedienen, ob sie gleich mit jenen einerlei Glauben haben.
Hunde.

Hunde findet man bei des jetzigen Kaisers Regierung in diesem Lande mehr als in jedem andern. Sie liegen, zur großen Verhinderung der Vorbeigehenden, auf den Straßen umher, ohne einen Herrn zu haben.1 Es müssen derselben eine gewisse Anzahl von den Bürgern jeder Gasse unterhalten und gespeiset, wenn sie krank sind, in einer auf jeder Gasse errichteten Hütte verpfleget, wenn sie gestorben, auf die Berge getragen, und gleich Menschen beerdiget werden. Sie dürfen bei Lebensstrafe von keinem Menschen mishandelt oder getödtet werden, als blos von dem Büttel; wenn sie nemlich selbst etwas verbrochen, und den Tod verdienet haben. Es ist dieses so angeordnet wegen eines Aberglaubens und Befehls des jetzigen Kaisers, welcher, wie der römische Kaiser Augustus vor dem Zeichen des Steinboks, vor dem Geschlecht der Hunde eine besondere Hochachtung hat, weil er im Jahr des Hundezeichens geboren worden. Ein Bürger, der einen todten Hund zum Grabe den Berg hinauf trug, schmälte einst aus Ungedult über des Kaisers Geburt. Sein Nachbar hies ihn schweigen, und dem Himmel danken, daß der Kaiser nicht im Pferdejahr geboren wäre; dann würden sie noch mehr zu schleppen gehabt haben. -
Wind= und Wasserhunde findet man hier nicht; man versieht die Jagden, wozu es schlechte Gelegenheit giebt, mit gemeinen Hunden.
Katzen.

Unter den Katzen giebt es eine Art, welche nur zur Zierde gehalten wird. Sie haben große schwarze und gelbe Flecken auf weißem Grunde, und einen kurzen krummen Schwanz, als wenn er mit Fleis gebrochen wäre.2 Sie wollen gar nicht mausen, lassen sich aber gern von dem Frauenzimmer tragen und streicheln.
Wilde Thiere, Hirsche, Hasen u. s. f.

An vierfüßigen wilden Thieren liefert das Land Hirsche, Hasen, und wilde Schweine; welche drei Geschlechter zu gewissen Zeiten vielen Secten zu essen erlaubt sind.3
Affen sind hier wenig; sie sind gelehrig, haben lichtbraune Haare, kurze Schwänze, und nakte rothe Gesichter und Hintersten. Ein Landstreicher lies bei meinem Daseyn einen Affen, von dem er vorgab, er sei 106 Jahr alt, für Geld vielerlei Künste machen. Bären giebt es in den nordlichen Provinzen, aber wenig und von kleiner Art. Tanuki ist ein schwarzbraunes Thier, hat ein Maul wie ein Fuchs, und scheint wol eine kleine Art von Wölfen zu seyn. Die wilden Hunde haben große weitgespaltene Schnauzen. Itatz ist ein röthliches Thier, wie ein Muncus, oder kleiner Iltis. Eine andere größere Art wird Tin genant. Sie halten sich in Häusern und unter Dächern auf, beinahe wie zahm. Sie sollen nicht allein Hühner, sondern auch Fische fangen.
Ratten und Mäuse.

Ratten und Mäuse giebts überflüssig. Diese wissen sie zahm zu machen, und zu allerlei Künsten abzurichten, welches ein Vergnügen und Zeitvertreib einiger armen leute ist, besonders in Osacca, welche Stadt ein algemeiner Schauplaz des ganzen Reichs ist, wo man allerlei Seltenheiten und Spiele für Geld zu sehen findet.
Füchse.

Füchse giebts gleichfals im Ueberflus. Die Japaner glauben, daß sie mehrentheils mit Teifeln beselt sind, und führen dieselben und ihre Handlungen in geistlichen Historien vielfältig an. Die Jäger wissen aber dennoch recht wohl diesen Teufeln das Fel über die Ohren zu ziehen; weil man die weiche Wolle zu Schreib= und Mahlpinseln nicht entbehren kan. Man machet unter dem Teifel Kis oder Fuchs und Oni einen Unterscheid, wie in Schweden unter Faan und Dieblen.
Von Tigern, Panthern, Löwen und andern reißenden Thieren ist das Land befreiet.
Weiße Ameisen.

Unter dem schädlichen Ungeziefer sind die vornehmsten, die durch ganz Indien sogenanten weißen Ameisen. Dies sind schneeweiße zarte Würmchen; sie leben in Hausen wie Ameisen, und gleichen ihnen auch an Größe und einigermaßen an Gestalt; Brust und Kopf ist bräunlich und hart. Von den Jahanern werden sie do Toos, das ist Durchbohrer genant, weil sie alles, was ihnen vorkomt, außer Erz und Stein, in wenigen Stunden durchfressen, und die kostbaresten Waren in den Pakhäusern der Kaufleute verderben. Sie können blos durch Unterstreuung des gemeinen Salzes abgehalten werden. Ihre Todfeinde sind die schwärzlichen oder würklichen Ameisen; wo diese hinkommen, müssen jene weichen. Die freye Luft können sie weniger als die Maulwürfe vertragen, und schützen sich gegen dieselbe in zarten dünnen Laufgräben, welche sie auf ihren Wegen immer voraus setzen, und auf dem Boden ankleben; es ist dies eine Substanz wie die Schoten der Erdwespen. Ich habe von ihren schnellen und schädlichen Zügen viele Exempel gehört. Mir ist selbst in der Festung Coijlang auf Malabar in dem Hause des Commendanten begegnet, daß, da ich um Mitternacht von meinem Schreibtisch aufstand, micht schlafen zu legen, und mit dem Morgen mich wieder hinsezte, so fand ich einen verschlossenen Laufgraben von der Dicke eines Fingers. Dieser war aus dem Estrich von unten durch die Länge des Fußes aufgebohret, reichte quer über die unverlezte Tafelfläche, und weiter war noch die halbe Länge des gegen über stehenden Fußes hinuntergebohret, woselbst das übrige bis auf den Boden mit einer runden Rinne ferner ablief. Viele glauben, daß ihre Exkremente die Ursache einer so schnellen Durchbohrung sind: ich finde dieses nicht, wohl aber an ihrem Maule vier hervrstehende Zangen, womit sie dieses ausrichten können.
Tausendbeine.

Millepedes, gemeiniglich auf japanisch Mukadde und nach ihrem Character Goko genant, sind nicht Aselli oder Kellerschaben, sondern die in Indien sogenante Tausendbeine, beinahe einen Finger lang, schmahl, bräunlich und an beiden Seiten befüßt. Sie sind in Indien sehr giftig, und schmerzt ihr Bis mehr als der Stich eines Scorpions. Hier giebt es wenige, und sie thun selten Schaden. Der Bis wird mit Speichel bestrichen und so geheilet. Die Eidexen, welche sich hier aufhalten, sind nur von gemeiner Art.
Schlangen.

Es giebt hier wenige Arten von Schlangen. Eine berühmte Art unter denselben Firakutz und Fibakarri genant, hat eine grüne Farbe, einen platten Kopf und scharfe Zähne. Diese Schlange hat ihren Namen von der Tageslänge; weill nemlich derjenige, welcher von ihr gebissen wird, mit der Sonnen Untergang sterben mus. Die Soldaten sind begierig nach ihrem Fleische, weil ihm die Kraft zugeschreiben wird, daß der Genus streng und beherzt mache. In verschlossenen Töpfen4 calcinirt, giebt sie ein berühmtes Pulver, Gawatsò genant, welches innerlich gegen verschiedene Krankheiten gegeben wird. Man sagt, wenn dieses Pulver unter den Tropfenfal eines Hauses zerstreuet wird, so sol es in weniger Zeit andere Schlangen hervorbringen. Diese Art ist mir außerdem nirgend als auf der Küste Coromandel bei den Brachmanen vorgekommen.
Jamakogath.

Eine ungemein große Schlange Jamakogath oder gebräuchlicher Uwabami, auch Dsja, das ist, Drache genant, hält sich in Bergen und Wässern auf. Man trift sie selten an; wenn man sie aber fängt, so lässet man sie für Geld sehen.
Hühner.

An geflügelten zahmen Thieren unterhält man Hühner und auch bisweilen Enten. Sie werden aber aus Aberglauben selten gegessen, und dürfen nur von gewissen geringen Personen geschlachtet werden. An Sterb= und Gedächtnistagen eines Blutsverwandten mus einer einen Vogel oder anderes Thier zur Küche schlachten. In den kaiserlichen Sterb= und Gedächtnisjahren, wie auch zu gewissen andern Zeiten, wenn es seine Majestät verbieten läst, dürfen auch weder Hühner noch irgend andere lebendige Thiere getödtet, ja nicht einmahl auf Märkten zum Verkaauf ausgestelt werden. Der Hahn erhält öfter und leichter Pardon als das Huhn, und steht bei den Religieusen in großer Achtung, weil er die Zeiten abzutheilen und die Abwechselung des Wetters zu verkündigen weis.
Das wilde von Natur schüchterne Geflügel, ist in den Schranken dieses so volkreichen Landes so zahm geworden, daß man viele Geschlechter für häusliche Thiere halten solte.
Kranig.

Der Tsuri oder Kranig ist der vornehmste, und ein kaiserlich privilegirter Vogel und darf nicht anders als auf Befehl für seine Majestät allein geschossen werden: es geschieht aber dennoch in Saikokf und andern vom Hofe entfernten Ländern. Dieser Vogel so wohl als die Schildkröte werden wegen ihres fabelhaften Alters und merkwürdiger Geschichten, die man von ihnen erzählt, für die glüklichsten und glükbedeutensten Thiere gehalten, mit denen Figuren eben so wie mit Tannen und Bambus die kaiserlichen Gemächer, und andere glüklich gehaltene Oerter bemahlt sind. Von Bauren und Fuhrleuten habe ich diesen Vogel nicht anders nennen hören, als O Tsuri Sama, das ist, großer Herr Kranig. Man findet zweierlei Arten; die eine ist schneeweis, und die andere grau oder aschfarbig.
Reiher.

Von Sagi oder Reihern giebts verschiedene Arten, welche an Farbe und Größe sehr unterschieden sind. Unter ihnen sind folgende drei Arten die bekantesten: Sjiro Sagi, der weiße Reiher, Goi Sagi, der graue, welche beide gemein sind, und Awoi Sagi, der blaulichtgraue Reiher. Dieser leztere hat beinahe die Größe eines Kranichs.
Wilde Gänse.

Von wilden Gänsen giebt es zwey Arten, von welchen jede Art sich in Haufen vereinigt. Die erstere ist schneeweis, mit pechschwarzen Schlagfedern; die andere Art ist ganz grau oder aschfarbig. Sie sind in diesen Ländern, und besonders die grauen in großer Menge, und auch so zahm, daß sie nicht leicht vor einem Menschen auffliegen und völlig zahm scheinen. Sie thun den Aeckern großen Schaden, dürfen aber doch bei Lebensstrafe von keinem beleidigt werden, als von denen, welche die Freiheit selbige zu schießen an gewissen Orten gepachtet haben. Die Bauren beziehen ihre Felder mit Linien oder Netzen, um sie vor dem Einfal der Gänse zu schützen. Es mag aber doch wenig helfen; denn ich habe mit meinen Augen gesehen, daß sie, nachdem sie sich niedergelassen, zur Seite hineinbrachen.5
Enten.

Enten findet man von verschiedener Art, und eben so zahm, wie die Gänse. Unter denselben ist eine Art, wovon das Mänchen Kin mod sui eine so seltne Schönheit hat, daß ich den gemalten nicht glauben können, bis sie mir häufig in der Natur vorgekommen sind. Sie prangen mit vielfarbigen, aber am Hals und Bauch mit rothen Federn; das Haupt ist mit einem dicken Federbusch gekrönet, der Schwanz steht in die quer auf, und die Flügel über den Rücken empor.
Fasanen.

Fasanen sind auch von ungemeiner Schönheit. Ein großes Geschlecht hat bunte, goldfarbige, und über den ganzen Leib glänzende Federn; auch wie ein Pfau einen in goldblau wiederscheinenden Schwanz, von der Länge eines halben Mannes.
Feldhühner.

Feldhühner sind die gemeinsten Vögel, welche nebst fasanen, Enten und Gänsen genüzt werden.
Feldtauben.
Man findet wilde Feldtauben, welche schwarzblaue Federn, aber keine Schönheit haben. Man will sie aus Vorsicht in keinen Wohnhäusern dulden, weil man gefunden, daß durch Brüchung6 ihres Mistes zuweilen Feuersbrünste entstanden sind. Störche bleiben das ganze Jahr im Lande. Die besten Falken werden in den nördlichen Provinzen gefangen, und mehr zum Staat als zur Jagd gehalten. Habichte findet man hier häufig, und sind wie durch ganz Indien stolze Gäste.7 Raben sind ebenfals häufig; sie haben eine mittelmäßige Größe, und sind zuerst als Geschenke aus Sina hieher gebracht worden.
Elster.

So ist auch die Elster8 zuerst als ein seltner Vogel dem Kaiser aus Corey zugesandt; sie heist deswegen Corei garas, das ist coreyischer Rabe; sie hat aber ihr Geschlecht in diedem Lande wenig fortgepflanzet.
Foken.

Europäische blaue Krähen, Papageyen und andre indische Vögel werden hier nicht gefunden. Foken gemeiniglich Foto ggenant, ist ein sehr seltner Nachtvogel, der auf hohen Gastmalen als eine köstliche Delikatesse aufgesezt wird; und dessen kalcinirte Asche, in sauern Saki gethan, dieselbe wieder trinkbar macht.
Misago.

Misago oder Bisago ist ein Seeraubvogel, wie ein Habicht oder Sperber, der an einer Klippe sich eine Höhle zu seinem Keller unterhält,9 wo er seinen übrigen Fischraub hineinlegt. Es ist zu bewundern, daß dieser, wie ein in Essig oder Salz eingelegter Fisch, oder Atsjaar, nicht verdirbt; daher er Bitsago Susj, das ist, Bisago atsjaar genant wird: er ist theuer und sehr salzig. Wer einen solchen Keller weiß, steht sich wohl; er mus aber auf einmal nicht zu viel heraus nehmen.
Möven, Seeraben u. s. f.

Möven, Seeraben, und vielerlei kleine Vögel als Holz= und Wasserschnepfen, Schwalben, Sperlinge und viele andere gemeine Vögel, sind hier wie in Europa vorhanden.
Lerche, Nachtigal.

Die Lerche singt viel treflicher als in Europa; die Nachtigal schelchter: und wenn man zuweilen eine hat, die ungemein singt, wird sie von vornehmen Liebhabern bisweilen weit mehr als mit 20 Cobang bezahlt.
Insekten.

Von fliegenden Insekten hat das Land Bienen, und daher auch Honig und Wachs, wiewohl wenig, Hummeln, Wespen, Fliegen, Mücken, Feuerfliegen, Neyere, Kricken, Käfer, Heuschrecken u. d. m. Diese hat es mit unserm Vaterlande gemein; allein nocht außer diesen finden sich einige besondere und merkwürdige Arten. So ist unter den Mayvögeln eine ungemein große Art, Jamma Tsjo, das ist Bergpapilien genant. Einige derselben sind ganz schwarz; andere mit rother, schwarzer und andern Farben auf ihren gezakten Flügeln außerordentlich schön gezieret. Komuri ist eine ziemlich große, bunte, rauhe und harigte, schöne Nachtfliege: sie hat mit der Fledermaus einerlei Namen. Von Käfern giebt es verschiedene seltene Geschlechter: unter denselben ist ein schwarzglänzender, größer wie der Mistkäfer, mit zwei krummen etwas hakigten Hörnern; deren gröstes, wie beim Rhinoceros, vorn über die Nase empor steht; das kleinere ist auf der Schulter, und mehr vorwärts gebogen. Diese Käfer sind schlecht zu Fus, halten sich die mehrste Zeit in der Erde auf, und sind selten und nicht einmal benant.
Sebi.

Ein gewisses Geschlecht braune Käfer, Sebi auch Semi genant, ergötzen einen Liebhaber der Natur mit verschiedenen Merkwürdigkeiten. Man findet sie von dreierlei Art und Größe. Die vornehmsten heißen Kuma sebi, und gleichen an Größe und äußerlicher Gestalt unsern bei Sommerabend fliegenden Käfern, sie haben aber keine Werkzeuge zum Fliegen. Sie kriechen im Frühsommer in der Nacht aus der Erde als ihrem Winterlager hervor, und schließen sich mit ihren scharfen rauhen Beinen an das Holz, Blat, Strauch, oder was sie sonst gefast haben, feste an. Hiernächst reist die Schale der Länge des Rückens nach auf, und es kriecht ein anderes Thier heraus, von Gestalt wie eine Biene, und größer als sein beschließender Harnisch, das nach einem Stilsitzen von wenigen Stunden schnel davon fliehet. Dieses Insekt, desgleichen beim Geßner unter dem Namen Cicada vorgestelt wird, machet durch die Querspalte seiner Brust, die es sonstt gleichsam mit einem Schilde verschlossen hält,10 und zugleich durch Bewegung seiner vier Flügel ein scharfes unbegreiflich helles Getöse, welches in einer weiten Entfernung in die Ohren gelt, und das man eine Viertelmeile weit hören kan. Die Berge und Büsche sind mit ihrem Geräusch erfült; und sie verlieren sich erst nach und nach in den Hundstagen. Man sagt, daß sie alsdenn wieder in die Erde kriechen, und durch eine neue Verwandlung wieder zu Käfern werden solten; es ist aber dieses ungewis. Ihren gemeinen Namen haben sie bekommen von ihrem Gelaut Semi oder Sebi, welches sie vielmals nach einander, erst langsam, und nachher immer geschwinder von sich geben, bis sie ihr Liedchen mit einem Getös, gleich einer ablaufenden Spille der Knopfmacher, beschließen. Ihr Gesang fängt nach Sonnenaufgang an, und dauert nicht länger als bis zum Mittag. Die leren Hülsen (Exuvien) senn no muki gara genant, werden zum Arzneigebrauch eingesamlet, und sind hier und durch Sina in den Apotheken zu kaufen. Eine andere Art dieses Geschlechts, welche viel kleiner ist, und daher ko sebi heist, komt einige Monate später zum Vorschein, und zur Zeit, wenn jene abnehmen. Sie schreien blos vom Mittag bis zum Abend, bis spät in den Herbst, mit beinahe gleichem doch viel leiserm Laute, nach welchem er auch von dem gemeinen Mann Tsuku Tsuku boo genant wird. Eine dritte Art ist diesen an Größe und Eigenschaften gleich, ausgenommen, daß sie den ganzen Tag durch singt. Die Weibchen dieser drei Arten sind stumm, und haben eine verschlosne Brust; übrigens aber eine gleiche Gestalt und Größe, wie ihre Mänchen.
Spanische Fliegen.

Die Canthariden sind an Farbe den spanischen gleich; allein runder und so groß wie ein junger Käfer. Ihr Gebrauch ist hier unbekant. Außerdem giebt es ein anderes Geschlecht, Fan mio ganant, welches überaus kaustisch ist, und daher für giftig gehalten wird. Diese befinden sich auf den Reisähren; sie sind lang, schmal, und kleiner wie die spanischen Fliegen; von Farbe blau und goldfärbig, mit carmoisinrothen Flecken und Strichen, und deswegen von ganz vorzüglicher Schönheit.
Das schönste Insekt.

Das schönste von allen fliegenden Insekten, welches auch hier selten gefunden, und von dem Frauenzimmer unter ihren Seltenheiten aufbewahrt wird, ist eine schmale, halbfingerlange11 runde Nachtfliege; mit zwei Schlupflügeln, und unter denselben mit andern durchscheinenden versehen, mit blauen und goldnen Strichen der Länge nach gezieret, glänzend wie ein Spiegel, und von so ausnehmender Schönheit, daß man in einem parabolischen Märchen von demselben erzählt, daß sich alle des Nachts fliegende Insekten in dasselbe verliebten. Es halte aber dieselben dadurch ab, daß es ihnen befiehlt, erst Feuer zu hohlen, und ihnen verspricht sie nachher zu lieben. Diese Liebhaber fliegen alsdenn in blinder Eile in die Kerze, und beschädigen sich so sehr, daß sie das wiederkommen vergessen. Das Weibchen ist nicht so schön und glänzend, sondern beinahe aschfarbig und geflekt.

1 In der englis. Uebersetzung: Sie haben in der That Herrn u. s. f.
2 In der engl. Uebersetzung: Sie haben einen sehr kurzen Schwanz, als wenn derselbe vorsezlich abgehauen wäre.
3 In der englis. Uebersetzung ist noch folgende Stelle, die in beiden Mscpt. fehlt: "Die Insel Mijosima oder Akino Mijosima, (so genant von der Nachbarschaft der Insel Aki) ist wegen einer besondern Zucht von Hirschen berühmt; von welchen man sagt, daß sie sie sehr zahm seyn sollen. Es ist gegen die Landesgesetze dieselben zu jagen, oder zu tödten. Das Landvolk ist aufmerksam, ihre todten Körper von ihren Häusern und Feldern zu entfernen. Denn Kraft eines andern Gesetzes, hat der Gouverneur der Insel die Gewalt, denjenigen, vor dessen Thür, oder auf dessen Boden der Leichnam gefunden ist, auf einige Tage zur Arbeit bei die Tempel oder bei öffentliche Anstalten zu verdammen."
4 In der engl. Uebers. "Diese Schlange in irdenen, hermetisch versiegelten Töpfen, calcinirt u. s. f."
5 In der englischen Uebersetzung: "denn sie fliegen über die Netze."
6 Dies ist Kämpfers eigner Ausdruk; Scheuchzer hat es übersezt, that their dung upon removal is very apt to take fire.
7 Kämpfers Asudruk, den ich nicht habe wegmodernisiren mögen.
8 Im Original findet sich das niedersächsische Wort Erter. Der englische Uebersetzer sagt blos: "ein anderer seltener Voge. u.s.f."
9 In der englis. Uebersetzung: "Er macht sich eine Höhle in einem Felsen auf der Küste."
10 In der Beschreibung dieses Insekts, dessen Gesangs u. s. f. weicht die entlis. Uebersetzung sehr ab; und wie es aus dem Zusammenhang offenbar zu erhellen scheint, sehr unrichtig.
11 In der englis. Uebersetzung: "Eine Fingerlange."

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